Jobcenter übernehmen. Auch wenn selbstständige Bürgergeldbezieher keinen Gewinn mehr erwirtschaften, ist der Zuschlag für die teilgewerbliche Nutzung der Wohnung als Betriebsausgabe und nicht als zu übernehmende Unterkunftskosten anzusehen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam in einem am Montag, 2. Dezember 2024, veröffentlichten Beschluss (Az.: L 34 AS 890/24 B ER).
Wohnraum wird auch gewerblich genutzt
Im konkreten Fall ging es um einen Bürgergeldbezieher, der zusammen mit seiner Ehefrau seit 2005 in einer angemieteten, 188 Quadratmeter großen Sechs-Zimmer-Wohnung in Berlin lebt.
Laut Mietvertrag durften sie 80 Quadratmeter der Wohnung gewerblich für den Betrieb einer Werbeagentur nutzen. Die monatliche Gesamtmiete beträgt derzeit 2.530 Euro monatlich. Darin enthalten ist ein Gewerbezuschlag in Höhe von 1.092 Euro.
Als die Hauptkunden der Werbeagentur wegbrachen, musste der Ehemann Bürgergeld beantragen. Die Ehefrau erhielt ab April 2024 eine Regelaltersrente und ab Juni ergänzende Sozialhilfeleistungen. Der Sozialhilfeträger berücksichtigte dabei die hälftigen Unterkunftskosten der tatsächlichen Gesamtmiete in Höhe von 1.265 Euro monatlich.
Gewerbezuschlag per Eilantrag
Das Jobcenter bewilligte dem Ehemann vorläufig Bürgergeld. Die Behörde berücksichtigte für den Ehemann jedoch nur 719 monatlich an Unterkunftskosten. Darin enthalten waren die Nettokaltmiete, die Betriebskosten und die Heizkosten, nicht aber der Gewerbezuschlag.
Per einstweiliger Anordnung beantragte der Ehemann die darlehensweise Übernahme aufgelaufener Mietschulden sowie die Berücksichtigung des Gewerbezuschlags als Kosten der Unterkunft und Heizung. Der bisher gewerblich genutzte Teil der Wohnung könne nicht getrennt betrachtet werden. Der Gewerbezuschlag sei nicht einzeln kündbar.
Mit Beschluss vom 18. Oktober 2024 wies das LSG die Beschwerde des Mannes als unbegründet zurück. Er habe keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung unter zusätzlicher Berücksichtigung seines anteiligen Gewerbezuschlags in Höhe von monatlich 546 Euro.
Jobcenter muss nicht für Gewerbezuschlag in Mietvertrag aufkommen
Der Gewerbezuschlag gehöre nicht zu den Unterkunftskosten. Vielmehr handele es sich um Betriebsausgaben, auch wenn keine Gewinne mehr erzielt würden.
Zwar seien Hauptkunden weggebrochen, dennoch deute alles darauf hin, dass der Antragsteller seine selbstständige Tätigkeit fortgesetzt habe. So sei etwa der Internetauftritt der Werbeagentur weiterhin aktiv.
Auch seien Rentennachzahlungen für die Ehefrau zur Deckung von Betriebsausgaben verwendet worden.
Zwar könnten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch „sonstige Zahlungsverpflichtungen“ Unterkunftsbedarfe auslösen, „wenn sie im Rahmen eines einheitlichen Mietvertrags fest an die Anmietung einer Wohnung gekoppelt sind und nicht vermieden werden können“. Dies gelte aber nur für reine Wohnraummietverhältnisse und nicht für Mietverträge mit teilgewerblicher Nutzung.
LSG Potsdam: gewerbliche Wohnraumnutzung ist Betriebsausgabe
Der Antragsteller könne auch nicht verlangen, dass das Jobcenter die Mietzahlungen für eine Karenzzeit von einem Jahr übernehme. Die gesetzliche Frist gelte nur für „Bedarfe für Unterkunft“, zu denen der Gewerbezuschlag nicht gehöre.
Die Behörde sei auch nicht verpflichtet, ein Darlehen für die aufgelaufenen Mietschulden zu gewähren. Dies sei nur „zur Sicherung der Unterkunft“ möglich. Hier sei aber absehbar, dass der Antragsteller diese ohnehin nicht halten könne.
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors