Lebensmittelpreise stark gestiegen – Hartz IV Regelleistung reicht nicht aus

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Zum Ankurbeln der Binnennachfrage will die Bundesregierung die Mehrwertsteuer senken. Doch die Preise fรผr Lebensmittel sind zum Teil stark gestiegen. Das bedeutet, selbst die Senkung der Mehrwertsteuer wird die Preissteigerungen nicht ausgleichen.

Zuschlag vom Tisch

Wie wir erfahren konnten, sah das aktuelle Konjunkturpaket einen Einmalzuschlag von 100 Euro fรผr Sozialhilfe-, Hartz IV-, und Asylbewerberleistungsbezieher vor. Doch fรผr die Autoprรคmie wurde der wirklich wichtige Zuschlag wieder gestrichen.

Lebensmittelpreise sind vielfach gestiegen

Nach Angaben der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI) sind die Preise fรผr frische Lebensmittel in der Cornoa-Krise allein im April um 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Dennoch lehnen Jobcenter und Gerichte einen zeitlich begrenzten “Hartz IV-Zuschlag” in der Corona-Krise ab.

Gemรผse um bis zu 27 Prozent teurer

Die Preise fรผr Verbraucherlebensmittel stiegen im April 2020 im Vergleich zum Vorjahresniveau um fast 10 Prozent. Das berichtet der Marktxperte von der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI), Thomas Els, in Bonn. Bei Gemรผse ist sogar ein Preisanstieg von satten 27 Prozent zu verzeichnen.

Verantwortlich fรผr den Preisanstieg seien vor allem Kohlgemรผse wie Brokkoli oder Blumenkohl, das zu dieser Jahreszeit in Frankreich und Spanien geerntet werde. Hinter dem Preisanstieg sei ein Mangel an Erntehelfern wegen den Reisebeschrรคnkungen verantwortlich. Dadurch entstรผnde ein Mangel und somit auch ein Preisanstieg.

Trotzdem kein Mehrbedarf

Dennoch sehen die Politik, die Bundesagentur fรผr Arbei und die Gerichte keinen Handlungsbedarf. Zuletzt hatte das Sozialgericht Frankfurt am Main einen Eilantrag auf einen Corona-Zuschuss abgelehnt (AZ: S 16 AS 373/20 ER). Das Gericht vertratt die Auffassung, dass der Erwerb von Lebensmitteln aus dem Regelsatz zu zahlen sei. Die Vorraussetzungen nach dem SGB II fรผr einen Mehrbedarf seien nicht gegeben, so das Gericht. Der Antragsteller hatte argumeniert, dass Hartz IV Beziehende es zunehmend schwerer haben, sich ausreichend und gesund zu ernรคhren.

Sozialverband fordert Aufstockung und Einmalzahlung

Der Paritรคtische Gesamtverband hat eine sofortige Aufstockung der Hartz IV Regelleistungen von 100 EUR gefordert. Zudem sollte es eine Einmalzahlung von 200 Euro geben, damit der zusรคtzliche Bedarf an Arzneimitteln und erhรถhten Energiekosten in Zeiten der Corona-Krise gedeckt wird.

โ€žDie mit der Corona-Krise verbundene SchlieรŸung von Tafeln und anderen Unterstรผtzungssystemen stรผrze arme Menschen in existentielle Krisenโ€œ, so die Begrรผndung. Daher fordere man โ€œfinanzielle Soforthilfen fรผr Bedรผrftigeโ€. Zudem sollen alle Leistungskรผrzungen sofort beendet werden.

Experte sieht Hartz IV Beziehende im Stich gelassen

ร„hnliches forderte auch der Soziologe und Armutsforscher Christoph Butterwegge von der Universitรคt Kรถln. Von den Rettungspaketen komme bei den armen Menschen nichts an. Daher solle der Regelsatz um mindestens 100 EUR erhรถht werden. Fรผr Alleinstehende sehe der Regelsatz fรผr Ernรคhrung und Trinken gerade einmal 150 EUR im Monat vor, so der Experte. Von so wenig Geld kรถnne niemand sich ausreichend und gesund ernรคhren. Erst recht nicht, wenn Tafeln und Sozialkaufhรคuser geschlossen hรคtten, so der Forscher.

Linke fordert Pandemiezuschlag auf Sozialleistungen

Die Co-Vorsitzende der Linken, Katja Kipping, erklรคrte: โ€žViele Tafeln schlieรŸen. In den Supermรคrkten sind nicht selten die billigen Produkte wie Reis und Nudeln ausverkauft, ein Notvorrat ist im Hartz-IV-Regelsatz nicht vorgesehenโ€œ. Daher fordere sie und ihre Partei einen Pandemiezuschlag auf Sozialleistungen. โ€žIn solchen Zeiten zeigt sich der Charakter einer Gesellschaft: Dominieren die Solidaritรคt und die gegenseitige Rรผcksicht, oder dominiert der kaltherzige Egoismus?โ€.