Eine Krankschreibung ist kein Arbeitsverbot. Vielmehr handelt es sich um die Einschätzung einer Ärztin oder eines Arztes, dass Sie Ihre derzeitige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen voraussichtlich nicht ausüben können.
Doch was passiert, wenn Sie sich wieder arbeitsfähig fühlen, obwohl Sie noch krankgeschrieben sind – insbesondere dann, wenn Sie kein Gehalt mehr vom Arbeitgeber erhalten, sondern Krankengeld von der Krankenkasse?
Wann Anspruch auf Krankengeld besteht
Nach sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit endet in der Regel die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers. Ab diesem Zeitpunkt springt die gesetzliche Krankenkasse ein und zahlt Krankengeld – vorausgesetzt, Sie sind weiterhin durchgehend arbeitsunfähig geschrieben und nehmen Ihre Tätigkeit nicht wieder auf.
Denn das Krankengeld ersetzt das Einkommen, das wegen Krankheit wegfällt. Sobald Sie wieder arbeiten, entfällt dieser Anspruch.
Viele Versicherte übersehen: Wer trotz AU-Bescheinigung wieder zur Arbeit geht, signalisiert damit zumindest indirekt, dass eine Arbeitsfähigkeit besteht. Nehmen Sie also Ihre Haupttätigkeit wieder auf, gilt der Anspruch auf Krankengeld als beendet.
Erhalten Sie bereits Leistungen, müssen diese unter Umständen zurückgezahlt werden – insbesondere dann, wenn die Krankenkasse von der Arbeitsaufnahme keine Kenntnis hatte. Die AU-Bescheinigung verliert in dem Moment ihre Wirkung, in dem Sie faktisch zeigen, dass Sie wieder einsatzfähig sind.
Minijob trotz Krankengeldbezug – erlaubt oder riskant?
Anders sieht es aus, wenn Sie während der Krankschreibung einer anderen Tätigkeit nachgehen – etwa einem Minijob. Hier wird oft angenommen, dass jede Form der Arbeit während des Krankengeldbezugs verboten ist. Doch das stimmt nicht pauschal. Entscheidend ist, dass die neue Tätigkeit die Genesung nicht behindert und nicht im Widerspruch zur attestierten Arbeitsunfähigkeit steht.
Das bedeutet: Wer etwa wegen einer psychischen Belastung im Hauptjob krankgeschrieben ist, kann in bestimmten Fällen durchaus eine einfache Tätigkeit in einem anderen Bereich übernehmen – vorausgesetzt, sie ist ärztlich abgesegnet.
Auch körperlich eingeschränkte Menschen dürfen während des Krankengeldbezugs eine weniger belastende Nebentätigkeit ausüben, wenn diese die Heilung nicht beeinträchtigt.
Allerdings gilt dabei eine strikte Pflicht zur Offenlegung. Jede Arbeitsaufnahme – auch im Rahmen eines Minijobs – muss der Krankenkasse unverzüglich gemeldet werden.
Die Kasse prüft dann, ob die Nebenbeschäftigung mit der festgestellten Arbeitsunfähigkeit vereinbar ist. Bei Widersprüchen droht nicht nur eine Ablehnung weiterer Zahlungen, sondern auch eine Rückforderung bereits geleisteter Beträge.
Wenn Misstrauen aufkommt
Krankenkassen sind in solchen Fällen besonders wachsam. Wer etwa wegen eines Bandscheibenvorfalls krankgeschrieben ist, gleichzeitig aber als Möbelpacker in einem Minijob tätig wird, muss mit Problemen rechnen.
Ebenso wird kritisch hinterfragt, wenn Menschen mit diagnostizierter Angststörung plötzlich eine Tätigkeit mit hohem Publikumsverkehr oder Leistungsdruck aufnehmen.
In solchen Konstellationen kann die Krankenkasse verschiedene Maßnahmen ergreifen. Sie kann beispielsweise eine medizinische Begutachtung veranlassen, um zu prüfen, ob tatsächlich noch eine Arbeitsunfähigkeit besteht. Auch eine stufenweise Wiedereingliederung in den Hauptberuf kann angeregt werden – mit dem Ziel, die Rückkehr ins Erwerbsleben zu fördern.
Krankengeld ersetzt Lohn – keine Zusatzleistung
Wichtig ist zu verstehen: Das Krankengeld ist kein zusätzlicher Einkommensbaustein, sondern ein Lohnersatz. Wer reguläres Einkommen erzielt – sei es durch Rückkehr in den Hauptjob oder durch eine Tätigkeit, die dem Hauptjob ähnelt – hat keinen Anspruch mehr auf Krankengeld.
Es handelt sich um eine versicherungsrechtliche Leistung mit klaren Voraussetzungen und Grenzen.
Gleichzeitig darf das Krankengeld nicht als Disziplinierungsmaßnahme missverstanden werden. Es soll kranken Menschen ermöglichen, sich zu erholen – und ihnen zugleich finanzielle Sicherheit bieten. Wer sich wieder belastbar fühlt, sollte dies mit medizinischem Rückhalt und in Absprache mit der Krankenkasse klären, bevor er voreilig wieder in den Job einsteigt.
Fazit: Besser vorher Klarheit schaffen
Arbeiten trotz Krankschreibung ist kein Tabu – aber ein heikles Terrain. Während eine Rückkehr in die Hauptbeschäftigung das Krankengeld unmittelbar beendet, kann eine Nebentätigkeit unter Umständen zulässig sein. Entscheidend ist immer, ob die jeweilige Tätigkeit mit der bestehenden Arbeitsunfähigkeit vereinbar ist und ob die Krankenkasse ordnungsgemäß informiert wurde.
Wer sich unsicher ist, sollte keinesfalls auf eigene Faust handeln. Der Gang zur Ärztin oder zum Arzt sowie ein Gespräch mit der Krankenkasse oder einem unabhängigen Sozialberater können helfen, unangenehme Konsequenzen zu vermeiden. Denn Rückforderungen, Leistungskürzungen oder gar der Verdacht auf Leistungsbetrug sind Risiken, die sich mit frühzeitiger Klärung meist vermeiden lassen.




