Hartz IV & Stellensuche: “Es wird immer schlimmer”

Lesedauer 4 Minuten

Ich schreibe diesen sehr langen Beitrag, weil ich das x loswerden muss. Ihr könnt Ihn gern sofort wieder rausschmeißen, wenn er zu lang ist! Es wird immer schlimmer da draußen auf der Straße! Die Arbeitgeber/Arge/Zeitarbeitsfirmen sind völlig durchgeknallt!

Ein Leserbeitrag von Kat

Kein Nicht-Arbeitsloser, schon gar nicht unsere sog. Regierung kann sich vorstellen, wie wir seriöse & professionelle ALGII -Empfänger/Jobsuchende behandelt werden: Allein diese Woche in Hamburg sind mir bei meiner Suche 6 völlig unglaubliche Dinge passiert:

Nr.1: Online Bewerbung auf ein Angebot der Zeitarbeitsfirma *** in Norderstedt bei Hamburg, am nächsten Tag Anruf bei der Firma. Die Telefonistin: Ja, das Angebot sei noch aktuell, mein Profil passe sehr gut, die Besetzung sei für sofort und darum eilig, ich solle noch am selben Tag zum Vorstellungsgespräch kommen. Nun ist Norderstedt sehr weit von meinem Wohnort entfernt und umständlich mit öffentl. Verkehrsmitteln zu erreichen. Um mir eine möglicherweise (durch den eventl. zu weit entfernt gelegenen Standpunkt des Arbeitgebers) überflüssige Anreise nach Norderstedt zu ersparen, frage ich die Telefonistin nach dem besagten Standort. Sie konnte mir keine Auskunft geben, stellte mich nach meinem Insistieren zu Ihrem Vorgesetzten durch. Dieser Mann war von einer unglaublichen Ignoranz und wollte mir keine Auskunft geben, das sei nicht üblich. Meine legitime Frage nach dem Stadtteil der betr. Firma wurde mit dem Tenor "die Arbeitslosen können froh sein, einen Job zu finden, auch wenn sie zur Arbeit durch die ganze Stadt fahren müssen" und einem gehässigen "Wir melden uns" abgewürgt. Am nächsten Tag hatte ich die Absage in der Post.

Wegen dieser absurden Inkompetenz und Ignoranz der Firma ist mir nun möglicherweise ein guter Job und dem Arbeitgeber eine professionelle Mitarbeiterin durch die Lappen gegangen…


Nr.2:
Vermittlungsvorschlag der ARGE für telef. Bewerbung als Hilfe in einer Physiotherapie – Praxis am **** Hamburg. Erste Frage vom Physiotherapeuten Herrn C. am Telefon: Wollen Sie überhaupt arbeiten? Ich verblüfft: ja, natürlich… Er: "Dann kommse mal vorbei und stelln sich vor!" Ich: "Soll ich Ihnen schon mal meinen LL mailen?" Er:" Nee, will ich nich, warum denn?" Ich: "Na, wegen meiner Qualifikationen?" Er: "Was könnse denn?" Ich: "Habe viel als Empfangssekretärin gearbeitet, in Spanien auch x 2 Jahre in einer Arztpraxis." Ich noch Mal: "Gibt es eine Altersbegrenzung?" (Da habe ich nämlich so meine Erfahrungen). ER EXPLODIERT UND SCHREIT durchs Telefon: Was mir einfällt, so mit ihm zu reden? In Deutschland spricht man anständig mit seinem Arbeitgeber und unterbräche sie nicht (wieso Arbeitgeber??), das könnte ich in Spanien machen. Schreit völlig unflätig weiter und – jetzt kommt’s – droht mir, mich namentlich bei der ARGE anzuzeigen, wegen meiner angeblichen unverschämten (sic) Äußerungen!

D.h. dieser Mann, der mich nicht kennt, dem ich nichts getan habe, will mich doch tatsächlich bei ARGE denunzieren, damit mir Geld abgezogen wird, sich an meinen (in den Medien ausgiebig angepriesenen) finanziellen Einbußen weiden und uns Arbeitslosen ein Exempel zeigen, wie man in D. arbeitet. Pfui Teufel, ich könnte kotzen!! Das kommt mir historisch soo bekannt vor.

Nr.3: Anruf einer Firma auf mein Stellengesuch im Internet: Man suche eine Person mit meinen Qualifikationen für ein Büro in der Innenstadt. Wir machen einen Vorstellungstermin für gestern Nachmittag. Nach meinem 1€-Job fahre ich pünktlich zu der Verabredung. Das Büro am Neuen Wall ist geschlossen, Niemand da, Niemand öffnet, Niemand geht ans Telefon…

Nr.4:
Onlinebewerbung auf Anzeige von ***-Zeitarbeit in der Mönckebergstr. Nach dem 1€-Job zum Gespräch mit der Sachbearbeiterin. Tenor: Entsetzen bei meiner Ankunft. "Für den Arbeitgeber müssen Sie aber den ganzen Tag ein Kostüm tragen und lassen Sie sich bloß die Haare wieder so schneiden, wie auf dem Bewerbungsfoto, da sehen Sie ja 10 Jahre jünger & viel frischer aus […] In den Vorstandsetagen käme es nicht auf Qualifikation oder gar Berufserfahrung an, es zähle nur das gute Aussehen. Ab 50 Jahren ist es sowieso unmöglich eingestellt zu werden."

Mein Alter war aus meinem vorliegenden Lebenslauf bekannt und was genau jetzt gutes Aussehen für die anscheinend Magersüchtige, schlecht frisierte, hässlich bebrillte Frau bedeutete, wurde nicht klar. Meine Unterlagen wurden archiviert…

Nr. 5: Onlinebewerbung auf eine Onlineanzeige des AA vom 06.02. am gleichen Tag. Am nächsten Tag, 07.02, Antwortmail vom AA, die Stelle sei bereits besetzt! Auf meinen Anruf beim Jobcenter , wieso eine Stelle 1 Tag nachdem sie veröffentlicht wird, bereits besetzt ist: Auf diese Art von Stellen haben wir (AA) schon 2 Wochen Zugriff bevor wir sie ins Netz stellen…

Nr.6: Vermittlungsvorschlag von der ARGE zur Onlinebewerbung bei einem Personalvermittler, heute Vorstellungstermin: Bei meiner Ankunft "Wie kommen Sie denn hierher, auf unsere Anzeige? Wie, von der ARGE, das ist schlecht! " Mein Lebenslauf guckt er gar nicht an, wie viel ich bezahlt haben will? Ich: Na, nach Tarif. Er: "und wenn es nun keinen Tarif gibt?" (es geht um einen Job als Empfangsmitarbeiterin in einer Bank, Versicherung). Er will es nicht genau definieren! Er fragt, seit wann ich arbeitlos bin. Ich bin nicht arbeitslos, seit 9 Monaten mache ich einen 1€Job. Er aber will meinen Vermittlungsgutschein über 2000€ und mein Kombilohn Formular, drückt mir den Vermittlervertrag in die Hand, und mit der Bemerkung "Arbeitslose sind schwer zu vermitteln, das ist ja allgemein bekannt" würgt er das Gespräch ab. Ich fasse es nicht!

Wie lange soll das noch so gehen mit dieser perversen Ansicht von Arbeitsloser= Hartz 4 Empfänger= asozial & inkompetent=nicht vermittelbar? Seit 1 Jahr bin ich in einer "Maßnahme", meine Bewerbungsunterlagen sind so "optimiert" wie nie, Bewerbungsgespräche führe ich im Schlaf, meine Berufserfahrungen sind besser denn je, ich habe 2 Fortbildungen gemacht, einen 1€Job zur "besseren Wiedereingliederung".

Das AA hat an alle Träger und KOOP-Partner viel Geld bezahlt und will noch mehr zahlen, und immer noch wird behauptet, Arbeitslose sind nicht vermittelbar? Wer hier nicht vermittelbar ist, ist ja wohl der Arbeitgeber! 6 völlig perverse Beispiele aus meiner Bewerbungs-Odyssee in nur 1 Woche!!! Und so geht es die ganze Zeit, ich könnte Bücher schreiben über die Frechheiten und Inkompetenzen der Anbieter. Es ist sehr schwer, die Nerven zu behalten und weiterzusuchen. Als seriöse, professionelle, gut vorbereitete Arbeitsuchende wehre ich mich entschieden gegen diese menschenverachtende, perverse Art und Weise, mit der wir behandelt werden. Ich wünsche Euch Allen gute Nerven und Standhaftigkeit! Liebe Grüße von Kat (Ein Leserbeitrag von Kat, 18.02.07)