Hartz IV: BA-Kundenzufriedenheitsumfrage widerlegt

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Umfrage bei Erwerbslosen widerlegt offizielles Ergebnis der Bundesagentur für Arbeit. Die vom Erwerbslosenverein Tacheles e.V. durchgeführte „Kundenzufriedenheitsumfrage“ offenbart schwerwiegende Mängel an der Arbeit der Wuppertaler ARGE.

(18.05.2010) In dem soeben von Tacheles vorgelegten 33 seitigen Bericht werden die Ergebnisse einer Umfrage dargestellt, die im letzten Quartal 2009 und im Januar 2010 bei Arbeitslosengeld II Bezieher/ innen (Hartz IV) in Wuppertal durchgeführt wurde. Mit Hilfe eines 16 Fragen umfassenden Erhebungsbogens wurden 446 erwerbslose Personen größtenteils in den Geschäftsstellen der ARGE zu ihrer Zufriedenheit mit der Wuppertaler Hartz IV-Behörde befragt.

Bei der Bewertung der Gesamtzufriedenheit mit der Arbeit der ARGE lag die Durchschnittsnote aller Befragten bei 4,6. Das schlechteste Ergebnis bei dieser Frage erzielte die Geschäftsstelle 7 der ARGE in Oberbarmen (Schwarzbach) mit dem der Notendurchschnitt 5,4. Schlechte Noten gab es auch für den Umgangston und die telefonische Erreichbarkeit der ARGEMitarbeiter/ innen, die fachliche Beratung oder die Bearbeitungsdauer der Anträge. Weiter brachte die Umfrage zutage, dass zwei Drittel der Befragten bei der ARGE Wuppertal bereits Erfahrungen mit verloren gegangen Unterlagen gemacht hatten und dass über die Hälfte der Befragten die Wartezeit bis zur Ausstellung einer Eingangsbestätigung mit mangelhaft und ungenügend bewerteten. Die durch die Befragung ermittelten Missstände betreffen sowohl die allgemeine Situation in den Wuppertaler ARGE-Geschäftsstellen (z.B. Umgang und Wartezeit) als auch den Bereich der materiellen Existenzsicherung (z.B. Beratung/Unterstützung und Bearbeitungsdauer von Anliegen).

„Die Befragung legt insgesamt grundlegende strukturelle Mängel bei der Verwaltung der 46.500 Wuppertaler Hartz IV-Bezieher/innen offen, die für eine Sozialverwaltung untragbar sind und dringend beseitigt werden müssen,“ äußert Frank Jäger, der die Untersuchung von Tacheles leitete. „Dem kann man nur mit einer ausreichenden personellen Ausstattung mit unbefristet eingestellten Mitarbeiter/innen und einer besseren, kontinuierlicheren Schulung des Personals beikommen.“ Neben einer qualifizierten fachlichen Aufklärung und Beratung der Leistungsbeziehenden fordert Tacheles die Erreichbarkeit der Mitarbeiter/innen zu verbessern und die Bearbeitungsdauer von Anträgen zu verkürzen. Des Weiteren sei die verzögerte Auszahlung der Leistung und der Schwund von eingereichten Schreiben einzudämmen. „Außerdem bleiben wir bei unserer langjährigen Forderung, dass endlich Poststellen geschaffen werden, in denen schnell und unbürokratisch Schreiben und Belege entgegengenommen und entsprechende Eingangsbestätigungen ausgestellt werden können. Das wäre ein bedeutender Zugewinn an Rechtssicherheit für Erwerbslose“, erläutert Jäger.

Des Weiteren legt die Tacheles-Erhebung gravierende Unterschiede zu den Ergebnissen einer offiziellen bundesweiten Befragung offen, die die Bundesagentur für Arbeit (BA) regelmäßig bei Leistungsbezieher/innen durchführt. Dass die Ergebnisse der Behördenumfrage wesentlich positiver für die ARGE ausfallen, führt der Verein auf unzulässige Untersuchungsmethoden zurück. „Wir bemängeln vor allem, dass die telefonische Datenerhebung durch Mitarbeiter/innen der BA eben nicht die erforderliche Anonymität und Unbefangenheit der Befragten gewährleistet, damit diese in einer unbelasteten Befragungssituation ehrliche und unbeeinflusste Antworten geben“, erläutert Frank Jäger. „Diese Voraussetzung wäre nur erfüllt, wenn die Befragung durch ein unabhängiges Institut mit einem anonymisierten Verfahren durchgeführt würde.“ Der Verein fordert daher die Bundesagentur auf, diese für die Qualitätssicherung zentralen Kennzahlen im Rahmen einer aussagekräftigen unabhängigen Untersuchung zu ermitteln. „Anderenfalls werden die tatsächlichen Zustände in den ARGEn und Jobcentern mit einer manipulierten Statistik verschleiert“, konstatiert Jäger.

Dass ein starkes Bedürfnis an der Offenlegung der Situation in den Hartz IV-Behören besteht, wird durch das Interesse bestätigt, das die Tacheles-Umfrage hervorgerufen hat. „Unsere unabhängige ‚Kundenzufriedenheitsumfrage’ dient inzwischen als Vorlage für vergleichbare Untersuchungen, die von mehreren Organisationen im Bundesgebiet durchgeführt werden“, berichtet Jäger. „Die größte davon wird vom Diakonischen Werk in Bayern organisiert.“ Durch die nun vorliegenden Ergebnisse erhofft sich Tacheles ein gesteigertes Problembewusstsein bei den Verantwortlichen und der Öffentlichkeit. Die Untersuchung zeigt einmal mehr, dass die offen gelegten Verwaltungsmängel und die insgesamt schlechte Bewertung der ARGE Wuppertal nicht mit Verweis auf „bedauerliche Einzelfälle“ abgetan werden können. Dessen ungeachtet rät der Verein den betroffenen Erwerbslosen, sich künftig bei Behördenfehlern schriftlich zu beschweren und sich bei Problemen mit der ARGE an die Sozialberater/innen des Vereins oder eine andere kompetente Beratungsstelle zu wenden. (Frank Jäger, Tacheles e.V.)