Hartz IV: Wenn das Jobcenter die Miete nicht zahlt

Lesedauer 2 Minuten

Urteil: Wohnungskündigung wegen Mietverzug durch Jobcenter ist unzulässig
Eine Wohnungskündigung und die Aufforderung zur Herausgabe der Wohnung durch den Vermieter sind rechtswidrig, wenn der Grund ausbleibende Mietzahlungen durch das Jobcenter sind. Das entschied das Landesgericht Berlin (LG) in seinem Urteil vom 24. Juli 2014 (Aktenzeichen: LG_B 67 S 94/14).

Jobcenter ist bei entsprechender Vereinbarung verpflichtet, regelmäßig die Miete direkt an den Vermieter zu zahlen
Hartz IV-Beziehern stehen neben der Regelleistung auch die Kosten für Miete und Heizung zu. In den meisten Fällen werden die Unterkunftskosten zusammen mit dem monatlichen Regelsatz an den Hartz IV-Bezieher überwiesen. In einigen Fällen – beispielsweise wenn der Hartz IV-Bezieher die Miete nicht regelmäßig an seinen Vermieter überweist und unter Umständen sogar der Verlust der Wohnung droht – zahlt das Jobcenter die Mietkosten direkt an den Vermieter.

Kommt es dabei zu Zahlungsverzögerungen oder -ausfällen, erfährt der Hartz IV-Bezieher häufig erst vom Zahlungsverzug, wenn er die Wohnungskündigung vom Vermieter erhält. Das Landgericht Berlin (LG) musste sich mit der Frage befassen, ob ein Mieter, der Hartz IV-Leistungen bezieht, mit der Mietzahlung in Verzug gerät, wenn diese durch das Jobcenter nicht wie vereinbart erfolgt ist.

Im konkreten Fall stritten sich die Parteien, ob der Beklagte, der Leistungen nach den SGB II bezog, verpflichtet ist aufgrund des Mietverzugs die Wohnung der Klägerin zu räumen. Der Hartz IV-Bezieher hat die Wohnung seit 2009 angemietet und war im März 2010 mit den Mietzahlungen in Rückstand geraten. Gemäß § 22 Abs. 7 SGB II überwies das Jobcenter daraufhin die monatlichen Mietzahlungen stets direkt an den Vermieter. Im November und Dezember 2012 leistete die Behörde jedoch keine Mietzahlungen, worauf die Klägerin das Mietverhältnis im Dezember 2012 wegen der Mietrückstände kündigte. Der Hartz IV-Bezieher erfuhr erst durch das Kündigungsschreiben von den fehlenden Zahlungen. Er weigerte sich die Wohnung zu räumen, da er sich nichts zu schulden kommen lassen und die Mietrückstände nicht zu vertreten hatte.

Hartz IV-Bezieher kann nicht für das Verschulden des Jobcenters verantwortlich gemacht werden
Das LG Berlin wies die Räumungsklage ab. Die Kündigung seitens der Klägerin sei nicht wirksam, daher habe sie auch keinen Anspruch auf die Herausgabe der Wohnung. Des weiteren bestehe kein Zahlungsverzug, der zur Kündigung berechtige, so das Gericht. Hier sei § 286 Abs. 4 BGB anzuwenden, da der Mieter weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt habe. Er habe sich vielmehr in einem Tatsachenirrtum befunden. Dieser Irrtum führe dazu, dass der Schuldner nicht in Zahlungsverzug komme, solange er tatsächliche Bedenken gegen seine Leistungspflicht haben könnte. Der Beklagte habe sich darauf verlassen, dass der Leistungsträger wie vereinbart regelmäßig die Mietzahlungen leistet. Der Zahlungsausfall im November und Dezember basiere auf einem Versehen des Jobcenters. Das stehe unstreitig fest. Der Beklagte habe den Zahlungsverzug nicht verursacht oder dazu beigetragen. Deshalb müsse er sich das Verschulden des Jobcenters nicht zurechnen. Der Leistungsträger habe zudem nicht im Auftrag des Mieters gehandelt, sondern nehme mit der Überweisung der Mietkosten ihm obliegende Aufgaben der Daseinsfürsorge wahr, so das Gericht in seiner Begründung.

Es bestehe darüber hinaus auch keine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses, da der Leistungsträger den Mietrückstand ausgleichen könne und die nicht geleisteten Mietzahlungen im gesamten Kündigungszeitraum den Betrag von zwei Monatsmieten nur geringfügig überschreiten würden. (ag)

Bild: Rainer Sturm / pixelio.de