Der Bundesrat sollte รผber den Antrag entscheiden, wegen der deutlich gestiegenen Verbraucherpreise die Grundsicherung fรผr einkommensschwache Menschen wรคhrend der Corona Pandemie zu erhรถhen. Dieser Antrag, den die Bundeslรคnder Thรผringen und Berlin eingebracht hatten, wurde geschlossen mit den Stimmen von SPD, CDU und CSU abgelehnt, die FDP enthielt sich mehrheitlich.
Infolge dessen mรผssen nun die Ausschรผsse des Bundesrates fรผr Arbeit, Soziales und Integration, sowie der Finanz- und Innenausschuss auf unbestimmte Zeit darรผber beraten, ob und mit welcher Empfehlung der Antrag erneut dem Bundesrat vorgelegt wird.
Groรes Bรผndnis fรผr Zuschlag
Vorausgegangen war diesem Antrag die Forderung eines bundesweiten Bรผndnisses aus namhaften Personen und Organisationen nach einer solche Leistungserhรถhung, darunter der Deutsche Gewerkschaftsbund, Deutscher Kinderschutzbund, Deutsches Kinderhilfswerk, Diakonie Deutschland, Katholische Arbeitnehmerbewegung uvm.
Tausende stellten Antrag auf Mehrbedarf
Vergeblich haben auch bereits bundesweit tausende Bedรผrftige bei den Jobcentern Antrรคge auf Mehrbedarf wegen der Corona-Pandemie gestellt, die mit sinnfreien Begrรผndungen abgelehnt wurden und werden, dass der Bedarf fรผr Mund-Nase-Schutzmasken bereits im Regelsatz enthalten sei, oder es keine relevanten Preissteigerungen gรคbe.
Dass es diese Preissteigerungen gab und gibt ist indes unbestreitbar belegt. Auch der monatliche Mehrbedarf aufgrund der von Bund und Lรคndern geforderten Schutz- und Hygienemaรnahmen dรผrfte kaum zu leugnen sein.
25 Prozent Preissteigerungen
Laut aktuellen Erhebungen vom Mai 2020 sind die Kosten fรผr regelbedarfsrelevante Grundnahrungsmittel gegenรผber dem Vor-Pandemie-Niveau mittlerweile zwischen 25% (Brot, Brรถtchen, Obst, Gemรผse etc.) und 40% (u.a. Fleisch- und Wurstwaren) gestiegen. Zudem sind die Preissteigerungen nicht auf Nahrungsmittel beschrรคnkt.
Sogar Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil hat diese Preissteigerungen eingerรคumt, gleichzeitig jedoch damit verharmlost, dass diese ja mit dem Ende der Pandemie wieder rรผckgรคngig gemacht wรผrden. Fragt sich nur, durch wen.
Da diese Preiserhรถhungen auf eine, auf Dauer verรคnderte, Weltwirtschaftslage zurรผckzufรผhren sind, dรผrften diese jedoch keineswegs nur kurzfristig, geschweige denn rรผckgรคngig zu machen sein.
Zwei Jahre Preissteierungen
Auch bei der Annahme einer โ unter diesen Umstรคnden wenig realitรคtsnahen โ spรคteren Preisnormalisierung auf Vor-Pandemie-Niveau bleibt der aktuelle Mehrbedarf wรคhrend der Krise ungedeckt. Das scheint Herr Heil ebenso vergessen zu haben wie den Fakt, dass die Pandemie lt. WHO mindestens zwei Jahre andauern wird. Das sind zwei Jahre Preissteigerungen und laufende Mehrbedarfe, die da so einfach mal ignoriert werden.
Offenbar begreift die Regierung die aktuelle Pandemie nicht nur als Rechtfertigung dafรผr, die Grundrechte auf Freizรผgigkeit einzuschrรคnken, sondern auch das Sozialstaatsgebot auรer Kraft zu setzen. Anders ist es nicht zu erklรคren, dass sie die Rechtsprechung des hรถchsten deutschen Gerichts, dem Bundesverfassungsgericht, einfach ignoriert. Dieses hatte bereits 2014 gefordert, dass auch kurzfristige Preiserhรถhungen fรผr regelbedarfsrelevante Gรผter vom Gesetzgeber unmittelbar zu berรผcksichtigen sind (vgl. 1 BvL 10/12).
Die Taktik heiรt Aussitzen
Die โ verfassungswidrige und menschenverachtende โ Taktik des von SPD- und CDU-dominierten Bundesrates, die gerade erst begonnene Pandemie hinsichtlich der drรคngenden Entscheidung รผber eine notwendige und verfassungsrechtlich gebotene Leistungserhรถhung einfach auszusitzen, dรผrfte also kaum aufgehen.
Leidtragende dieser Vogel-Strauร-Politik sind wieder einmal unsere einkommensschwachen Mitbรผrger. Wรคhrend die Bundesregierung unter Frau Merkel in der aktuellen Krise dreistellige Milliardenbetrรคge fรผr Wirtschaftshilfen bereitstellt, werden die wirklich Bedรผrftigen von unseren Politikern einfach wissentlich ignoriert. Die Folgen dieses menschenverachtend-ignoranten und politisch-desastrรถsen Handelns fรผr die Bundestagswahl 2021 dรผrften gravierend sein – und sollten es auch.
(Hinweis: Nachdem zunรคchst berichtet wurde, der Bundesrat hรคtte die Entscheidung รผber den Antrag verschoben, ist nun bekannt, dass der Bundesrat geschlossen mit den Stimmen von CDU, SPD und AfD diesen Antrag abgelehnt hat. Das wurde im Artikel korrigiert.) (FM)