Bürgergeld: Jobcenter irren – Volle Miete für alle bis Ende 2023

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Einige Jobcenter behaupten, dass die Karrenzzeit für Bürgergeld-Leistungsbeziehende, die vor dem 1. Januar 2023 bereits Hartz IV bezogen haben, nicht gilt. Das ist jedoch falsch wie der Rechtsanwalt und Experte für Sozialrecht, Helge Hildebrandt, bestätigt.

Regelungen zu den Mietkosten

Seit dem 1. Januar 2023 gelten neue Regelungen für Bezieher von Bürgergeld nach dem SGB II und Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII in Bezug auf die Übernahme von Unterkunftskosten.

Diese Änderungen betreffen insbesondere diejenigen, die ab diesem Stichtag erstmals Leistungen beantragt haben. Nach den gesetzlichen Vorgaben erhalten sie im ersten Jahr ab Antragstellung die vollen Mietkosten erstattet, sofern diese angemessen sind. Dies ist in § 22 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB II für das Bürgergeld sowie in § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB XII für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung geregelt.

Nach Ablauf dieser Karenzzeit von einem Jahr wird die volle Miete nur noch dann anerkannt, wenn es den Bürgergeld-Betroffenen nicht möglich oder zuzumuten ist, ihre Unterkunftskosten auf andere Weise zu senken, jedoch längstens für sechs Monate.

Missverständnisse zu den Regelungen

Die Neuregelung hat jedoch zu einigen Missverständnissen geführt, insbesondere in Bezug auf diejenigen, die bereits vor dem 1. Januar 2023 Hartz IV bezogen haben.

Einige Sozialleistungsträger, darunter die Landeshauptstadt Kiel, haben die Auffassung vertreten, dass die Karenzzeit nur für Neuanträge ab dem genannten Datum gelte und fordern deshalb von allen anderen Leistungsberechtigten mit zu hohen Mietkosten eine Senkung der Miete. Diese Sichtweise ist jedoch rechtlich nicht haltbar, wie ein genauer Blick in das Gesetz zeigt, so Hildebrandt.

Karenzzeit von einem Jahr auch für bereits bestehende Leistungsbezieher

Gemäß § 65 Abs. 3 SGB II bzw. § 140 Abs. 1 SGB XII beginnt die Karenzzeit von einem Jahr auch für bereits bestehende Leistungsbezieher am 1. Januar 2023 und endet somit am 31. Dezember 2023.

In diesen Fällen gilt die Karenzzeit nur dann nicht, wenn vor dem 1. Januar 2023 bereits eine Absenkung der Unterkunftskosten auf die angemessenen Kosten vorgenommen wurde. Andernfalls sind die Unterkunftskosten weiterhin nur in der angemessenen Höhe zu übernehmen, wie in § 65 Abs. 6 SGB II bzw. § 140 Abs. 2 SGB XII festgelegt.

Wichtig: “Alt-” Leistungsbezieher sollten wissen, dass auch sie von der Karenzzeit profitieren, sofern keine vorherige Kostenabsenkung stattgefunden hat. Lief jedoch bereits vor der Einführung ein Kostensenkungsverfahren, gilt leider die Karenzzeit nicht.