Hartz IV: Arbeitsministerium dementiert eigene Weisung

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Eiliges Dementi: “Wir schlieรŸen das aus”

Wie wir berichteten erarbeitet das Arbeitsministerium in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur fรผr Arbeit derzeit eine addierte Snktionspraxis bei Hartz IV. Laut eines Entwurfs einer internen Weisung an die Jobcenter, sollen kรผnftig Sanktionen miteinander addiert werden kรถnnen, wenn unterschiedliche Vergehen aufeinander treffen. Wรผrde die Weisung so umgesetzt werden, kรถnnten Hartz IV Bezieher auch von mehr als 30 Prozentigen Leistungskรผrzungen innerhalb von 3 Monaten betroffen sein.

Eiliges Dementi

Eilig dementierte das Bundesarbeitsministerium heute morgen die Planungen, obwohl sie in dem Entwurf eindeutig fixiert wurden. “Wir schlieรŸen das aus”, sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Berlin. Man will nunmehr verhindern, dass es in der ร–ffentlichkeit zu “weiteren Missverstรคndnissen kommt”. Der Arbeitsminister Hubertus Heil wolle das Urteil des Bundesverfassungsgericht umsetzen. Er schlieรŸe aus, “dass kรผnftig innerhalb eines Monats mehr als 30 Prozent sanktioniert werden darf”. Eine Weisung hierzu soll es am Freitag geben. Fachkundige und Betroffene wissen allerdings, dass Sanktionen nicht nur einen Monat, sondern drei Monate andauern.

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Kumulative Sanktionen

Neben anderen Medien hatten wir berichtet, dass die Bundesagentur fรผr Arbeit sowie das Arbeitsministerium derzeit damit befasst sind, eine neue Weisung zu den Sanktionen im Hartz IV System zu verfassen. Der erste Entwurf sieht vor, dass kumulierte Sanktionen auch รผber 30 Prozent mรถglich seien, wenn es sich um unterschiedliche VerstรถรŸe handelt. Das Bundesverfassungsgericht urteilte jedoch eindeutig, dass die Leistungen bei Pflichtverletzungen nicht mehr als um 30 Prozent gesenkt werden dรผrfen. Hรถhere Kรผrzungen um 60 oder gar 100 Prozent seien nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

In dem Weisungsentwurf steht in Randziffer 31.34: โ€œBei kumulativer Verletzung von Pflichten nach Paragraf 31 und 32 laufen die Minderungen parallel ab, das heiรŸt, die Minderungsbeitrรคge werden in รœberschneidungsmonaten addiert.โ€ รœbersetzt bedeutet dies, dass Sanktionen aufgrund der Ablehnung eines Jobangebots auch mit einem versรคumten Meldetermin addiert werden kรถnnte. So entstรผnde eine 30 Prozentige Kรผrzung aufgrund der Ablehnung eines Jobs, die mit einer Kรผrzung aufgrund eines geplatzten Meldetermins von 10 Prozent auf 40 Prozent hinzugerechnet werden kรถnnte.

Gutscheine bei Sanktionsaddierung

Ein weiteres “Geschmรคckle” ist die Tatsache, dass Sachleistungen und Wertgutscheine trotz erheblicher verfassungsrechtlicher Bedenken von Seiten des Bundesverfassungsgericht dennoch weiterhin mรถglich sein sollen. Die Verfassungsrichter hatten bemรคngelt, dass hierauf kein verbindlicher Anspruch besteht. Nunmehr sollen die Gutscheine wieder ausgegeben werden, wenn aufgrund von Addieren mehrer Sanktionen Leistungskรผrzungen um 50 und mehr Prozent gekรผrzt werden (Weisungsentwurf Rz 31.37).

Kritik von Seiten der Opposition

Der grรผne Bundestagsabgeordnete Sven Lehmann twitter: “Das Ministerium scheint den Schuss nicht gehรถrt zu haben. Wie kann man bitte das Urteil des Verfassungsgerichtes so sehr nach unten ausreizen? Wir brauchen endlich Sanktionsfreiheit in der Grundsicherung! Alles andere ist wรผrdelos + bรผrokratisch.”

“Die BA will mit den geplanten Weisungen, die vom Verfassungsgericht auf 30 Prozent begrenzten Sanktionen aushebeln. Tacheles verurteilt diesen Versuch, Leistungskรผrzungen in das unverfรผgbare Existenzminimum hinein aufrecht zu erhalten, auf das Schรคrfste. Deshalb schlagen wir Alarm und fordern die BA auf, sich an die Vorgaben des BVerfG zu halten und diese zeitnah mit AugenmaรŸ umzusetzen”, kritisierte Harald Thomรฉ vom Erwerbslosenverein Tacheles.