Immer wieder erreichen uns Fragen zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen, sei es von Minijobs, befristeten oder Festanstellungen, zu möglichen Abfindungsansprüchen und Auswirkungen auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Darum haben wir ausführlich mit dem Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Christian Lange, gesprochen, um die wichtigsten Fragen für Sie zu klären.
Inhaltsverzeichnis
Wann greift das Kündigungsschutzgesetz?
Herr Lange, viele unserer Leserinnen und Leser haben Fragen zum Arbeitsrecht, den Folgen einer Kündigung und den Möglichkeiten, gegen eine Kündigung vorzugehen. In Deutschland gibt es einen gesetzlichen Kündigungsschutz. Für welche Arbeitnehmer gilt dieser Kündigungsschutz?
Durch das Kündigungsschutzgesetz sollen sozial nicht gerechtfertigte Kündigungen unterbunden werden. Damit werden also die Belange der Arbeitnehmer aufgewertet und ein grundsätzlicher Schutzmechanismus gegen willkürliche Kündigungen gewährleistet.
Allerdings gilt der Kündigungsschutz nur für Unternehmen, die eine Mindestgröße von 10 bzw. 5 Mitarbeitern erreichen, jedoch nicht für Kleinbetriebe. Außerdem muss der Arbeitnehmer seit mindestens 6 Monaten in dem Betrieb tätig gewesen sein.
Dabei spielt es keine Rolle, ob der Arbeitnehmer einen Vollzeit-, Teilzeit- oder Minijob ausübt.
Diejenigen Arbeitnehmer, für die kein allgemeiner Kündigungsschutz gilt, können sich gegen eine Kündigung nur wehren, wenn ein Verstoßes gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben vorliegt.
Die Voraussetzungen sind jedoch weitaus höher und liegen nur in Ausnahmefällen vor. Kein Kündigungsschutz besteht zudem während einer Probezeit.
Während einer solchen Probezeit gelten außerdem verkürzte Kündigungsfristen. Befristete Arbeitsverhältnisse andererseits finden ihr Ende grundsätzlich mit Ablauf der Befristung, soweit die befristete Anstellung nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zulässig ist. Eine Kündigung vor Ablauf der Befristung ist im Gegenzug an hohe Voraussetzungen geknüpft.
Unter welchen Umständen darf einem Arbeitnehmer, für den der Kündigungsschutz gilt, denn überhaupt gekündigt werden?
Für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gibt es drei Arten von Gründen, von denen eine vorliegen muss. Die Kündigung muss personenbedingt, verhaltensbedingt oder betriebsbedingt sein. Außerdem darf eine Kündigung aufgrund des Kündigungsschutzes immer nur das letzte Mittel sein und muss sozial gerechtfertigt werden können.
Der Arbeitgeber muss sich also vor einer Kündigung mit den Belangen des Arbeitnehmers auseinandersetzen und versuchen, die Kündigung durch andere ihm mögliche und geeignete Maßnahmen zu vermeiden. So muss der Arbeitgeber beispielsweise prüfen, ob der Arbeitnehmer auf einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann oder ob vor der Kündigung eine Abmahnung auszusprechen ist.
Warum sind Kündigung oft fehlerhaft?
Viele Kündigungen durch Arbeitgeber sind fehlerhaft und scheitern bereits an formalen Vorraussetzungen. Welche Fristen und Formalia müssen Arbeitgeber bei einer Kündigung einhalten?
Eine Kündigung des Arbeitgebers muss in Schriftform erfolgen. Anderenfalls ist die Kündigung schon aus diesem Grunde unwirksam. Eine mündliche Kündigung oder Kündigung per Email oder SMS hat keinen Bestand. Zwar muss es für eine Kündigung gute Gründe geben, diese müssen in der Kündigung jedoch nicht genannt werden.
Ausreichend ist, dass der Arbeitgeber seinen Willen äußert, das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt beenden zu wollen.
Wegen der nicht sehr hohen Anforderungen an die Kündigungserklärung, besteht für den Arbeitnehmer die Gefahr die 3-wöchige Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage zu verpassen, falls er eine Kündigung irrtümlich nicht als solche einschätzt. Seien Sie also sehr aufmerksam, wenn Sie Schreiben des Arbeitgebers erhalten.
Die Länge der Kündigungsfrist wiederum hängt davon ab, ob es sich um eine ordentliche oder außerordentliche Kündigungen handelt.
Liegt ein außerordentlicher Kündigungsgrund vor, kann das Arbeitsverhältnis unabhängig von Betriebsgröße und Dauer des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Allerdings muss die außerordentliche Kündigung innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes erklärt werden.
Eine außerordentliche Kündigung kann ausgesprochen werden, wenn dem Arbeitnehmer nicht regulär gekündigt werden kann oder eine schwere Pflichtverletzung vorliegt.
Ist im Arbeits- oder Tarifvertrag keine Kündigungsfrist geregelt, ist bei einer ordentlichen Kündigung eine Mindestkündigungsfrist von vier Wochen vorgesehen, die aber abhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses länger ausfallen kann.
Welche Folgen hat eine Kündigung auf Leistungen wie Bürgergeld?
Wie sollte ein Arbeitnehmer reagieren, wenn er eine Kündigung durch den Arbeitgeber erhält, und welche Folgen hat eine Kündigung auf den Anspruch auf Sozialleistungen?
Wenn der Arbeitnehmer eine Kündigung erhält, ist zunächst die Meldung der Arbeitslosigkeit bei der Bundesagentur für Arbeit oder dem Jobcenter vorzunehmen. Sollte diese Meldung nicht bzw. verspätet erfolgen oder ist die Kündigung auf ein Verschulden des Arbeitnehmers zurückzuführen, drohen Sperren und Sanktionen für den Bezug von Sozialleistungen.
Für den Großteil der Arbeitnehmer bedeutet eine Kündigung erhebliche finanzielle Einschnitte oder gar eine existenzbedrohende Situation. Zwar bestehen bei einer Kündigung Ansprüche auf Arbeitslosengeld oder Bürgergeld. Die Sozialleistungen sind jedoch geringer als der Arbeitslohn.
Zudem können bei Kündigungen Sperrzeiten entstehen, wegen derer über einen Zeitraum von möglicherweise mehreren Monaten gar keine Leistungen ausgezahlt werden.
Dies gilt insbesondere bei fristlosen Kündigungen durch den Arbeitgeber oder eine „freiwillige“ Kündigung durch den Arbeitnehmer. Bereits deshalb sollte eine Kündigungsschutzklage immer in Betracht gezogen werden.
Wann sollte eine Kündigungsschutzklage eingereicht werden
Um die Arbeitslosigkeit zu verhindern, können Gekündigte eine Kündigungsschutzklage einreichen. In welchen Fällen ist das anzuraten?
Eine Kündigung muss die Kündigungsgründe nicht benennen. Das wird bei den meisten Kündigungen auch nicht getan.
Der Arbeitnehmer steht daher in der Regel vor Erhebung einer Kündigungsschutzklage vor dem Problem, dass er die Kündigungsgründe und damit die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage nicht mit Sicherheit prüfen kann.
Auf der anderen Seite muss sich der Arbeitnehmer wegen der laufenden Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen nach Zustellung der Kündigung entscheiden, wie auf die Kündigung reagiert werden soll.
Wird diese Frist versäumt, gilt die Kündigung unabhängig vom materiellen Recht formell als rechtmäßig. Damit hätte der Arbeitnehmer seine Kündigungsschutzrechte unabhängig von den Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage verloren, denn eine Wiedereinsetzung dieser Frist ist nur in wenigen Ausnahmefällen möglich.
Das Kündigungsschutzgesetz sieht zudem vor, dass die Arbeitsgerichte innerhalb weniger Wochen einen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen, in welchem eine erste Verhandlungen über die Kündigungsschutzklage erfolgt.
Vor diesem Termin wird der Arbeitnehmer in der Regel keine weiteren Erkenntnisse über die Kündigungsgründe in Erfahrung gebracht haben, wenn er nicht mit dem Arbeitgeber in außergerichtliche Verhandlungen getreten ist.
Außergerichtliche Einigung bei einer Kündigung
Worum geht es in diesen außergerichtlichen Verhandlungen genau?
Die überwiegende Anzahl an Kündigungsschutzverfahren werden durch Vergleich beendet.
Die Vergleiche können entweder in dem frühen ersten Termin vor dem Arbeitsgericht geschlossen werden, in dem zur Güte verhandelt werden soll, oder aber in einer außergerichtlichen Einigungsverhandlung, die in der Regel nach Erhebung der Kündigungsschutzklage zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber geführt wird.
Solche Verhandlungen, die meistens auf die Zahlung einer Abfindung an den Gekündigten hinauslaufen, sind für Arbeitgeber häufig darum interessant, um langwierige und unter Umständen teure Kündigungsschutzverfahren vor Gericht und dadurch mögliche rweise entstehende rückwirkende Gehaltsforderungen zu vermeiden.
Der Arbeitnehmer wiederum steht ebenfalls vor einer großen finanziellen Ungewissheit, wegen des unklaren Ausgangs des Kündigungsschutzverfahrens, denn oftmals findet er die konkreten Kündigungsgründe erst im Laufe dessen heraus.
Zudem weiß der Arbeitnehmer nicht, ob er sich um eine neue Anstellung bemühen muss und kann, weil am Ende des Verfahrens die Forstsetzung des Arbeitsverhältnisses stehen würde, wenn das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der Kündigung ausspräche.
Anspruch auf Abfindung nach einer Kündigung?
Wenn bei außergerichtlichen Verhandlungen mit dem Arbeitgeber eine gütliche Einigung gefunden wird, beinhaltet diese meistens eine Abfindung als Ausgleich für die Einstellung des Kündigungsschutzverfahrens. Haben Gekündigte einen Anspruch auf eine Abfindung und was gibt es zu beachten, wenn eine solche durch den ehemaligen Arbeitgeber gezahlt wird?
Das Kündigungsschutzgesetz sieht im Falle von betriebsbedingten Kündigungen und in für Fälle, in denen das Gericht die Unzumutbarkeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses feststellt, Abfindungsansprüche vor. Diese Abfindungsansprüche sind in der Praxis jedoch die Ausnahme.
Die überwiegende Zahl an Abfindungen werden im Rahmen von Kündigungschutzverfahren durch Verhandlungen erzielt. Dabei gehen die Arbeitsgerichte als Faustformel von einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr bis zur Kündigung aus.
Ein Anspruch auf eine Abfindung in einer gewissen Höhe ergibt sich hieraus jedoch nicht. Die Höhe einer Abfindung ergibt sich im Rahmen von Verhandlungen vielmehr daraus, wie die Interessen und finanziellen Risiken des Arbeitnehmers und des Arbeitsgebers im konkreten Einzelfall zu bewerten sind.
Beide Seiten müssen sich die Frage stellen, ob sie es auf ein Urteil des Arbeitsgerichts ankommen lassen wollen und ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Ausspruch einer Kündigung überhaupt erwünscht ist und sinnvoll umgesetzt werden kann. Eine allgemeingültige Regel, wie hoch eine Abfindung ist, gibt es daher nicht.
Wohin können sich Arbeitnehmer im Falle einer Kündigung wenden?
Was können Sie für Gekündigte tun?
Zunächst einmal sollten Gekündigte sich an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht wenden. Dieser prüft die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage und die damit verbundene Frage, ob die Kündigung wirksam ist. Außerdem berät dieser, wie Sie Ihren Kündigungsschutz optimieren und sich nach Erhalt einer Kündigung am besten gegenüber dem Arbeitgeber verhalten sollten.
Wenn eine Kündigungsschutzklage angestrebt werden soll, prüft der Anwalt die möglichen Kosten, die ein Kündigungsschutzverfahren mit sich bringen, wie dieses passend zu Ihrer Situation finanziert werden kann (Rechtsschutzversicherung, Prozesskostenhilfe, Ratenzahlung), ob für Sie eine Abfindung in Frage kommt und welcher Abfindungsbetrag erzielt werden kann.