Hartz IV-Bezieher werden aus teuren Wohngegenden verdrängt

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Immer weniger Betroffene von Sozialleistungen können sich Wohnungen in Küstenorten leisten, weil die Mieten zu stark steigen und die Jobcenter häufig falsche Bemessungen der „Angemessenheit“ der Kosten der Unterkunft vornehmen. Das berichtet der NDR aus Schleswig-Holstein.

Gesonderte Bemessung von Hartz IV-Mietkosten in teuren Wohngegenden fehlt

In vielen Städten gibt es historisch gewachsene Arbeiterviertel, in denen oftmals bis heute weniger Wohlhabende leben. Insbesondere in touristischen Regionen gibt es jedoch innerhalb eines Vergleichsraums häufig punktuell sehr teure Mieten, während am Stadtrand oder in einer umliegenden Gemeinde die Wohnkosten vergleichsweise niedrig sind. So kommt es zu einer Armutswanderung. Menschen, die sich die hohen Mieten nicht leisten können, wandern in die angrenzenden Regionen mit geringeren Lebenshaltungskosten ab. Es kommt zu einer einkommens- bzw. vermögensbasierten Segregierung.

Der NDR berichtet von Fällen in Schleswig-Holstein, wo dies der Fall ist. Das Ostseebad Eckernförde werde vom kommunalen Jobcenter bzw. Landratsamt in der selben Kategorie wie die kleinen Orte im Hinterland des Kreises bemessen. Im Kreis Dithmarschen sei bisher sogar kreisweit ein pauschaler Mietsatz gezahlt worden. Wenn die tatsächlichen Mietkosten den als „angemessen“ angesehenen Kostenpunkt überschreiten, müssen Betroffene von Hartz IV die verbleibenden Kosten aus ihrem Regelsatz bezahlen. Und der ist bekanntlich ohnehin sehr knapp bemessen.

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Pauschale Hartz IV-Mietkostenberechnung ist unzulässig

Im Kreis Rendsburg-Eckernförde werden Mietkosten auf Grundlage einer von einer Agentur erstellten Angemessenheitsliste, die sich an den Dörfern im Binnenland orientiert, teure Mieten in der Stadt vom Jobcenter nicht übernommen, obwohl dort die Mieten stetig steigen. Doch die Betroffenen wehren sich und zwar mit Erfolg. Mehrere hundert Menschen in Hartz IV klagen gegen die pauschale Kostengrenze. Sogar vor dem Bundessozialgericht gab es erste Erfolge.

„Unser Grundgesetz verbietet es, Menschen aus bestimmten Gebieten herauszuhalten. Wir haben eine Niederlassungsfreiheit und die Freizügigkeit. Aber die aktuelle Regelung könnte faktisch dazu führen, dass finanzschwache Menschen sich schlicht den Wohnraum in den Küstenorten nicht mehr leisten können und dadurch dann aus diesen Regionen verdrängt werden“, sagte Anwalt Dirk Audörsch und warf den Jobcentern vor, mit ihrer Praxis die zu übernehmenden Kosten drücken zu wollen.

Bild: JFL Photography / AdobeStock

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