Wer einen Bürgergeld-Antrag stellt oder Widerspruch einlegt und wochenlang nichts hört, muss das nicht hinnehmen. Die Untätigkeitsklage hilft, wenn das Jobcenter nicht fristgerecht handelt – und zwingt es zur Entscheidung. Wie das geht, was es kostet und worauf Sie achten müssen, erfahren Sie hier.
Inhaltsverzeichnis
Klare Fristen – klare Rechte
Das Jobcenter hat für die Bearbeitung bestimmter Vorgänge gesetzlich festgelegte Fristen:
- 6 Monate bei einem Erstantrag auf Bürgergeld
- 3 Monate bei einem Widerspruch gegen einen Bescheid
Bleibt eine Antwort aus, obwohl die Frist abgelaufen ist, spricht man von „behördlicher Untätigkeit“. In diesem Fall steht Ihnen ein juristisches Mittel zur Verfügung: die Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht.
Wichtig zu wissen: Die Klage darf nicht vor Ablauf dieser Fristen eingereicht werden. Danach können Sie jedoch jederzeit aktiv werden – es gibt keine Verjährung.
Was genau bewirkt die Untätigkeitsklage?
Die Untätigkeitsklage richtet sich nicht gegen den Inhalt eines Bescheids, sondern gegen das Ausbleiben einer Entscheidung. Das Sozialgericht prüft, ob die Behörde zu lange untätig war, und verpflichtet das Jobcenter im Erfolgsfall zur Bearbeitung.
Ihr Vorteil: Sie müssen nicht länger auf Antwort oder Leistung warten. Die Klage setzt rechtlichen Druck auf das Amt und kann die Bearbeitungszeiten deutlich verkürzen.
Diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein
Eine Untätigkeitsklage können Sie dann einreichen, wenn Sie beim Jobcenter einen Antrag auf Bürgergeld gestellt oder einen Widerspruch eingelegt haben, die gesetzlich vorgesehene Bearbeitungsfrist von drei beziehungsweise sechs Monaten bereits abgelaufen ist und bislang keine inhaltliche Entscheidung in Form eines schriftlichen Bescheids ergangen ist.
Sonderfall: Nachträgliche Entscheidung – und jetzt?
Jobcenter reagieren manchmal verzögert – etwa Tage oder Wochen nach Klageeinreichung. Sie behaupten dann, die Klage sei unzulässig, weil die Entscheidung ja mittlerweile erfolgt sei.
Aber: Maßgeblich ist, wann die Klage eingereicht wurde – nicht, wann Sie die Post vom Amt erhalten. Entscheidet das Jobcenter erst nach dem Klagezeitpunkt, bleibt die Klage rechtlich zulässig.
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„Es fehlen Unterlagen“ – reicht das als Ausrede?
Häufig argumentiert das Jobcenter, ein Antrag könne nicht bearbeitet werden, weil noch bestimmte Unterlagen fehlen. Diese Begründung erkennen Gerichte jedoch nicht pauschal an. Entscheidend ist vielmehr, ob das Jobcenter aktiv nach den fehlenden Dokumenten gefragt, sie zur Nachreichung aufgefordert oder zumindest versucht hat, den Sachverhalt aufzuklären.
War das nicht der Fall, besteht laut Rechtsprechung und juristischen Kommentaren dennoch die Pflicht, auf Grundlage der vorhandenen Aktenlage zu entscheiden. Ein bloßes Schweigen oder Nichtstun der Behörde gilt nicht als legitimer Grund für eine Verzögerung.
So reichen Sie die Untätigkeitsklage ein
Der Weg zur Klage ist unkomplizierter, als viele denken. Sie haben folgende Möglichkeiten:
- Schriftlich: Senden Sie ein formloses Schreiben an das zuständige Sozialgericht.
- Mündlich: Sie können die Klage persönlich beim Gericht zur Niederschrift vortragen.
- Per Fax oder online: Einige Gerichte bieten inzwischen elektronische Kommunikation an (etwa über das besondere elektronische Anwaltspostfach – beA, für Anwälte).
Inhalt der Klage:
Ihre persönlichen Daten
Datum des Antrags bzw. Widerspruchs
Hinweis, dass keine Entscheidung innerhalb der gesetzlichen Frist erfolgt ist
Forderung: Entscheidung des Jobcenters erzwingen
Ein Musterschreiben kann helfen – viele Beratungsstellen bieten Vorlagen an.
Benötige ich dafür einen Anwalt?
Einen Anwalt benötigen Sie für eine Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht grundsätzlich nicht, denn es besteht kein Anwaltszwang. Sie dürfen die Klage selbst einreichen und sich im Verfahren auch eigenständig vertreten.
Dennoch ist es in vielen Fällen sinnvoll, juristischen Beistand hinzuzuziehen. Fachkundige Anwältinnen und Anwälte können helfen, die Klage rechtlich korrekt zu formulieren und typische Fehler zu vermeiden.
Viele übernehmen solche Fälle auf Grundlage von Beratungshilfe für die außergerichtliche Unterstützung oder Prozesskostenhilfe (PKH) für das gerichtliche Verfahren. In beiden Fällen entstehen Ihnen keine Kosten, da die Anwaltsgebühren vom Staat übernommen werden.
Fallen Gerichts oder Verfahrenskosten an?
Für Sie als Klägerin oder Kläger ist das Verfahren vor dem Sozialgericht vollständig kostenlos. Es fallen weder Gerichtsgebühren an, noch verursacht die Einreichung der Untätigkeitsklage eigene Verfahrenskosten.
Sollten Sie anwaltliche Unterstützung benötigen, können Sie – wie zuvor beschrieben – Beratungshilfe oder Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen, sodass auch hier keine finanziellen Belastungen entstehen. Selbst im Fall einer abgewiesenen Klage müssen Sie keine Gerichtskosten befürchten, denn das Sozialgericht erhebt auch dann keine Gebühren.
Wer unterstützt mich bei der Klage?
Bei der Vorbereitung und Durchführung einer Untätigkeitsklage stehen Ihnen zahlreiche Anlaufstellen zur Seite. Sozialrechtskanzleien etwa bieten häufig kostenlose Erstprüfungen an und unterstützen bei der juristischen Einschätzung Ihres Falls.
Auch Beratungsstellen und Sozialverbände wie der VdK, die Caritas oder die Diakonie helfen Ihnen beim Ausfüllen der notwendigen Unterlagen und geben praktische Hinweise zum weiteren Vorgehen.
Zusätzlich gibt es Online-Portale, die auf Grundlage Ihrer Angaben automatisch Klageschriften erstellen – in der Regel kostenfrei, sofern Ihnen Prozesskostenhilfe bewilligt wird.
Schritt für Schritt zur Untätigkeitsklage:
- Frist prüfen: Liegt die Entscheidung länger als 3 (Widerspruch) bzw. 6 Monate (Antrag) zurück?
- Antrag oder Widerspruch nachweisen: Kopie aufbewahren!
- Gericht ermitteln: Zuständig ist das Sozialgericht Ihres Wohnorts.
- Klage einreichen: Schriftlich oder persönlich.
- Optional: Anwalt hinzuziehen und PKH beantragen.