In letzter Zeit unternehmen die Jobcenter wieder verstärkt Hausbesuche bei Bürgergeld-Leistungsbeziehern. Das Behörde will dann zum Beispiel prüfen, ob Angaben im Antrag korrekt sind, eine mögliche Einstehgemeinschaft bzw. Bedarfsgemeinschaft vorliegt oder ob die Antragsteller tatsächlich an der gemeldeten Adresse wohnen.
Für die Betroffenen kann ein unangemeldetes Klingeln an der Haustür jedoch einschüchternd wirken, zumal solche Besuche nicht immer angekündigt werden. Dabei ist es nicht selten, dass Jobcenter-Mitarbeiter in Zweierteams auftreten oder sogar externe Dienstleister geschickt werden.
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Muss man den Jobcenter-Außendienst ins Haus lassen?
Grundsätzlich gilt, dass niemand verpflichtet ist, die Außendienstmitarbeitenden in die eigene Wohnung zu lassen. Dennoch können die Leistungen vorläufig eingestellt werden, wenn wichtige Informationen nicht geklärt werden können und man eine andere Form der Mitwirkung verweigert.
An dieser Stelle ist also Umsicht gefragt: Einerseits haben Leistungsberechtigte das Recht, ihre Privatsphäre zu schützen, andererseits muss man sich bewusst sein, dass eine vollständige Verweigerung mitunter Folgen für den Leistungsanspruch haben kann. Es ist deshalb sinnvoll, vorab über Rechte und Pflichten Bescheid zu wissen.
Wichtig zu wissen: Grundsätzlich ist das Jobcenter berechtigt, Ermittlungen nach § 20 SGB X durchzuführen, wenn Zweifel daran bestehen, dass die Wohnsituation anders ist als im Bürgergeldantrag angegeben.
Welche Rechte und Pflichten gelten beim Hausbesuch?
Vor Beginn eines Hausbesuchs sollten die Mitarbeitenden sich ausweisen und den Grund für die Überprüfung nennen. Sie müssen zudem darauf hinweisen, dass man sie nicht in die Wohnung lassen muss, aber auch über mögliche Konsequenzen informieren.
Während des Hausbesuchs selbst ist keine routinemäßige Durchsuchung von Schränken oder Schubladen zulässig. Die Außendienstmitarbeitenden dürfen nur in Bereiche schauen, in die die oder der Leistungsberechtigte ausdrücklich einwilligt. Ebenso haben Bürgergeld-Beziehende das Recht, das Prüfprotokoll einzusehen und eine Kopie davon zu erhalten.
Darüber hinaus besteht jederzeit die Möglichkeit, die einmal erteilte Einwilligung zum Betreten der Wohnung zu widerrufen. Sollten Betroffene das Gefühl haben, dass die Kontrolle nicht ordnungsgemäß abläuft, hilft es, auf die einschlägigen Fachanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zu verweisen.
Wie bereitet man sich am besten auf einen unangekündigten Besuch vor?
Manche Menschen möchten – aus reinem Selbstschutz – der Kontrolle mit kühlem Kopf begegnen. Viele Betroffene empfinden die Situation als psychisch belastend und befürchten, dass sich ein harmloser Besuch schnell zu einem konflikthaften Ereignis ausweiten könnte.
Besonders, da der Außendienst laut interner Schulungen nicht selten auf „stressige Lagen“ vorbereitet wird, was den Druck auch auf die besuchte Person erhöhen kann. Wer sich gut vorbereitet, behält eher die Ruhe und kann auf Fragen sachlich reagieren.
Es kann hilfreich sein, wichtige Unterlagen griffbereit zu haben. Dazu gehören die fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit, die die Rahmenbedingungen für Hausbesuche klar regeln.
Bei spontaner Unsicherheit lassen sich einzelne Punkte direkt nachschlagen. Auch ein selbst verfasstes Protokoll kann dabei helfen, die Situation transparent festzuhalten. Datum, Uhrzeit, Namen der Außendienstmitarbeitenden oder der Hinweis, ob und wie sie sich ausgewiesen haben, sind wichtige Details. Ebenso kann notiert werden, ob und wann sie über die eigenen Rechte aufgeklärt haben.
Weshalb kann ein Beistand von Vorteil sein?
Ratsam ist, beim Hausbesuch nicht allein zu sein. Das Sozialgesetzbuch gesteht Leistungsberechtigten zu, eine Vertrauensperson oder einen sogenannten Beistand hinzuzuziehen. Das kann eine seriös wirkende Freundin sein, die im Zweifelsfall Ruhe bewahrt und sachlich vermittelt, oder auch jemand, dessen reine Präsenz abschreckend wirkt.
Entscheidend ist, dass eine zweite Person anwesend ist, um das Geschehen zu bezeugen und gegebenenfalls Missverständnisse aus dem Weg zu räumen.
Wer unangekündigten Besuch an der Tür hat und momentan keine Begleitperson organisieren kann, darf auch auf das Recht verweisen, den Termin zu verschieben, um eine geeignete Person hinzuzuziehen. Dies kann für mehr Sicherheit sorgen und verhindert, dass man sich von einer plötzlichen Kontrolle überrumpeln lässt.
Welche kreativen Ideen existieren, um die Kontrolle zu gestalten?
Einige Leistungsberechtigte möchten nicht nur vorbereitet sein, sondern dem Außendienst bewusst eigene Regeln aufzeigen. So gibt es etwa den Vorschlag, eine „Hausbesichtigungskooperationsvereinbarung“ parat zu haben.
Darin wird schriftlich festgehalten, dass man Besucherinnen und Besuchern bestimmte Auflagen macht, beispielsweise die Erlaubnis zur Videoaufnahme oder das Gebot, die Schuhe auszuziehen. Ob die Mitarbeitenden eine solche Vereinbarung unterschreiben, steht auf einem anderen Blatt, doch das Signal ist klar: Auch wenn sich jemand kontrollieren lassen muss, hat sie oder er das Recht, den Rahmen dieser Begegnung aktiv mitzugestalten.
Manche Menschen setzen zusätzlich auf eine besondere Atmosphäre, die den Besuchenden deutlich macht, dass dieser Kontrollvorgang nicht erwünscht ist. Dabei können Rauchen, deutliche Hinweise auf Privatsphäre oder andere irritierende Elemente ins Spiel kommen.
Allerdings ist Vorsicht geboten, wenn der Hausbesuch dazu dient, eine vermeintliche Einstehgemeinschaft nachzuweisen. Wer etwa Gegenstände in der Wohnung platziert, die eine Beziehung zu einer zweiten Person beweisen könnten, muss sich darüber im Klaren sein, dass dies bei der Prüfung negativ ausgelegt werden kann.
Welche Möglichkeiten gibt es nach dem Besuch?
Nicht jeder Hausbesuch verläuft so, wie es die rechtlichen Vorgaben vorsehen. Falls Zweifel bestehen, ob alles rechtens war, kann eine Anfrage gemäß Artikel 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) für Klarheit sorgen.
Dabei lässt sich nachvollziehen, ob das Jobcenter alle vorherigen Möglichkeiten zur Sachverhaltsklärung ausgeschöpft und ordnungsgemäß dokumentiert hat, bevor Mitarbeitende in die Wohnung geschickt wurden. In Fällen, in denen tatsächlich Verstöße passieren, ist eine Beschwerde bei der jeweiligen Fach- oder Dienstaufsicht der Bundesagentur für Arbeit oder beim Datenschutzbeauftragten möglich.
Unter Umständen lässt sich auch die Öffentlichkeit informieren, wenn eine Behörde beispielsweise Hausbesuche routinemäßig und ohne konkreten Anlass durchführt.
In den fachlichen Weisungen ist festgehalten, dass Hausbesuche nicht ohne stichhaltige Indizien beziehungsweise zuvor ausgeschöpfte Ermittlungswege erfolgen dürfen. Wer sich dennoch mit unbegründeten Vor-Ort-Kontrollen konfrontiert sieht, kann dies publik machen.
Zwar ist eine Strafanzeige wegen möglicher Delikte wie Hausfriedensbruch oder Nötigung eher ein drastischer Schritt, doch auch hier haben manche Betroffene schon den Weg zur Staatsanwaltschaft gewählt, um ihren Unmut deutlich zu machen. Bislang stellte die Staatsanwaltschaft solche Verfahren immer ein.
Wie bleibt man besonnen und gelassen?
Das Wichtigste bei einem Hausbesuch ist, Ruhe zu bewahren. Sich im Vorfeld zu informieren und die eigenen Rechte zu kennen, schafft Sicherheit. Ein respektvolles Auftreten gegenüber dem Außendienst kann Eskalationen verhindern. Zugleich sollte man deutlich machen, dass man nicht rechtlos ist und nur zulässt, was einem zusteht. Je strukturierter und gefasster man reagiert, desto eher gelingt eine reibungslose Klärung aller Fragen.
Wer sich besonders unwohl fühlt, sollte rechtzeitig Vorkehrungen treffen, ein befreundetes Augenpaar dabei haben und darauf achten, dass wichtige Dokumente oder Wertgegenstände nicht ungesichert herumliegen. Am Ende gilt: Ein Hausbesuch muss keine dramatische Auseinandersetzung sein, doch er verlangt Umsicht und vor allem das Bewusstsein für die eigenen Rechte und Pflichten.