Bürgergeld: Nach Ablauf der Karenzzeit Übernahme der zu teuren Wohnung

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In nicht wenigen Fällen muss das Jobcenter auch nach Ablauf der Karenzzeit die reale Kaltmiete plus Betriebskosten für Bürgergeld-Beziehende übernehmen, wenn diese über der gesetzten Angemessenheit liegt. Wann ist das der Fall?

Wann muss das Jobcenter die reale Bruttokaltmiete zahlen?

Das Jobcenter muss die tatsächlichen Wohnkosten übernehmen, wenn keine Mietwohnungen zum abstrakt angemessenen Mietpreis zu bekommen sind oder persönliche Umstände eine Kostensenkung unzumutbar machen.

Das Jobcenter muss sich an das Verfahren halten

Die bestehende Bruttokaltmiete muss weiterhin auch nach der Karenzzeit bezahlt werden, wenn das Verfahren zur Kostensenkung nicht eingehalten wurde, oder es keine wirksame Aufforderung an die Leistungsberechtigten gab, den entsprechenden Mietwert zu senken.

Fehlendes Wohnungsangebot entscheidet

Hat das Jobcenter / die Kommune eine abstrakte Grenze der Angemessenheit gesetzt, dann muss es entsprechende Wohnungen vor Ort auch geben. Wesentlich für eine Kostensenkung ist, dass Wohnungen zu dem als angemessen bewerteten Mietpreisen vorhanden und für Leistungsbrechtigte zugänglich sind.

Gibt es derlei Wohnungen aber nicht, dann kann eine höhere Miete konkret angemessen sein.

Das Jobcenter muss Belege liefern

Bevor es zu Kostensenkungen auffordert, muss das Jobcenter nachweisen, ob es eine entsprechende Menge freier Wohnungen zu den abstrakten Angemessenheitswerten vor Ort überhaupt gibt.

Ist ein Umzug wirtschaftlich?

Das Jobcenter kann auch Miete übernehmen, die sie als nicht angemessen betrachtet, wenn ein Umzug unwirtschaftlich wäre, er also unterm Strich mehr Kosten verursacht als die höhere Miete.

Wann sind Kostensenkungen unzumutbar?

Wenn eine Kostensenkung nicht möglich ist durch Verhandlungen mit dem Vermieter, Untervermietung, Senken laufender Abschläge etcetera, dann bleibt nur der Umzug in eine günstigere Wohnung.

Ist einem Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft ein solcher Umzug derzeit nicht zumutbar, muss zeitweise die höhere Miete gezahlt werden.

Tod und Angemessenheit

Wenn ein Mensch aus der Bedarfsgemeinschaft stirbt, dann verschiebt sich die Grenze der Angemessenheitskosten der Bedarfsgemeinschaft zwar nach unten. Jedoch ist für mindestens zwölf Monate nach dem Tod ein Senken der Aufwendungen nicht zumutbar.

Erst nach zwölf Monaten darf das Jobcenter zur Kostensenkung in der Sechsmonats-Frist auffordern.

Welche Gründe gelten als unzumutbar für einen Umzug?

Gründe, die einen Umzug unzumutbar machen, sind unter anderem

  • eine außergewöhnliche psychische Belastung,
  • Suizidgefahr und Klaustrophobie (bei Umzug in eine kleinere Wohnung)
  • und beginnende Demenz (hier ist das vertraute Wohnumfeld wichtig).

In welchen Fällen wurde ein Umzug noch für nicht zumutbar erklärt?

Weitere Gründe gegen einen Umzug waren bisher:

  • Alter und starke Sehbehinderung,
  • Traumatisierungen und psychische Erkrankungen,
  • Schwangerschaft,
  • Pflege eines in der Nähe lebenden Kindes mit Schwerbehinderungen
  • und ein kurz bevorstehendes Ende der Hilfsbedürftigkeit.

Wann sind Aufforderungen zur Kostensenkung unwirksam?

Das Bundessozialgericht erklärt ausdrücklich, dass Aufforderungen des Jobcenters über Kostensenkung der Aufklärung und Warnung dienen.

Wenn Leistungsberechtigte nicht hinreichend informiert werden über die Aufwendungen, die das Jobcenter als angemessen ansieht, dann können sie die Kosten auch nicht senken. In diesem Fall muss die reale Miete übernommen werden.

Gesucht, aber nichts gefunden – Was tun?

Wenn Leistungsberechtigte sich nachweislich um eine neue Wohnung kümmern, aber keine finden, dann passiert es durchaus, dass die zuständigen Sachbearbeiter die bestehenden Mietzahlungen kürzen.

Betroffene sollten in diesem Fall Widerspruch einlegen und einmaligen Rechtsschutz beantragen.

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