Hartz IV Bezieher werden in den Jobcentern diskriminiert – Bundesregierung sieht keinen Handlungsbedarf

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Diskriminierung in den Jobcentern: Bundesregierung sieht trotz Notwendigkeit keinen Handlungsbedarf

Laut einer reprรคsentativen Umfrage werden Hartz IV Bezieher in den Jobcentern und Arbeitsagenturen diskriminiert. Trotz eindeutiger Ergebnisse sieht die Bundesregierung keinen Handlungsbedarf. Das ergeht aus einer kleinen Anfrage der Fraktion “Die Linke” im Bundestag.

Zahlreiche Schicksale, die eine breitere ร–ffentlichkeit erreichten, belegen, dass Hartz IV Beziehende teilweise massiv in den Jobcentern diskriminiert werden. Wer Leistungen nach dem SGB II beantragt, muss hochsensible Daten รผber sich offenlegen. Aus Sicht der Forschung sind daher Jobcenter und Arbeitsagenturen anfรคllig fรผr diskriminierendes Verhalten. Da aber die Behรถrdenmitarbeiter รผber lebenssichernde Leistungen entscheiden, ist hier ein besonderer Schutz vor Diskriminierungen notwendiger, als in anderen Behรถrden.

Defizite beim Diskrimierungsschutz in den Jobcentern

Ein Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADB) zeigte, dass zum Teil eklatante Defizite beim Diskrimierungsschutz in den Jobcentern besteht. In einer reprรคsentativen Umfrage zum Thema Diskriminierung in Behรถrden wurden Jobcenter am hรคufigsten genannt. Daher empfahl der ADB die Einrichtung einer unabhรคngigen und neutralen Beratungs- und Meldestelle fรผr Hilfesuchende.

Die Fraktion “Die Linke” im deutschen Bundestag wollte nun wissen, ob die Bundesregierung die Empfehlungen der hauseigenen Antidiskriminierungsstelle nun umsetzen wolle. In der Antwort war jeodch zu lesen, dass derzeit existierende MaรŸnahmen ausreichend seien. Die Einrichtung einer unabhรคngigen Beschwerdestelle sei demnach nicht geplant. Die Regierung verwies auf bestehende MaรŸnahmen wie dem “Diversity Management” der Bundesagentur fรผr Arbeit (BA). In diesem Programm werden Mitarbeiter der Jobcenter intern geschult. Zudem existiere das Kundenreaktionsmanagement. Hier sollen sich “Kunden” beschweren kรถnnen, Kritik und Lob รคuรŸern.

MaรŸnahmen reichen nicht aus

Die Linke bewertet die bestehenden MaรŸnahmen als nicht ausreichend. Denn das Risiko dass โ€žeingereichte Beschwerden vom lokalen, internen Beschwerdemanagement pauschal zurรผckgewiesen werden, z. B. aus Solidaritรคt unter Kolleginnen und Kollegenโ€œ, sei sehr hoch. Das aber sei “nicht relevant”, entgegnet die Bundesregierung. Das Kundenreaktionsmanagement bilde keine gemeinsame organisatorische Einheit mit der Leistungsabteilung. Was aber ist, wenn die Trรคgerschaft rein kommunal ist? Darรผber โ€žliegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor.โ€œ

Zudem hรคtten Hartz IV Beziehende die Mรถglichkeit formlose Beschwerden, Widersprรผche gegen Bescheide und schlieรŸlich auch Klagen einzureichen, so die Bundesregierung. Diese Mรถglichkeiten sind zwar erfolgreich und empfehlenswert, sie sind aber auch mit einem hohen zeitlichen und bรผrokratischem Aufwand verbunden. Das eine Notwendigkeit besteht, Diskriminierungen zu entgegnen, zeigt sich auch an dem hohen Widerspruchs- und Klageaufkommen, entgegnet die Linke. Zudem setzen diese Mรถglichkeiten ein vollstรคndiges Wissen vorraus. Viele Menschen scheuen auรŸerdem den Weg gegen eine Behรถrde aktiv zu werden, weil sie weitere Benachteiligungen fรผrchten und den Sachbearbeiter nicht verรคrgern wollen.

Kundenreaktionsmanagement dokumentiert fast keine Beschwerden

Auffรคllig ist zudem, dass zwischen 2013 und 2019 bislang nur 31 Beschwerden aufgrund von Diskriminierungen beim Kundenreaktionsmanagement dokumentiert sind. Nur diese Fรคlle wurden als “begrรผndet” abgeschlossen. Obwohl Umfragen und gehรคufte Berichte รผber Drangsalierungen ein anderes Bild zeichnen, finden diese beim Kundenreaktionsmanagement defacto nicht statt. “Ein Schelm, der dabei bรถses denkt.”