Hartz IV-Irrsinn: 72 Millionen um 30 Millionen Euro Kleinstbeträge einzutreiben

Lesedauer 2 Minuten

Forderungsmanagment bei Kleinstbeträgen übersteigen Einnahmen um ein Vielfaches

Um Kleinstbeträge durch Überzahlungen bei Hartz IV wieder einzutreiben, gibt die Bundesagentur für Arbeit mehr Geld aus, als dass die Behörde wieder eintreiben kann. Die Verwaltungskosten für das Eintreiben von Kleinstbeträgen übersteigen diese Forderungen bei weitem.

Müsste die Bundesagentur für Arbeit wirtschaftlich agieren, würde sie diesen Irrsinn einstellen. Doch in der Politik findet sich hierfür keine Mehrheit dafür. Denn die Verwaltungskosten, um Rückforderungen einzutreiben, sind exorbitant hoch und steigen immer weiter. Die Kosten bei kleineren und Kleinstbeträgen übersteigen regelmäßig die eigentlichen Rückzahlungen. Das zeigte eine Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Fraktion die Linke.

Bilanz nur bei großen Summen positiv

Im Jahre 2018 forderten die Jobcenter rund 3 Milliarden Euro zu viel gezahlter Sozialleistungen zurück. 807 Millionen wurden tatsächlich zurückgezahlt. Die Verwaltungskosten lagen bei etwa 233 Millionen Euro. Auf den ersten Blick ist die Bilanz gerade so noch positiv. Schaut man sich allerdings die Rückforderungsverfahren bei kleinen bzw. Kleinstbeträgen an, wird schnell deutlich, dass die Kosten zum Eintreiben bei weitem die Einnahmen übersteigen.

Im Berechnungszeitraum 2018 wurden 1,3 Millionen Rückzahlungsforderungen über Summen bis 100 Euro gestellt. Von den 56 Millionen Euro konnten 30 Millionen Euro erfolgreich eingenommen werden. Dem standen allerdings Verwaltungskosten von 72 Millionen Euro entgegen. Bei Rückforderungen von bis zu 50 Euro waren die Ausgaben für vier mal so hoch. Bei Kleinstbeträgen von bis 25 Euro waren die Kosten sogar etwa sieben mal höher, als die Einnahmen (Einnahmen 3,4; Verwaltung 24,5 Millionen Euro). Bei Kleinstbeträgen lagen die Forderungen der Jobcenter bei rund 12,50 EUR.

Bagatellgrenze könnte Irrsinn stoppen

Die Linke kritisiert schon längerer Zeit, dass keine Bagatellgrenze eingeführt wird. Wirtschaftlich und sozial mache es keinen Sinn, Kleinstbeträge mit Mahnverfahren einzuholen. “Bei den Ärmsten wird mehr Geld fürs Eintreiben von Minibeträgen ausgegeben, als reinkommt”, stellte Linke-Chefin Katja Kipping gegenüber der Deutschen Presse-Agentur fest. Es sei eine Gründlichkeit bei den Armen, die bei den Reichen fehle, die teilweise Steuerbetrug im großen Stile betreibe. Daher fordert die Partei die Einführung einer Bagatellgrenze zwischen 50 und 100 Euro.

Bundesregierung lehnt Bagatellgrenze ab

Bereits im Herbst letzten Jahres stellte die Linke einen Antrag auf Einführung einer solchen Grenze. Die Grünen schlossen sich dem Antrag an. Allerdings fand der Antrag keine Mehrheit. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hatte vor sechs Jahren bereits einen solchen Vorstoß erarbeitet, der allerdings kein Gehör fand. Auch die BA forderte zuletzt eine Bagatellgrenze.

Gründe einer Rückforderung

Zu einer Rückforderung kommt es, wenn das Jobcenter feststellt, dass es einem Hartz IV-Bezieher einen zu hohen Betrag überwiesen hat. Zu solch einer Überzahlung kann es zum Beispiel kommen, wenn ein Hartz IV-Bezieher einen Minijob annimmt, aber für den Monat bereits ALG II erhalten hat. Weitere Gründe, warum das Jobcenter Geld zurückfordert, können sein:

  • veränderte Wohnsituation
  • erhöhte Arbeitszeiten und damit erhöhter Lohn
  • die Rückerstattung von Steuern
  • vergessene Angaben
  • ausgezahltes Weihnachtsgeld