Bürgergeld: Was tun, wenn das Jobcenter eine Anhörung schickt?

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Im Verlauf des Bürgergeld-Bezugs (ehemals Hartz IV) kann es passieren, dass das Jobcenter ein Anhörungsschreiben zuschickt. Die Behörde wird eine solche Anhörung zusenden, wenn beispielsweise ein Sanktionsbescheid ansteht, mit dem die Leistungen als “Minderung” für eine gewisse Zeit gekürzt werden sollen. Wie sich verhalten sollten, beschreiben wir in diesem Artikel.

Warum schickt das Jobcenter eine Anhörung?

Das Jobcenter wird immer einen Anhörungsbogen zustellen, wenn ein Aufhebungs- und Sanktionsbescheid geplant ist. Bei solchen Bescheiden handelt es sich im Amtsdeutsch um “eingreifende Verwaltungsakte”. Geregelt ist das im § 24 Absatz 1 SGB X.

In der Praxis bedeutet das, dass das Jobcenter plant, die Leistungen zu mindern oder sogar einzustellen.

Vor einem solchen Verwaltungsakt sollen die Betroffenen in jedem Fall angehört werden. Ein solcher Vorgang kann nämlich in die Rechte des Leistungsbeziehenden eingreifen.

Wann schickt das Jobcenter einen Anhörungsbogen?

Wie bei zuvor Hartz IV haben Bürgergeld-Beziehende Pflichten, die erfüllt werden müssen. Wird zum Beispiel ein Termin im Jobcenter unentschuldigt nicht wahrgenommen, kann das Jobcenter eine Leistungsminderung als Sanktion aussprechen (§ 31 SGB II oder § 32 SGB II).

Vermutet das Jobcenter eine Pflichtverletzung, darf die Behörde nicht ohne weiteres sanktionieren und einen Leistungsminderungsbescheid ausstellen. Zunächst soll laut Gesetz der Betroffene angehört werden.

In einem Anhörungsschreiben stehen die Gründe, warum die Leistungen gemindert werden sollen. Der oder die Betroffene soll in der Anhörung argumentieren, warum er oder sie dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. So will es die Behörde.

Ein Anhörungsschreiben wird allerdings nicht nur bei bevorstehenden Sanktionen verschickt. Ein solches Schreiben wird auch dann an Leistungsbeziehende versendet, wenn Kürzungen oder Einstellungen der Leistungen geplant sind.

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Demnach wird eine Anhörung immer dann verschickt, wenn das Jobcenter dem Leistungsberechtigten mit einem Bescheid bereits zugesprochene Leistungen einstellen oder mindern will.

Wenn Leistungen wieder eingestellt werden sollen, wird ein Aufhebungsbescheid verschickt. Wurden die Bürgergeld-Leistungen bereits ausgezahlt, wird in aller Regel auch ein Rückforderungsbescheid zugestellt. Mit dem Rückforderungsbescheid sollen bereits gewährte Leistungen zum Teil oder ganz zurückgefordert werden.

Das kann zum Beispiel passieren, wenn Einkommen durch Erwerbsarbeit, anderes Einkommen oder Vermögen verschwiegen wurden. Weil aber Aufhebung- und Rückforderungsbescheide zum Nachteil des Betroffenen geschehen, muss das Jobcenter zuvor eine Anhörung durchführen.

Muss ich ein Anhörungsschreiben ausfüllen?

Wer nun ein Anhörungsschreiben zugestellt bekommen hat, wird sich die Frage stellen, wie damit weiter zu verfahren ist. Zunächst einmal besteht keine Pflicht den Anhörungsbogen auszufüllen. Eine Pflicht besteht nur seitens des Jobcenters, eine Anhörung vor eingreifenden Bescheiden zuzuschicken.

Wie soll ich auf eine Anhörung reagieren?

Pauschal kann nicht beantwortet werden, ob es günstig oder ungünstig ist, auf das Anhörungsschreiben zu reagieren. Das hängt immer von der Fallkonstellation ab. Weil es bei der Anhörung allerdings um entlastende Fakten geht, die auch rechtlich Bestand haben sollten, macht es in jedem Fall Sinn, den Fall mit einer Beratungsstelle oder einem Fachanwalt für Sozialrecht zuvor zu besprechen.

Das ist auch deshalb wichtig, weil es auch sein kann, dass erst durch die Einlassungen dem Jobcenter weitere Argumente zur Einstellung oder Kürzung der Leistungen geliefert werden könnten.

Wenn zum Beispiel das Jobcenter behauptet, dass das Einkommen höher ist, als bislang angegeben und der Betroffene z.B. Kontoauszüge als “Beweis” schickt, kann das Jobcenter auf den Kontoauszügen weitere Informationen einsehen, die bislang eventuell nicht bekannt waren. Das bedeutet, die Beantwortung einer Anhörung kann in manchen Fällen den Vorwurf noch zusätzlich befeuern.

Ein Anwalt oder eine Beratungsstelle weiß hingegen, welche Strategie in bestimmten Fällen am sinnvollsten ist.

Im Zweifel nicht auf eine Anhörung reagieren

Im Zweifel kann es also besser sein, nicht auf die Anhörung zu reagieren. Zudem verursacht die Konsultierung in diesem Stadium des Verfahrens Geld, dass nicht durch die Rechtsberatungsbeihilfe abgedeckt ist.

Wenn auf die Anhörung nicht reagiert wurde, entscheidet das Jobcenter nach den vorliegenden Daten und Fakten. Damit ist allerdings die Entscheidung nicht besiegelt. Die Behörde muss nun einen Bescheid erlassen, auf den der Betroffene mit einem Widerspruch reagieren kann.

Widerspruch gegen den Bescheid

Sollen beispielsweise Leistungen erstattet werden, weil das Jobcenter davon ausgeht, dass diese zu Unrecht bezogen wurden, kann ein Widerspruch zunächst die Erstattung zeitlich verzögern. Ein Widerspruch bzw. auch eine Klage vor dem Sozialgericht entfalten eine “aufschiebende Wirkung”. Wichtig: Solange nicht entgültig entschieden wurde, muss auch nichts erstattet werden.

Gegen ein Anhörungsschreiben selbst kann noch kein Widerspruch eingelegt werden, da es sich nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Um einen Verwaltungsakt handelt es sich immer, wenn dem Schreiben auch Rechtsmittelbelehrungen beigefügt sind.

Immer Ruhe bewahren und Planvoll vorgehen

Wenn aus dem Anhörungsbogen bereits hervorgeht, dass Leistungen gekürzt, eingestellt oder sogar zurückgefordert werden sollen, sollte zunächst Ruhe bewahrt werden. Eine Anhörung ist noch kein Bescheid. Erst auf diesen können Rechtsmittel eingelegt werden. Wie bereits erwähnt, kann auf den Bescheid ein Widerspruch eingelegt werden.

Der Bescheid sollte also spätestens dann von Profis (Anwalt oder unabhängige Beratungsstelle) geprüft werden. Für die meisten Menschen sind nämlich solche Bescheide meist kaum verständlich und nachvollziehbar.

Rechtsgrundlagen

SGB II § 31 und § 32
SGB X § 24 SGB

Hartz IV abschaffen?

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