Eine Erwerbsminderungsrente bekommen Rentenversicherte, die nicht mehr voll arbeiten können. Durch die Zurechnungszeit werden ihre Zeiten berechnet, als ob sie voll gearbeitet hätten.
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Fünf Jahre Wartezeit und geminderte Leistung
Um eine solche Rente beziehen zu können, muss man fünf Jahre Wartezeit bei der Rentenversicherung nachweisen, also Beiträge gezahlt haben.
Eine Ausnahme ist es, wenn die Erwerbsminderung durch einen Arbeitsunfall oder durch eine Berufskrankheit entstand. Dann reicht bereits ein einmaliger Beitrag in die Rentenkasse.
Wenig Beiträge, wenig Rente?
Ein Problem gerade für Betroffene, die in jungen Jahren erwerbsgemindert werden, ist die kurze Beitragszeit. Das deutsche Rentensystem basiert im Kern auf einer Umlage.
Das bedeutet vereinfacht gesagt: Je länger jemand Beiträge einzahlt, und je höher diese sind, desto höher ist die (Alters-) Rente.
Für Erwerbsgeminderte würde das heißen: Kurze Wartezeiten führen zu kleinen Renten. Um dies auszugleichen gelten bei Erwerbsminderungsrenten sogenannte Zurechnungszeiten.
Zwischen Erwerbsminderung und Regelaltersgrenze
Die Höhe einer Erwerbsminderungsrente richtet sich zum einen nach der realen Arbeitszeit, die die Betroffenen bis zu ihrer Erwerbsminderung erfüllten.
Zudem gilt für die Phase zwischen dem Eintritt der Erwerbsminderung und der Regelalterszeit eine Zurechnungszeit. Sie werden also für diese Zeit von der Rentenversicherung behandelt, als hätten sie normal als versicherter Arbeitnehmer gearbeitet.
Das Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetz von 2018 verlängerte das Ende der Zurechnungszeit für den Rentenbeginn 2019 auf ein Alter von 65 Jahren und acht Monaten. Seitdem verlängert sie sich bis zum 67. Lebensjahr im Jahre 2031.
Der Rentenzuschlag
Wer mit seiner Erwerbsminderungsrente zwischen Beginn 2001 und Ende 2018 startete, bekommt ab Juli 2024 einen Zuschlag.
Beim Renteneinstieg zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 30. Juni 2014 liegt dieser bei 7,5 Prozent, bei Rentenbeginn zwischen Juli 2014 und 31. Dezember 2018 sind es 4,5 Prozent.
Was bringt die Zurechnungszeit
Diese Zurechnungszeit bedeutet bares Geld, und das jeden Monat. Wer 2023 zum ersten Mal eine Rente wegen Erwerbsminderung bezog, bekam im Schnitt 1001 Euro, und damit 51 Euro mehr als diejenigen, die im Jahr zuvor in diese Rentenform einstiegen.
Das ist zwar nicht gerade bombastisch, deutlich werden die Unterschiede aber, wenn wir einige Jahre weiter zurückgehen. So lag der Schnitt für neue Erwerbsrentner 2013 um rund 390 Euro niedriger als 2024.
In den letzten elf Jahren stieg der Schnitt der Erwerbsminderungsrente also um mehr als ein Drittel.
Verlängerte Zurechnungszeiten
Bezieher von Erwerbsminderungsrenten gehören nach wie vor zu den besonders von Armut bedrohten Gruppen der Gesellschaft. In den letzten Jahren wurde diese Rentenform jedoch aufgewertet.
So wurden seit 2019 die Zurechnungszeiten erheblich ausgeweitet. Bereits ab 2019 ausgezahlte Erwerbsminderungsrenten lagen deutlich höher als in den Jahren zuvor.
2023 erhöhte sich dann die Rentenhöhe bei Neurentnern im Schnitt um mehr als zwölf Entgeltpunkte, und dies lag an der verlängerten Zurechnungszeit.
Knapp 500 mehr auf dem Konto
Der Rentenanwalt Peter Knöppel hat konkret ausgerechnet, was das unterm Strich an Plus bedeutet.
Zum Juli 2024 lag der Rentenwert bei 39,32 Euro für einen Entgeltpunkt. Bei 12,6 Entgeltpunkten mit 39,32 mal genommen, kommt Knöppel auf 495,4 Euro.
Das ist der Wert, um den die Erwerbsminderungsrente durch die verlängerte Zurechnungszeit steigt.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.