Krankengeld: Wie kann ich die Reha verhindern? Zehn Wochen, die es in sich haben

Wer Krankengeld bezieht, erhält nicht selten schon früh einen Brief der Krankenkasse: Innerhalb einer Frist soll ein Antrag auf medizinische Rehabilitation bei der Deutschen Rentenversicherung gestellt werden. Diese Aufforderung ist kein bloßes „Angebot“, sondern hat eine klare rechtliche Grundlage.

Ziel ist zudem zu klären, ob eine Reha Ihre Arbeitsfähigkeit wiederherstellen kann – oder ob eine Erwerbsminderung vorliegt und damit die Zuständigkeit von der Krankenkasse zur Rentenversicherung wechselt.

Rechtsgrundlage ist § 51 SGB V, der den Kassen erlaubt, eine Frist von zehn Wochen für die Antragstellung zu setzen. Wird der Antrag nicht fristgerecht gestellt, kann das Krankengeld entfallen.

Warum die Krankenkasse das darf

Das Krankengeld gibt es, solange Sie wegen Krankheit Ihren bisherigen Beruf vorübergehend nicht ausüben können.

Besteht aber der Verdacht, dass Ihre Erwerbsfähigkeit grundsätzlich gemindert ist, greift das Prinzip „Reha vor Rente“: Zunächst soll eine medizinische Rehabilitation prüfen, ob und wie sich Ihre Leistungsfähigkeit verbessern lässt.

Organisiert und finanziert wird diese Leistung – je nach Versicherungsverlauf – in aller Regel von der Deutschen Rentenversicherung. Die DRV beschreibt die Reha als regelhaft dreiwöchige Maßnahme, stationär oder ganztägig ambulant, mit dem Ziel, Erwerbsfähigkeit zu sichern oder wiederherzustellen.

Die Frist und ihre Folgen: Zehn Wochen, die es in sich haben

Erhalten Sie eine wirksame Aufforderung nach § 51 SGB V, läuft eine zehnwöchige Frist. Innerhalb dieser Zeit müssen Sie den Reha-Antrag stellen.

Verstreicht die Frist ohne Antrag, darf die Krankenkasse das Krankengeld einstellen. In der Praxis ist deshalb dringend zu raten, den Antrag rechtzeitig zu stellen oder – falls Sie die Aufforderung für rechtsfehlerhaft halten – fristwahrend Widerspruch gegen die Aufforderung einzulegen.

Was die Reha klärt: Der Entlassungsbericht entscheidet über die Weichenstellung

Am Ende einer Reha steht immer ein Entlassungsbericht. Dort schätzt die Einrichtung Ihr „quantitatives Leistungsvermögen“ ein, also wie viele Stunden täglich Sie unter den gegebenen Bedingungen arbeiten können: unter drei Stunden, drei bis unter sechs Stunden oder sechs Stunden und mehr.

Wichtig ist zudem die Prognose, ob dieser Zustand länger als sechs Monate andauert. Diese Kategorien sind sozialrechtlich relevant, weil sie mit den Kriterien der Erwerbsminderungsrente korrespondieren.

Kann jemand auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden arbeiten, liegt keine Erwerbsminderung vor; unter drei Stunden täglich spricht vieles für eine volle Erwerbsminderung.

Wenn aus Reha Rente wird: Die „Umdeutung“ nach § 116 SGB VI

Ergibt die Reha oder die sozialmedizinische Beurteilung, dass Erwerbsminderung vorliegt, kommt ein weiterer Mechanismus ins Spiel: Ein Reha-Antrag kann als Rentenantrag „umgedeutet“ werden.

Die Deutsche Rentenversicherung hält fest, dass diese Umdeutung nach § 116 SGB VI vorzunehmen ist, wenn die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente erfüllt erscheinen. Damit wird die Leistungszuständigkeit von der Krankenkasse auf die Rentenversicherung verlagert.

Wie lange es Krankengeld gibt – und wann es endet

Unabhängig von Reha und Rente ist das Krankengeld für dieselbe Krankheit grundsätzlich auf maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren begrenzt. Diese Grenze ist wichtig, weil viele Betroffene gegen Ende der Anspruchsdauer – der sogenannten „Aussteuerung“ – parallel mit Reha, Wiedereingliederung, Arbeitsagentur-Leistungen oder Rentenfragen konfrontiert sind.

Darf man „aus der Nummer raus“? Medizinische Gegenanzeigen und Atteste

Die Teilnahme an einer Reha ist keine bloße Formalität, sondern eine Mitwirkungspflicht. Gleichwohl darf eine Maßnahme nicht erzwungen werden, wenn sie medizinisch kontraindiziert ist. In solchen Konstellationen kommt es auf belastbare ärztliche Stellungnahmen an, aus denen hervorgeht, dass eine Reha aktuell gesundheitlich nicht vertretbar ist.

Die Rentenversicherung benennt selbst Voraussetzungen und Ausschlussgründe für Rehaleistungen; zugleich ist zu beachten, dass nach einer Aufforderung gemäß § 51 SGB V Ihr „Dispositionsrecht“ eingeschränkt ist, also Rücknahmen oder Nichtantritte ohne Zustimmung der Kasse das Krankengeld gefährden können.

Häufig fußt die Reha-Aufforderung auf einem Gutachten des Medizinischen Dienstes. Die Medizinischen Dienste prüfen, ob die sozialmedizinischen Voraussetzungen für Rehaleistungen vorliegen.

Wer die Aufforderung für fehlerhaft hält, kann Widerspruch bei der Krankenkasse einlegen und sollte dies idealerweise mit ärztlichen Unterlagen untermauern. Auch gegen abgelehnte Reha-Anträge gibt es den Rechtsweg über Widerspruch und Klage.

Was Sie in der Praxis erwartet: Dauer, Ort, Bericht – und die Zeit dazwischen

Zwischen Antragstellung und Antritt der Maßnahme vergehen nicht selten mehrere Wochen. Die Reha selbst dauert üblicherweise drei Wochen; je nach Bedarf kann sie verkürzt oder verlängert werden.

Am Ende erstellt die Klinik den Entlassungsbericht, der für die weitere Leistungskette wichtig ist: Bleiben Sie im Krankengeld, beginnen Sie eine stufenweise Wiedereingliederung, oder wird ein Rentenverfahren angestoßen? Diese Weichenstellung beruht auf den im Bericht dokumentierten Befunden und Leistungseinschätzungen.

Typische Stolpersteine vermeiden: Fristen, Kommunikation, Dokumentation

Entscheidend ist, Fristen ernst zu nehmen und alles Wesentliche schriftlich zu dokumentieren. Stellen Sie den Reha-Antrag innerhalb der gesetzten Zehn-Wochen-Frist oder sichern Sie sich mit einem Widerspruch gegen die Aufforderung ab, wenn Sie diese für rechtswidrig halten. Stimmen Sie Rücknahmen, Terminverschiebungen oder Klinikwechsel mit der Krankenkasse ab, wenn die Aufforderung nach § 51 SGB V ergangen ist.

Halten Sie engen Kontakt zu behandelnden Ärztinnen und Ärzten, damit medizinische Einschätzungen, insbesondere zu Rehafähigkeit und Prognose, aktuell und widerspruchsfest vorliegen.

Wenn das Krankengeld ausläuft: Der kritische Punkt nach 78 Wochen

Schwierig wird es häufig, wenn die 78 Wochen nahezu ausgeschöpft sind. Dann treffen mehrere Systeme aufeinander: Krankenkasse, Arbeitsagentur und gegebenenfalls Rentenversicherung.

Ein realistischer Blick auf die Einschätzung im Entlassungsbericht, die Planung einer Wiedereingliederung oder – falls geboten – die zeitgerechte Einleitung eines Rentenverfahrens verhindern finanzielle Lücken und Doppelwege. Wer hier frühzeitig plant und Bescheide prüft, reduziert das Risiko von Leistungsunterbrechungen.

Fazit: Aktiv bleiben, sauber begründen – und die Weichen bewusst stellen

Die Reha-Aufforderung während des Krankengeldbezugs ist kein Schreckgespenst, sondern ein Mechanismus, der klären soll, ob Ihre Erwerbsfähigkeit wiederhergestellt werden kann oder eine Erwerbsminderung vorliegt.

Entscheidend sind Fristtreue, medizinisch gut belegte Stellungnahmen und ein wacher Blick auf die rechtlichen Folgen. Wer rechtzeitig beantragt, gut dokumentiert und die Inhalte des Entlassungsberichts versteht, behält die Kontrolle über den weiteren Verlauf – ob zurück in den Job, über eine Wiedereingliederung, oder in Richtung Rentenverfahren.