Lohnfortzahlung auch bei Alkoholsucht

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Urteil: Alkoholabhängige Arbeitnehmer haben Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn sie suchtbedingt arbeitsunfähig werden

25.03.2015

Ist der Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung verpflichtet, wenn ein alkoholabhängiger Mitarbeiter nach zwei stationären Entzügen rückfällig und arbeitsunfähig wird? Das Bundesarbeitsgericht urteilte mit einem eindeutigen „Ja“ (Aktenzeichen: 10 AZR 99/14). Demnach ist die Arbeitsunfähigkeit in Folge der Alkoholsucht nicht als Selbstverschulden zu werten.

Kein Selbstverschulden bei Arbeitsunfähigkeit wegen Alkoholabhängigkeit
Im verhandelten Fall war der Mann bereits seit Jahren alkoholabhängig. Auch zwei stationäre Entzüge befreiten ihn nicht langfristig von seiner Sucht. Bei einem Rückfall wurde er mit 4,9 Promille Alkohol im Blut in ein Krankenhaus gebracht. Die chronische Alkoholkrankheit ging mit den typischen Folgeerkrankungen wie Leberzirrhose und Gallenkomplikationen einher. Zudem entwickelte sich eine Lungenentzündung sowie weitere Komplikationen, während er auf der Intensivstation lag. Insgesamt zehn Monate dauerte es bis er wieder arbeitsfähig war. Sein Arbeitgeber kündigte ihm zwischenzeitlich.

Das Bundesarbeitsgericht musste nun in der Frage entscheiden, ob ein Alkoholkranker für sein Verhalten verantwortlich gemacht werden kann und deshalb seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung verliert. Geklagt hatte die Krankenkasse des Mannes, da sie ihm insgesamt 1.300 Euro Krankengeld zahlte, weil der Arbeitgeber des Mannes sich weigerte, seinen Lohn nach dem Rückfall für die gesetzlich vorgeschrieben sechs Wochen weiter zu zahlen. Das Bundesarbeitsgericht sah im Rückfall des Alkoholkranken kein Selbstverschulden, was zuvor durch ein medizinisches Sachverständigengutachten belegt wurde. Der Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht demnach auch bei Alkoholabhängigkeit.

„Wird ein Arbeitnehmer infolge seiner Alkoholabhängigkeit arbeitsunfähig krank, kann nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht von einem Verschulden im Sinne des Entgeltfortzahlungsrechts ausgegangen werden. Die Entstehung der Alkoholsucht ist vielmehr multikausal, wobei sich die unterschiedlichen Ursachen wechselseitig bedingen. Dies gilt im Grundsatz auch bei einem Rückfall nach einer durchgeführten Therapie“, heiß es in einer Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts zu dem Fall. (ag)

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