Bürgergeld: Kind soll Tausende Euro an das Jobcenter zahlen

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Ein hilfesuchender Vater (36) schreibt eine Hilferuf-Mail: Sein achtjähriger Sohn soll 3250 Euro an das Jobcenter zurückzahlen.

Jobcenter verlangt über 3000 Euro zuviel gezahlte Bürgergeld-Leistungen

Vater Stephan, der seinen richtigen Namen nicht in der Presse lesen möchte, berichtet:
“Ich habe einen Brief vom Hauptzollamt bekommen. Darin steht, dass sein Sohn 3250,11 Euro Schulden hat. “Ich habe das für einen Scherz gehalten und mich an das Hauptzollamt gewandt”, erzählt der Vater dem Mittagsmagazin “Punkt 12”.

Das Hauptzollamt habe dem Vater dann gesagt, das sei “alles richtig”. Das Zollamt wisse auch, wie alt der Schuldner sei, nämlich erst acht Jahre und noch ein Kind. Das hat mich noch mehr verwundert”, sagt Stephan.

Jobcenter verweigert Auskunft

Der Vater wandte sich daraufhin an das Jobcenter, denn von dort war die Forderung gegen seinen Sohn gekommen. Dort hieß es aber, der Vater bekomme keine Auskunft, weil das gegen den Datenschutz verstoße.

Im Nachhinein erfuhr der Vater jedoch, warum die Behörde diese Forderung gegen seinen Sohn erhoben hatte. Die Mutter habe nach der Trennung “zu viele Sozialleistungen in Anspruch genommen”. Das zu viel gezahlte Bürgergeld wolle sich das Jobcenter vom Kind zurückholen.

Rechtpflegerin hat einen solchen Fall noch nicht erlebt

Die Rechtspflegerin und ehemalige stellvertretende Jugendamtsleiterin Astrid Leonard hat zwar schon fast alles erlebt, aber von einem solchen Fall noch nie gehört.

Es sei ein “blöde Konstrukt”, das hier vorliege, so Leonard. Das Kind habe die Obhut gewechselt. Und der Vater wolle die Daten haben, bekomme sie aber wegen dem Datenschutz nicht.

Die Eltern hätten sich nämlich getrennt, als der Sohn drei Jahre alt gewesen sei. Nach der Trennung sei der Sohn zunächst bei der Mutter geblieben. Mit 7 Jahren zog der Sohn dann zum Vater.

Sie rät dem Vater, sich an die Mutter zu wenden. Diese solle sich an das Jobcenter wenden, um die Situation zu klären. Die Mutter ist aber für den Vater nicht erreichbar und lehnt den Kontakt ab.

Jobcenter bestätigt Fall

Auf Anfrage bestätigte das Jobcenter den Fall: “Der von ihnen angesprochene Vorgang ist faktisch korrekt. Hier errechnet sich aufgrund von Unterhaltszahlungen eine Überzahlung des Jobcenters gegenüber dem Kind”.

Die Behörde habe im Laufe der Zeit bemerkt, dass das Kind nicht mehr bei der Mutter, sondern vermehrt beim Vater lebt. Zudem seien Unterhaltszahlungen geflossen, die nicht gemeldet wurden. Zunächst verlangte das Jobcenter die Überzahlung von der Mutter zurück. Diese aber könne nicht zahlen.

Und weil aber sonst niemand da sei, soll nun der Sohn zahlen, sobald er 18 Jahre alt ist. Das nennt der Gesetzgeber “Minderjährigenhaftung”.

Und das rät die Gegen-Hartz Redaktion

Mit Einführung des Bürgergeldes verbessert sich allerdings die Situation für verschuldete Kinder. Der Sohn von Stephan muss, wenn er 18 Jahre alt ist, nur noch mit seinem Vermögen über 15.000 Euro für Schulden haften. Dies ist in §40 Abs9 SGB II geregelt.

Die Jobcenter weisen jedoch nicht auf die Regelungen im Bürgergeld hin, sondern schicken weiterhin Rückforderungsbescheide und schalten zusätzlich das Hauptzollamt ein. Damit werden die Kinder und die Eltern weiterhin stark verunsichert.

Betroffene Kinder sollten diesen Musterbrief nach ihrem 18. Geburtstag verwenden, um die Minderjährigenhaftung nach §1629a BGB in Verbindung mit §40 Abs9 SGB II geltend zu machen:

Musterbrief für Minderjährigenhafttung

Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit mache ich die beschränkte Minderjährigenhaftung nach §1629a BGB in Verbindung mit §40 Abs9 SGB II geltend. Anbei ein Kontoauszug meines Kontos. Bar besaß ich beim Eintritt in die Volljährigkeit …€. Weiteres Vermögen war nicht vorhanden. Damit lag mein Vermögen unter 15.000€. Ich fordere Sie daher auf, alle Forderungen gegen mich fallen zu lassen. Mit freundlichen Grüßen

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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