Eine Million Arbeitslose verschwunden

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Wie die Statistik Erwerbslose "verschluckt"

27.09.2017

Im Wahlkampf wurde immer wieder behauptet, dass sehr viel weniger Menschen erwerbslos seien, als noch vor zehn Jahren. Es bestünde geradezu ein "Jobwunder". Angela Merkel, Andrea Nahles, Detlef Scheele alle stimmen in den Kanon ein. Doch was ist tatsächlich dran an dieser Aussage?

Seit Mai 2017 wird eine Rekordzahl genannt: Nur noch 2,5 Millionen Menschen seien ohne Job. Seit 2005 habe die Koalition aus SPD un Union die Arbeitslosenzahlen halbiert. Noch vor zehn Jahren seien fünf Millionen Menschen arbeitslos gewesen. Doch die Erfolgsstory hat einen bitteren Nachgeschmack.

Nicht verschwiegen aber gut getarnt
Denn Arbeitslos sind im landläufigen Sinne zur Zeit mehr als eine Million Menschen mehr. Demnach sind es nicht 2,5 sondern 3,5 Millionen Menschen ohne Arbeit. Doch diese eine Million mehr, werden nur nicht so genannt, sondern tauchen in der Rubrik "Unterbeschäftigung" auf. Diese Unterrubrik ist intern bei der Arbeitsagentur immer unter den offiziellen Arbeitslosenzahlen zugeordnet. Darunter sind nämlich alle, die an sogenannten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wie Ein-Euro-Jobs, Bürgerarbeit, Bewerbungstrainings, Lehrgänge, Sprachkurse usw. teilnehmen.

Herausgerechnet werden zusätzlich auch die, die krank oder über 58 Jahre alt sind und Hartz IV beziehen (70.000 und 165.000). Das bedeutet, die Zahlen werden sehr wohl nicht verschwiegen, sondern einfach nur gut getarnt, damit offenbar eine größere Erfolgsmeldung daraus wird.

Die 3,5 Millionen Erwerbslose sind aber noch immer ein nicht ganz authentisches Bild der Situation. Es fehlen nämlich die, die sich aufgrund von Unsicherheit, Unwissen oder Angst vor dem Jobcenter nicht Arbeitslos melden oder ein Praktikum absolvieren. Die Arbeitsmarktforschung nennt diese Menschen "stille Reserve". Es sollen derzeit etwa 130.000 Betroffene sein.

Trotz aller Berechnungen bleibt dennoch ein "Erfolg" von rund 1,5 Millionen Menschen, die nicht mehr erwerbslos sind. Ein Erfolg ist das dennoch nicht. Wie viele wissen, entstand ein riesiger Niedriglohnsektor im Zuge der Reformierung von Zeitarbeit. Das bedeutet, viele Menschen müssen zu Hungerlöhnen- getrieben durch die Hartz IV Sanktionen- arbeiten. Bei nicht wenigen reicht es nicht einmal, um die Familie zu ernähren. Sie müssen trotz Mindestlohn mit Hartz IV Leistungen aufstocken. (sb)

Bild: Viacheslav Iakobchuk-fotolia