Bundesagentur für Arbeit setzt auf „Maulkorb“, statt freier Berichterstattung. Erwerbslosen Forum Deutschland und Initiative gegen-hartz.de sehen durch neu geschaffenen Themendienst der BA objektive und journalistisch aufbereitete Berichterstattung in Gefahr
Nürnberg – Die Bundesagentur für Arbeit kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Nach dem Datendesaster ihrer Online-Jobbörse und dem völlig unzureichenden Sozialdatenschutz von Harzt-Beziehern, setzt sie nun lieber gleich auf eigene vorgegebene Berichterstattung, die von den Medien benutzt werden kann. Bedingung: Unveränderte Übernahme der Texte und Fotos!. Die BA preist ihre Neuerung als „Professionelle PR-Arbeit“. Die Initiativen Erwerbslosen Forum Deutschland und gegen-hartz.de hingegen als „Professioneller Maulkorb“. Mit ihrem neu geschaffenen Themendienst setzt die Ba bewusst auf die Schwachstellen zahlreicher Medien, die mangels Zeit und Personal gern professionell zusammengestellte Artikel von Nachrichtenagenturen übernehmen. Die Bundesagentur wird Nachrichtenagentur in eigener Sache und das ist Neu!.
So verkündete die Bundesagentur für Arbeit heute in einer Pressemitteilung, mit dem neuen Themendienst wird Journalisten und Agenturen ein besonderes kostenloses Angebot offeriert. "Die Artikel werden von erfahrenen Journalisten aufbereitet und liegen im Regelfall in zwei unterschiedlichen Längen vor. Die dazu gehörenden Fotos werden ebenfalls von professionellen Fotografen erstellt. Artikel und Fotos liegen auf der Internetseite in druckfähiger Qualität vor. Der Service ist kostenlos und kann von allen Medien uneingeschränkt – unter Beachtung der Nutzungsbedingungen und nach einer einfachen Registrierung – genutzt werden." (1)
Spätestens in den Nutzungsbedingungen wird der „Maulkorb“ für Medien offenbar.. "Die Artikel und ihre Bestandteile (Text, Textteile, Fotos) dürfen nicht bearbeitet werden, insbesondere dürfen keine eigenen Texte, Fotos oder sonstige Ergänzungen hinzugefügt werden…" (2) Obwohl der Pressekodex die Recherche als unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt nennt, setzt die BA auf "Friss oder Sterbe". Der Leser soll nicht erkennen, dass es sich um eine aufbereitete PR-Meldung einer staatlichen Behörde handelt und somit einseitige Meinungsbildung betrieben wird.
Bereits die "politische Schleichwerbung" des Bundesfamilienministeriums sorgte bei Einführung des Elterngeldes für heftige Kritik
Die Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen kritisierte damals die PR Arbeit des Bundesfamilienministeriums als "unzulässige Schleichwerbung". Nach dem Rundfunkstaatsvertrag seien solche "als journalistisch getarnten Beiträge verboten". Auch der Journallistenverband reagierte mit Empörung. Dessen Vorsitzender Michael Konken sprach damals von „eindeutiger politischer Propaganda". „Dies hindert die BA jedoch nicht an einer Neuauflage der „eindeutig politischen Propaganda“. Es geht um Einflussnahme und Darstellung eines positiven Bildes der Arbeitsagentur. Diese hat schon länger einen Imageschaden, der aber nicht die Folgen von Berichterstattungen ist, sondern auf hausgemacht ist“, so Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland in Bonn.
Die Bundesagentur für Arbeit widersetzt sich bewusst staatlichen Vorgaben, um politische Einflussnahme in Form von Schleichwerbung vorzunehmen. "Hier soll die demokratische Meinungsbildung der Bürger außer Kraft gesetzt werden. Das ist mehr als Skandalös und erinnert an staatlicher Beeinflussung der Medien, die man so z. B. aus China kennt", sagte Sebastian Bertram von der Initiative "gegen-hartz.de" aus Hannover.
Das Erwerbslosen Forum Deutschland sowie die Initiative gegen-hartz.de fordern die Bundesagentur für Arbeit dazu auf, diesen "besonderen Pressedienst" entweder einzustellen, oder in den Nutzungsbedingungen eine nachträgliche Bearbeitung durch Journalisten zu gestatten. (Abdruck und Verwendung frei, 02.11.2009)
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