Darf das Einkommen der Kinder angerechnet werden?
Ein hรคufiger Fehler in den Hartz IV Bescheiden ist, dass das Einkommen der Kinder an den Regelbedarf der Eltern angerechnet wird. Ist das korrekt? Die Rechtsanwaltsgesellschaft “rightmart” berichtet von einem aktuellen Fall.
Ein alleinerziehender Vater wohnt mit seinen 4 Kindern in einer Wohnung zusammen. Alle bilden eine sogenannte Bedarfsgemeinschaft. Das รคlteste Kind hat nunmehr eine Ausbildung angefangen und verdient 1000 Euro monatlich. Das Jobcenter hat daraufhin 100 Euro als Einkommen beim Vater angerechnet. Entsprechend wurde der Regelbedarf des Vaters reduziert.
Kinder haften fรผr ihre Eltern?
Das Kind musste somit faktisch fรผr seinen Vater haften, obwohl es im Grundsatz heiรt, dass Kinder nicht nicht fรผr ihre Eltern haften und nicht unterhaltspflichtig sind. Doch dieser Grundsatz ist dem Jobcenter anscheinend egal. Daher lautet die Frage, darf das Jobcenter so vorgehen?
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Die eindeutige Antwort lautet Nein! Auch wenn Eltern Hartz IV Leistungen erhalten, mรผssen Kinder, die durch einen Job oder eine Ausbildung Geld verdienen, nichts davon an die Eltern abgeben. Bewohnt das Kind mit dem Elternteil eine gemeinsame Wohnung, darf im Hartz IV Bescheid das Einkommen nicht auf die anderen Bewohner einer Bedarfsgemeinschaft รผbertragen werden. Die Behรถrde hat offenbar Vater und Kind vertauscht, mutmaรt der Rechtsanwalt Nassir Jaghoori von “Rightmart”. Anders sei die Falschberechnung nicht zu erklรคren. “Denn ยง 7 Abs. 4 im SGB II legt fest, dass Kinder, die genug Geld verdienen, um ihren Bedarf selber zu decken, nicht Teil der Bedarfsgemeinschaft sind”, so der Anwalt.
Das Gesetz gewรคhrleistet, dass bei Ausschluss des Kindes aus einer Bedarfsgemeinschaft, das Einkommen des Kindes nicht fรผr die Eltern zur Verfรผgung steht. Anders herum regelt in ยง 9 Abs. 2., dass das Einkommen der Eltern jedoch fรผr die Kinder zur Verfรผgung steht.
Unterhaltsvermutung keine Gewissheit
Doch in ยง 9 Abs. 5 heiรt es allerdings, dass der Leistungstrรคger vermuten kann, dass Verwandte oder Verschwรคgerte Unterhalt bekommen, wenn diese zusammen in einer Haushaltsgemeischaft leben. Was viele Jobcenter allerdings meinen, dass dies eine Unterhaltspflicht durch die Hintertรผr ist. Allerdings ist eine Vermutung keine Tatsache. Der Behรถrde muss also mitgeteilt werden, dass das Kind keinen Unterhalt an seine Eltern zahlt und fรผr sich allein wirtschaftet. Ein formloses Schreiben reicht in aller Regel aus.