Die Folgen von Hartz IV: Mehr Armut und mehr Reichtum

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Die Bundesregierung hat kürzlich den Entwurf des sechsten Armuts- und Reichtumsberichts unter dem Titel „Lebenslagen in Deutschland“ vorgelegt. Der über 480 Seiten lange Bericht zeigt die Entwicklung der Vermögensverhältnisse in der Bundesrepublik. Und auch die Folgen der Hartz-Reformen.

Keine Wege aus der Armut: Die Ungleichheit wächst

Kernbefund des Berichts ist erneut die stärkere gesellschaftliche Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen. Die oberen 50 Prozent der Bevölkerung verfügten über 70 Prozent des Einkommens und über 99,5 Prozent des Gesamtvermögens. Während die „Mitte“ verschwindet, wächst die ungerechte Vermögensverteilung und damit die Anzahl der Menschen in den beiden Extremen Armut und Reichtum. Die oberen 10 Prozent verfügen über die Hälfte des Vermögens.

Der Vergleich der Untersuchungsintervalle ergibt außerdem, dass es kaum Mobilität zwischen den Gruppen gab. Zwei Drittel der Personen in der jeweiligen Gruppe waren auch in der aktuellen Auswertung noch in „Armut“ oder „Reichtum“.

„Sozialpolitisch bedeutsam ist, dass sich keine Aufstiegstypen aus ‚Armut‘ oder ‚Prekarität‘ finden ließen. Dies passt dazu, dass im unteren Bereich der Verteilung eine starke Verfestigung zu beobachten war und Mobilität dort eher durch Abstiege als durch Aufstiege gekennzeichnet war.“

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Das System Hartz IV zementiert Armut

Der Bericht zeigt außerdem die Folgen der Hartz-Reformen auf. Die Schwächung der Arbeitslosenversicherung und Auflösung der Arbeitslosenhilfe zugunsten der „Grundsicherung für Arbeitssuchende“, also Hartz IV, führte zu einer verstetigten Prekarisierung von Menschen in Arbeitslosigkeit.

Mitte der 90er Jahre war ein Drittel der Arbeitslosen noch in der „Mitte“ verortet. Schon 2015 waren es nur noch 10 Prozent. Der höchstmögliche Hartz IV-Bedarf liegt unter 800 Euro, während die Armutsrisikoschwelle bei mindestens 1.074 Euro liegt. Kein Wunder also, dass es keine Auswege aus der Armut gibt.

Auch der Anstieg der Wohnkosten schlägt stark zu Buche. Die 20 Prozent der Bevölkerung mit dem geringsten Einkommen geben mittlerweile ca. 40 Prozent ihres Einkommens für Wohnen aus – mehr als doppelt so viel wie der Durschnitt!

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Vernachlässigung in der Corona-Pandemie

Menschen in Grundsicherung blieben die längste Zeit der Corona-Pandemie von finanziellen Hilfen vollkommen unberücksichtigt. Daran ändern auch punktuelle Zuschüsse, die ein Jahr nach Beginn der pandemie ausgezahlt werden, nichts.

Der Bericht macht deutlich, dass die finanziellen Folgen der Pandemie unter anderem durch Steigerung der Lebenshaltungskosten, einen höheren Bedarf an Energiekosten und Hygienemitteln die unteren Einkommensbereiche logischerweise viel härter treffen. Der bericht schätzt, dass etwa 15,5 Millionen Haushalte von Einkommensrückgängen betroffen sind. Bild: frittipix / AdobeStock