Gericht verurteilte einen Arbeitslosengeld II Bezieher zu einer Geldstrafe aufgrund eines Mitschnitts im Jobcenter
19.04.2012
Ein Hartz IV-Bezieher hatte im Jobcenter ein Gespräch mit einem Sachbearbeiter heimlich mitgefilmt, um über die Behörden-Zustände die Öffentlichkeit zu informieren. Das Amtsgericht Würzburg verurteilte daraufhin den Betroffenen zu einer Geldstrafe in Höhe von 700 Euro. Aufzeichnungen von Behördengespräche ohne Wissen des Fallmanagers sei rechtswidrig, so das Gericht.
Mittels einer Mini-Kamera in einer Aktentasche hat ein Hartz IV-Bezieher aus Würzburg ein Gespräch im hiesigen Jobcenter mitgefilmt und den Mitschnitt im Anschluss an eine Zeitung, einen Fernsehsender und an das Sozialgericht geschickt. Weil das Sozialgericht die unerlaubte Aufzeichnung der Behörde mitteilte, musste sich 31jährige erwerbslose Informatiker aufgrund einer "Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes" vor Gericht verantworten.
Geheime Kamera auf dem Schreibtisch in der Aktentasche
Vor dem Amtsgericht erklärte der Beklagte, dass ihm bewusst gewesen sei, dass die Aufnahmen rechtswidrig waren. Seit einiger Zeit habe er sich aber durch die Behörde „ungerecht behandelt und hilflos gefühlt“. Daher habe er nach Möglichkeiten gesucht, um die Öffentlichkeit über die mangelnde Unterstützung und schleppende Zahlungsbereitschaft des Jobcenters aufzuklären. Während des Gespräches mit dem Fallmanager hatte er hierfür eine geheime Kamera auf den Schreibtisch des Behördenmitarbeiters postiert. Zu sehen war auf dem Film allerdings der Sachbearbeiter nicht, sondern nur ein Berg von Aktien, so dass nur das gesprochene Wort mitgeschnitten wurde.
Darlehen wurde abgelehnt
Im Verlauf des „Beratungsgespräches“ beantragte der Mann ein Darlehen in Höhe von 600 Euro, um eine Unterstützung für seine geplante Selbstständigkeit zu erhalten. Stattdessen gewährte die Behörde nur 250 Euro. Zu wenig, um den Einstieg zu schaffen, wie der Angeklagte betonte. Somit habe die Behörde ihm „die letzte Chance zu Ausstieg aus Hartz IV vermasselt“. Ein Auftrag als Online-Dozent hätte deshalb nicht geklappt, weil die Schulden für Strom und Internet von dem Mann nicht mehr bezahlt werden konnten und eine Stromsperre drohte. Das Darlehen sollte dazu dienen, um die Schulden zu begleichen und den Auftrag zu erfüllen.
Für die Richter galten diese Argumente nicht. Das Amtsgericht verurteilte den Mann zu 35 Tagessätzen a 20 Euro (700 Euro). Er könne die Tagessätze auch abarbeiten, erklärten die Richter. Denn eine unerlaubte und heimliche durchführte Aufzeichnung erfüllt den Tatbestand der „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“, so das Gericht.
Gegenüber dem Gericht erklärte ein Beamter, der Beklagte würde viele Mitarbeiter „beschäftigen“ und sei daher „Amtsbekannt“. Gegen alle Entscheidungen setze sich der Mann mit Rechtsmitteln zur Wehr und beschwere sich oft beim Landrat. Immer wieder sei es deshalb zu „Meinungsverschiedenheiten“ gekommen. Eine Handlungsweise, die offensichtlich von Amtswegen nicht gern gesehen wird, wenn Betroffene sich zur Wehr setzen. (sb)
Bild: Rainer Sturm / pixelio.de
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