Schulmaterialien. Anträge an die Hartz IV Ämter stellen
In Stadt und Landkreis Celle leben rund 5.000 Kinder unter 15 Jahren in Haushalten, die von Hartz-IV-Leistungen leben müssen. Wir erleben in unserer Beratungsarbeit, dass gerade Kinder und Jugendliche im Bildungsbereich aufgrund der fehlenden materiellen Möglichkeiten Ausgrenzungen erleben. Mit 208,- Euro Sozialgeld (Kinder bis einschl. 13 Jahre) oder 278,- Euro (Kinder und Jugendliche ab 14 Jahre) sollen Nahrung, Kleidung, Genussmittel, Strom und alles Weitere bezahlt werden. Die Kosten für die Schulbildung der Kinder und Jugendlichen sind in diesen Regelleistungen nicht vorgesehen, und das Kindergeld steht nicht wie bei anderen Familien zusätzlich zur Verfügung, sondern wird auf die Regelleistung in voller Höhe angerechnet.
Die Leihgebühren für Schulbücher werden zwar für Leistungsbezieher nach dem SGB II und SGB XII von der Kommune erstattet, aber je nach Schulstufe und Ereignis, z.B. Einschulung oder Klassenwechsel, müssen Eltern für ein Kind oft mehr als 100 bis 150 Euro zusätzlich ausgeben für Schultüte, Arbeitshefte, Schreibhefte, Stifte, Blöcke, Malutensilien, Kopiergeld, Klassenkasse oder eintägige Klassenfahrten. Stehen weitere besondere Anschaffungen an, wie z.B. Schulranzen, Grafikutensilien, Taschenrechner usw., werden daraus schnell 300 Euro pro Kind/Jugendlichen. In der Regelleistung (Sozialgeld) für Kinder und Jugendliche sind für Schulmaterialien so gut wie keine Anteile enthalten. Eltern stehen vor der Problematik, dass sie ihren Kindern die angemessene Schulbildung nicht ermöglichen können, wohl bemerkt – aus finanziellen Gründen.
Nach wie vor haben weder Bund noch Land an dieser Situation etwas geändert. Die Stadt Celle hat zum kommenden Schuljahr an den Grundschulen die so genannten Schulbudgets um 3 Euro pro Kind erhöht. Damit soll Klassenlehrer/inne/n die Möglichkeit gegeben werden, beobachtete Defizite auszugleichen. Dass diese Mittel nur für die Grundschulen zur Verfügung stehen und selbst da nicht ausreichen, um tatsächlich eine Gleichbehandlung und Rechtssicherheit zu garantieren, ist klar.
Ende Juni werden die Eltern von Schulkindern wieder die Materialanforderungslisten für das nächste Schuljahr in die Hand bekommen. Bei vielen, insbesondere Eltern mit mehreren Kindern, wird dann wieder die pure Verzweiflung einkehren.
Wir haben keinen sicheren Weg anzubieten, um auf irgendeine Weise die Mittel erstattet zu bekommen. Aber wir sind der Auffassung, dass Eltern über Antragstellungen wenigstens auf die Notwendigkeit einer weitergehenden Hilfe hinweisen müssen. Wir raten deshalb dazu, einen Antrag an die Sozialämter von Stadt Celle bzw. für Betroffene, die in Landkreisgemeinden wohnen, an das Sozialamt des Landkreises zu stellen.
Hier ein Musterentwurf für Ihren Antrag:
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Sohn / meine Tochter [Name einfügen] besucht derzeit die [Klassenstufe einfügen] Klasse der [Name der Schule einfügen] Schule. Unsere Familie bezieht Leistungen nach dem SGB II (BG-Nr. [Nummer einfügen]).
Laut Mitteilung der Schule (siehe Anlage) sind zum beginnenden Schuljahr 2008/2009 folgende Schulmaterialien zu beschaffen. Daraus ergeben sich folgende Kosten: [hier sollte eine Auflistung der einzelnen Positionen mit den voraussichtlichen Kosten erfolgen]:
1 Atlas für Erdkunde, ….. Euro
1 Taschenrechner, voraussichtlich …. Euro
1 Arbeitsheft Englisch (Titel) …. Euro
10 Schulhefte A 4, voraussichtlich …. Euro
1 Paar Turnschuhe, voraussichtlich … Euro
(usw.)
Die als voraussichtlich bezeichneten Kosten sind anhand der üblichen Preise geschätzt. Sie belaufen sich in der Summe auf voraussichtlich [Betrag einfügen] Euro.
Meine Tochter / mein Sohn kann diese Kosten nicht aus dem Sozialgeld tragen. Dazu verweise ich auf den einstimmigen Beschluss des Ausschusses für Arbeit und Sozialpolitik des Bundesrates (Drucksache 329/08), in dem festgestellt wurde:
"Darüber hinaus zeigt die Lebenswirklichkeit der Kinder, die Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII erhalten, dass notwendige Aufwendungen für besondere Lernmittel (mit Ausnahme von Schul-büchern) für die Schule aus der Regelleistung und Regelsatz für die Kinder nicht getragen werden können." Lernmittelfreie Schulbücher sind in meiner Aufstellung nicht enthalten.
Als Anspruchsgrundlage für mein Begehren ist § 73 SGB XII heranzuziehen. Nach dieser Vorschrift können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Das Landessozialgericht Niedersachsen Bremen hat mit seiner Entscheidung L 7 AS 666/07 ER vom 3. Dezember 2007 für die Anwendung des § 73 SGB XII ausgeführt: "Der Zugang zu Bildung ist eine zentrale Aufgabe des Einsatzes öffentlicher Mittel, weil dadurch die Zukunftsperspektiven des Landes maßgeblich beeinflusst werden. Dabei ist sicher zu stellen, dass der Zugang zu Bildung nicht nur formal gleichberechtigt allen Kindern und Jugendlichen offen steht, sondern dass auch die materiellen Voraussetzungen geschaffen werden, um die Angebote tatsächlich beanspruchen zu können (BT-Drucksache 16/4486)."
Ich bitte um eine schnelle Entscheidung und die Überweisung der beantragten Summe bis zum 31. Juli 2008 auf mein Konto [Kontodaten einfügen].
Widerspruch und EA
Sollten die Sozialämter von Stadt bzw. Landkreis Celle Ihren Antrag ablehnen, können Sie einen Widerspruch einlegen und einen Antrag auf Einstweilige Anordnung beim Sozialgericht Lüneburg, Postfach 2660, 21316 Lüneburg, stellen.
Den Widerspruch können Sie formlos an die auf dem Bescheid angegebene Stelle schicken. Ihr Antrag auf Einstweilige Anordnung könnte etwa so aussehen:
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG zur Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII
Hiermit beantrage ich
[Vorname Name, Straße, Hausnummer, Postleitzahl Ort einfügen]– Antragsteller/in –
im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG aufzuerlegen, mir vorläufig die mir zustehenden Leistungen nach § 73 SGB XII in voller Höhe zu bewilligen. Mit Bescheid vom [Datum und Aktenzeichen einfügen] hat der/die Antragsgegner/in meinen Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII nicht stattgegeben. (Kopie ist beigefügt). Der Bescheid ist fehlerhaft. Gegen den Bescheid habe ich mit Datum vom [Datum einfügen] Widerspruch eingelegt.
Parallelantrag für Grundschüler
Da die Stadt Celle für Grundschüler/innen auf die eingangs angesprochenen Schulbudgets verweisen könnte, sollten Eltern von Grundschülern schon jetzt einen Antrag an den/die Leiter/in der betreffenden Schule stellen. Hier ein Muster:
Sehr geehrte/r Herr/Frau [Name einfügen],
mein Sohn / meine Tochter [Name einfügen] besucht derzeit die [Klassenstufe einfügen] Klasse Ihrer Schule. Unsere Familie bezieht Leistungen nach dem SGB II (BG-Nr. [Nummer einfügen]).
Um zum beginnenden Schuljahr 2008/2009 die erforderlichen Schulmaterialien zu beschaffen, beantragen wir einen Zuschuss in Höhe von 75 Euro. Wie der Presse zu entnehmen war, hat der Rat der Stadt beschlossen, die Schulbudgets zu diesem Zweck aufzustocken. Ich bitte um eine schnelle Entscheidung noch in diesem Schuljahr, da ich bei Ablehnung andere Wege einleiten muss.
Sollte diesem Antrag nicht oder nur in Teilen stattgegeben werden, sollten Sie das Schreiben der Schule dem an das Sozialamt zu stellenden Antrag (siehe oben) beifügen. (28.05.2008, Erwerbslosen-Ini Celle)
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