Jobcenter verlangt Hartz IV Gelder zurück

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13.10.2015

Das Jobcenter Spree-Neiße hat insgesamt 9000 Hartz IV Bescheide versendet. In den Briefen werden die Leistungsberechtigten dazu aufgefordert, angeblich zu viel gezahlte Geld zurückzuzahlen. Bereits eine Million Euro hat das Jobcenter wieder einkassiert. Da es mittlerweile auch Neuforderungen gibt, plant die Behörde bis zu 6,6 Millionen Euro von Hartz IV Beziehenden einzukassieren.

Nicht immer dürfen Leistungsträger zuviel gezahlte Leistungen einfach vom regulärem Regelsatz einstreichen. Das ist nur in zwei Fällen zulässig:

1. Für einen unabweisbaren Bedarf, der von der Regelleistung nach § 20 SGB II umfasst wird, wurde ein Darlehen gewährt, das nun zurückgezahlt werden muss (§ 23 Abs. 1 SGB II).

2. Die Rückforderung des Amtes beruht darauf, dass der/die Leistungsbezieher/in vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht hat (§ 43 SGB II). In allen anderen Fällen ist eine Aufrechnung rechtswidrig.

Aufrechnung bei Darlehenstilgung
In diesem Fall darf die monatliche Aufrechnung bis zu 10 Prozent betragen – bezogen auf die auszuzahlende Summe aller Regelleistungen für die Bedarfsgemeinschaft. Es liegt im Ermessen des Amtes, den Prozentsatz festzulegen. So sind auch Aufrechnungssätze nahe Null möglich und – in Verbindung mit § 44 SGB II – kann das Amt die Darlehensschuld auch erlassen.

Wichtig: Eine Aufrechnung zur Tilgung eines Darlehens ist dann – und nur dann! – zulässig, wenn es für einen Bedarf gewährt wurde, der der Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II zuzurechnen ist. In allen anderen Fällen, in denen ein Darlehen zurückgezahlt werden muss, ist eine Aufrechnung nicht zulässig.

Das heißt konkret, dass in den nachfolgenden Fällen die Rückzahlung eines Darlehens erst fällig wird, nachdem der ALG-II-Bezug beendet wurde:

– Darlehen für eine Mietkaution (§ 22 Abs. 3 SGB II)
– Darlehensweise Übernahme von Mietschulden, um Wohnungslosigkeit zu vermeiden (§ 22 Abs. 5 SGB II)
– Darlehensweise Leistungsgewährung für einen Monat, in dem voraussichtlich Einkommen zufließt (§ 23 Abs. 4 SGB II)
– Darlehensweise Leistungsgewährung, weil Vermögen zwar vorrangig einzusetzen ist, aber nicht sofort verwertet werden kann (§ 23 Abs. 5 SGB II)

Rückforderungen aufgrund falscher Angaben und darauf folgende Aufrechnung
In diesem Fall darf die Aufrechnung bis zu 30 % betragen – bezogen auf die Regelleistung der Person, gegen die das Amt einen Anspruch auf Erstattung oder Schadensersatz hat. Die Aufrechnung ist auf drei Jahre begrenzt.

Wichtig: Eine Aufrechnung ist dann – und nur dann! – zulässig, wenn Leistungen zu unrecht gezahlt wurden ("Überzahlung"), weil der/die Leistungsbezieher/in "vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben" (§ 43 SGB II) gemacht hat. Es muss also ein aktives Fehlverhalten vorliegen.

Wenn es der/die Leistungsbezieher/in hingegen "bloß" versäumt, eine Änderung (z.B. Einkommenszufluss) mitzuteilen, dann rechtfertigt dies keine Aufrechnung! Wohl aber die Rückforderung, die dann "stehen bleibt". Vorsätzlich handelt, wer wissentlich und willentlich – also zielgerichtet – falsche Angaben macht. Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und selbst Dinge nicht beachtet oder bedenkt, die jedem einleuchten müssten.

Liegt ein solches "Fehlverhalten" nicht vor, dann ist eine Aufrechnung nicht zulässig und rechtswidrig. Erst recht ist eine Aufrechnung natürlich rechtswidrig, wenn die Überzahlung auf einem Fehler des Amtes beruht. (sb)

Bild: Thomas Reimer – fotolia

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