Rechtswidrige Weisungen fรผr nachrichtendienstliche Beschnรผffelung von Hartz IV Beziehern
18.11.2015
Wir erinnern uns: Schon einmal hatte die Gegen-Hartz.de Redaktion eine interne Weisung zur Oberservation und dem nachrichtendienstlichem รberwachen von Hartz IV Beziehern รถffentlich gemacht. Damals wurde die Bundesagentur fรผr Arbeit vom Bundesarbeitsministerium zurรผckgepfiffen, nachdem wir zusammen mit dem Erwerbslosen Forum Deutschland (ELO) ordentlich Wirbel machten. Denn solche Beobachtungen mรผssen erstens richterlich angeordnet sein und dรผrfen zweitens in einem Rechtsstaat nur von der Polizei durchgefรผhrt werden. Nun ist wieder eine Handlungsweisung durch das Berliner Bรผndnis ยปAuspacken oder einpacken!ยซ aufgeflogen.
Dieses mal handelt es sich um eine Weisung des Jobcenters Berlin-Spandau, die wir hiermit dokumentieren. Auffรคllig ist, dass hier versucht wird, die Oberservationen durch die Hintertรผr zu legitimieren, da durch unsere damalige Intervention die illegalen Praktiken seitens des Bundesarbeitsministeriums verboten wurden. Es sollen beispielsweise zunรคchst die Eltern gedrรคngt dazu gedrรคngt werden, damit die Kinder befragt werden dรผrfen. Auch wird in der Weisung erlรคutert, wie das Schrรคnke durchwรผhlen auch ohne rechtliche Handhabe funktioniert.
Viele Betroffene fรผhlen sich in diesen Momenten รผberrumpelt und haben Angst โNeinโ zu sagen, weil dies wiederrum als โfehlende Mitarbeitโ ausgelegt werden kรถnnte. Auch befinden sich die Betroffenen in einer Art der Bittstellung, und hoffen auf jeden Cent, der bewilligt wird. Sie sind dem Treiben der Behรถrdenschnรผffler zumindest subjektiv ausgeliefert.
Abstruserweise wird in der Weisung zwar die Observation untersagt, aber in Ausnahmefรคllen wiederrum erlaubt. Auch diese โAusnahmefรคlleโ sind hoch rechtswidrig und vom Gesetzgeber sowie vom Grundgesetz nicht gedeckt.
Hier nun die Weisung:
In der Geschรคftsanweisung รคuรert sich das ยปJobCenterยซ zur Befragung von Minderjรคhrigen, zur Durchsuchung von Schrรคnken, zur Ausforschung durch Befragung von Dritten und zur Zulรคssigkeit von Observationen:
“Grundsรคtzlich ist von der Befragung minderjรคhriger Personen abzusehen.
Minderjรคhrige dรผrfen nur im Wege eines Hausbesuches befragt werden, wenn Sie unmittelbar Betroffene sind und das Einverstรคndnis des gesetzlichen Vertreters zur Befragung vorliegt.
Eine Befragung von Minderjรคhrigen รผber die persรถnlichen Verhรคltnisse eines Dritten ist grundsรคtzlich unzulรคssig. [โฆ]
Eine routinemรครige Durchsicht der Schrรคnke ist nicht zulรคssig. Unter Berรผcksichtigung des Grundsatzes der Verhรคltnismรครigkeit kann sie jedoch mรถglich sein, wenn eine Sachverhaltsklรคrung sonst nicht mรถglich wรคre. Hierzu bedarf es jedoch der ausdrรผcklichen Einwilligung des Betroffenen. [โฆ]
lm Grundsatz ist von der Befragung dritter Personen, wie z.B. Nachbarn oder Hausmeister Abstand zu nehmen. Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhรคltnismรครigkeit kann eine Befragung Dritter ohne Wissen des Betroffenen unumgรคnglich sein, wenn eine Sachverhaltsklรคrung sonst nicht mรถglich wรคre.
Die Durchfรผhrung einer Observation durch die Mitarbeiter des Amtes ist grundsรคtzlich unzulรคssig. Eine Observation kann in wenigen Fรคllen unter datenschutzrechtlichen Aspekten zulรคssig sein, wenn es sich um einen โบbesonders schwerwiegendenโน Leistungsmissbrauch handelt und eine anderweitige Aufklรคrung nicht mรถglich wรคre. Das bedeutet, der Sozialleistungstrรคger muss in besonderem Maรe den โบGrundsatz der Verhรคltnismรครigkeitโน berรผcksichtigen.” (Geschรคftsanweisung fรผr den Auรendienst des ยปJobCentersยซ Berlin Spandau (Trรคger-Nummer 95508), siehe hier und hier)
Wir fordern das Jobcenter auf, diese aus dem Jahre 2013 noch immer gรผltige Weisung sofort zurรผckzunehmen. Betroffenen raten wir zu umgehendem rechtlichem Handeln. Denn hier wird offenkundig Rechtsbruch von der Behรถrde begangen. (sb)
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