Immer wieder erreichen uns kuriose Forderungsschreiben an Hartz IV Bezieher. Ein neuer Fall aus dem Kreis Erlangen-Hรถchstadt lรคsst an dem Tun mancher Jobcenter zweifeln. Von einem aktuellen Fall berichtet der ehemalige Kreistagsabgeordnete und Nรผrnberger Ex-Stadtrat Konrad Eitel.
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Familien wandte sich hilfesuchend an Sozialberater
Eitel betreut ehrenamtlich Sozialleistungsbezieher. Eine Familie habe sich an ihn gewandt, weil das Jobcenter den Inkasso-Service der Bundesagentur fรผr Arbeit eingeschaltet hat. In dem Anschreiben werden ganze 5 Cent zurรผck gefordert.
โWarum diese fรผnf Cent gezahlt werden mรผssen, davon steht nichts in dem Briefโ, berichtet Eitel dem Portal “InFranken”. โDas Jobcenter konnte mir auch nicht weiterhelfen, da hieร es, der Fall sei erledigt, ich soll mich an die zustรคndige Inkassostelle wenden.โ
Wegen 5 Cent Inkasso eingeleitet
In dem Schreiben droht der Recklinghausener Inkasso-Service der Bundesagentur fรผr Arbeit der Familie, die auf Hartz IV Zahlungen angewiesen ist, “mit weiteren Schritten”. Eitel vermutet, dass es sich dabei um eine รberzahlung handelt. “Das ist ja keine unรผbliche Sache”, so Eitel. Wie es weitergeht, weiร der ehrenamtliche Sozialberater nicht.
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Eines ist jedoch gewiss. Wegen 5 Cent sogar den Inkasso-Dienst einzuschalten, sei total unwirtschaftlich. Unternehmen wรผrden wegen solchen Kleckerbetrรคgen nie so einen bรผrokratischen Aufwand betreiben, so Eitel.
Aufgrund des Briefes wandte sich der Sozialberater an Walter Nussel, den Bรผrokratiebeauftragter der Bayerischen Staatsregierung.
Papieraufwand der Behรถrden nimmt eher zu als ab
โDas setzt dem Ganzen die Krone auf, der Papierverschleiร nimmt in den รmtern eher zu als abโ, รคrgert sich Eitel. โEs heiรt immer, die Verwaltung hรคtte kein Personal, die kommen nicht nach und dabei wird intern unnรถtigerweise Bรผrokratie aufgebaut.โ
Jobcenter weist Schuld von sich
Das zustรคndige Jobcenter erklรคrte, dass man so handeln mรผsse. Seit Jahren wรผrde man sich aber fรผr Bagatellgrenze aussprechen, betonte ein Sprecher. โWir sehen auch den Aspekt der Wirtschaftlichkeit, eine Bagatellgrenze wรผrde auch uns helfen. Aber es gibt bisher keine Verlautbarungen zu diesem Thema aus der Politik.โ
Bundesagentur gibt mehr Geld fรผr Rรผckforderungen aus, als sie einnimmt
Jedes Jahr aufs Neue vermeldet die Bundesagentur fรผr Arbeit eine Steigerung bei den Ausgaben fรผr den Verwaltungsapparat.
So wurden beispielsweise 72 Millionen Euro nur dafรผr verwendet, um rund 30 Millionen Euro รberzahlungen per Mahnverfahren wieder einzuholen. Jedes normale Unternehmen wรผrde diese offensichtliche Diskepanz erkennen und gegensteuern.
Dabei geht es nicht nur um Minimalbetrรคge, sondern auch um โein paar Euroโ. Aber selbst dann รผbersteigen die Kosten zur Eintreibung ein Vielfaches die Forderungen.
Politik fordert sinnvolle Bagatellgrenzen
Die Linke kritisiert schon lรคngerer Zeit, das Fehlen einer sinnvollen Bagatellgrenze. Wirtschaftlich und sozial mache es keinen Sinn, Kleinstbetrรคge mit Mahnverfahren einzuholen. โBei den รrmsten wird mehr Geld fรผrs Eintreiben von Minibetrรคgen ausgegeben, als reinkommtโ, stellte Linken-Politikerin Katja Kipping fest.
Es sei “eine Grรผndlichkeit bei den Armen, die bei den Reichen fehlt, die teilweise Steuerbetrug im groรen Stile betreiben”. Daher fordert ihre Partei die Einfรผhrung einer Bagatellgrenze zwischen 50 und 100 Euro.
Achtung bei Mahngebรผhren
Hartz-IV Bezieher zahlten รผber Jahre hinweg rechtswidrige Mahngebรผhren an die Bundesagentur fรผr Arbeit (BA) in Nรผrnberg. Das urteilte das Bundessozialgericht in Kassel mit dem Aktenzeichen: AZ: B 14 AS 54/10 R. Konkret geht es hierbei um Mahngebรผhren bei zu viel gezahlten Hartz IV-Leistungen, wenn Betroffene das Geld nicht in dem von der BA vorgegeben Zeitraum zurรผckzahlen. (Bild: BillionPhotos.com โ fotolia)