Bürgergeld: Rechtsunsicherheit beim Wegfall der postalischen Erreichbarkeit

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Zum 1. Juli 2023 treten einige Neuerungen beim Bürgergeld in Kraft, die wir hier beschrieben und aufgelistet haben. Zum 1. Juli soll auch die postalische Erreichbarkeitsanordnung gestrichen werden. Eine entsprechende Verordnung nach § 13 Abs. 2 SGB II liegt bis heute nicht vor. Das schafft Rechtsunsicherheit.

Pflicht zur postalischen Erreichbarkeit für Bürgergeld-Bezieher wird gestrichen

Die Pflicht zur postalischen Erreichbarkeit für Bürgergeld-Bezieher wird zum ersten Juli 2023 gestrichen. Im Rahmen des Bürgergeldgesetzes wurde der § 7 Abs. 4a SGB II modifiziert und der § 77 Abs. 1 SGB II gestrichen.

Dadurch wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zum „näheren Bereich im Sinne des § 7b Absatz 1 Satz 2“ und dazu zu treffen, „für welchen Zeitraum und unter welchen Voraussetzungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei einem Aufenthalt außerhalb des näheren Bereichs einen Leistungsanspruch haben können, ohne erreichbar zu sein.“

Mit dieser Änderung des Bürgergeldgesetzes will die Ampel-Koalition eine „neue Vertrauensbasis zwischen Bürger und Verwaltung“ schaffen. Es soll dadurch auch zu einer deutlichen Verbesserungen für Leistungsbeziehende und zu Bürokratie abgebaut werden, so dass es “einer möglichst schnellen und nachhaltigen Eingliederung bzw. Verminderung oder Beseitigung der Hilfebedürftigkeit“ kommt (Quelle: BT-Drucks. 20/3873 S. 73).

Bis heute liegt keine entsprechende Verordnung vor

Harald Thomé von der Sozialberatungsstelle “Tacheles e.V.” macht jedoch darauf aufmerksam, dass eine solche Verordnung nach § 13 Abs. 2 SGB II bis zum heutigen Tage nicht vorliegt. Der Sozialrechtsexperte bezweifelt, dass eine solche drigend notwendige Verordnung bis zur Umsetzung der Reform zum 1. Juli 2023 vorliegen wird. Das erzeugt Rechtsunsicherheit für Leistungsbeziehende und Behörde.

Thomé fordert daher eine zeitnahe Vorlage beim Bundesarbeitsministerium, um hier Rechtssicherheit zu schaffen. Falls diese SGB II eigene Erreichbarkeitsverordnung, die schon seit 2011 fehlt, nicht vorlegt wird, sollten wenigstens nicht solche Positionen wie in der Weisung zu § 7 SGB II unter Randziffer 148 veröffentlicht werden:

„Auch erwerbsfähige Wohnungslose müssen für das Jobcenter erreichbar sein, damit ggfs. eine Eingliederung erfolgen kann. Es bestehen keine Bedenken, die Erreichbarkeit zu bejahen, wenn eine tägliche Vorsprache bei einer Betreuungs- oder Beratungsstelle für Wohnungslose oder einer ähnlichen Stelle (z. B. eine Betreuungsstelle für Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten) erfolgt. Insoweit können die für den Rechtskreis SGB III getroffenen Regelungen zu § 138 SGB III (FW 138.5.1.3) entsprechend angewandt werden“.

Weisung verstößt gegen geltenes Recht

Eine solche Weisung verstoße gegen geltendes Recht, mahnt der Sozialrechtsexperte. Die Bundesagentur für Arbeit und das Bundesarbeitsministerium sollten deshalb dafür sorgen, dass solche Weisungen, die gegen geltendes Recht verstoßen, aufgehoben werden. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung als Kernstück des Rechtsstaatsprinzips gelte auch für die Bundesagentur für Arbeit, erklärt Thomé.

Ohne eine entsprechende Verordnung sei die Weisung nämlich rechtswidrig. Die rechtswidrige Weisung ist hier einsehbar.

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