Schwerbehinderung: Mit diesem Grad der Behinderung vorzeitig in Rente gehen

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Immer wieder hört man, dass bereits ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 für eine vorgezogene Altersrente ausreicht. Diese Aussage ist nicht richtig. Wer wegen Schwerbehinderung eher in Rente gehen möchte, benötigt mindestens einen anerkannten GdB von 50 und insgesamt 35 Versicherungsjahre.

Dann ergeben sich klare Vorteile gegenüber der „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“, die eine Wartezeit von 45 Jahren erfordert.

Warum ein GdB von 30 nicht genügt

Damit Sie die „Altersrente für schwerbehinderte Menschen“ nutzen können, benötigen Sie offiziell den Status „schwerbehindert“. Dafür ist ein GdB von 50 oder höher nötig.

Eine Gleichstellung – etwa bei einem festgestellten GdB 30 oder 40 – gilt lediglich im Arbeitsrecht und ersetzt nicht die Schwerbehinderteneigenschaft. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) erkennt nur Personen mit GdB 50 oder mehr als schwerbehindert an.

Zudem fordert das Gesetz 35 Versicherungsjahre. Darunter fallen verschiedene Zeiten:

  • Phasen der Erwerbstätigkeit
  • Kindererziehungszeiten
  • Zeiten der Arbeitslosigkeit (unter bestimmten Bedingungen)
  • Zeiten von Rehabilitations- oder Erwerbsminderungsleistungen

Wer diese 35 Jahre erreicht, erfüllt eine zentrale Voraussetzung für den frühzeitigen Renteneintritt mit Schwerbehinderung.

Häufige Irrtümer und Aufklärungsbedarf

Ein weitverbreiteter Mythos ist die Annahme, eine Gleichstellung im Beruf bei GdB 30 begründet gleichzeitig Rentenansprüche für Schwerbehinderung. Tatsächlich gilt ausschließlich der bundeseinheitliche Schwerbehindertenausweis als Nachweis. Ein weiteres Missverständnis betrifft Erwerbsminderungsrenten: Diese Zeiten werden zwar angerechnet, ersetzen jedoch keine fehlenden Versicherungsjahre.

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Flexibler Rentenbeginn: Das sind die Voraussetzungen

Mit Schwerbehindertenstatus können Sie zwei Jahre vor Ihrem gesetzlichen Rentenalter abschlagsfrei in den Ruhestand starten. Liegt Ihre reguläre Grenze also bei 67, dürfen Sie ab 65 ohne Abschläge Rente beziehen. Zusätzlich können Sie noch drei weitere Jahre vorziehen. Dann verringert jeder Monat die Rente um 0,3 Prozent.

Im Vergleich zur Rente nach 45 Versicherungsjahren ist das günstiger. Ohne Schwerbehindertenstatus fällt der Abschlag schon ab der Grenze von 67 Jahren an. Diese Verschiebung führt zu höheren Abzügen für Menschen ohne Schwerbehindertenstatus.

Beispielrechnung für die unterschiedlichen Modelle:

Kriterium Altersrente für Schwerbehinderte Rente nach 45 Beitragsjahren
Mindestalter 62 Jahre 65 Jahre
Behinderungsgrad Mindestens GdB 50 erforderlich Keine GdB-Voraussetzung
Abschlagsmodell 0,3 % pro Monat ab dem dritten Vorziehjahr 0,3 % pro Monat ab erstem Vorziehjahr
Wartezeitanrechnung 35 Versicherungsjahre inkl. Ersatzzeiten 45 reine Beitragsjahre

Unterschied zur 45-Jahre-Regel

Die „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ (45 Jahre) hat ebenfalls einen vorgezogenen Rentenstart. Sie gestattet zwei Jahre ohne Abschläge. Wer noch früher gehen möchte, muss auf die normale „Altersrente für langjährig Versicherte“ ausweichen und zahlt höhere Abschläge ab dem 67. Lebensjahr.

Viele bevorzugen jedoch diese 45-Jahre-Rente, weil sie oft eine höhere Durchschnittsrente erzielen. Das liegt daran, dass Versicherte mit so langer Einzahlungshistorie häufig überdurchschnittliche Beiträge geleistet haben.

Unterschiede in den ausgezahlten Renten:

Renteneintritt Schwerbehindertenrente (monatl.) 45-Jahres-Rente (monatl.) Differenz
62 Jahre 1.480 € (-10,8 %) 1.210 € (-18 %) 270 €
64 Jahre 1.640 € (-3,6 %) 1.530 € (-7,2 %) 110 €
67 Jahre 1.700 € (0 %) 1.650 € (0 %) 50 €

Annahmen: Bruttorente 1.700 €, lineare Abschlagsberechnung

Konkrete Vorteile für Versicherte bei Schwerbehinderung

Eine anerkannte Schwerbehinderung verschafft deutlich mehr Planungsmöglichkeiten. Sie können die Rente flexibler und oft kostengünstiger vorziehen. Das senkt das finanzielle Risiko bei vorzeitiger Erwerbsaufgabe.

Außerdem erfüllen viele Menschen die 35-jährige Wartezeit schneller, weil, wie oben beschrieben, verschiedene Zeiten, die nicht tatsächliche Arbeitszeit sind, angerechnet werden.

Wer sowohl die Schwerbehindertenrente als auch die 45-Jahre-Rente in Betracht zieht, sollte rechnen. Eine persönliche Beratung bei der DRV oder einem Sozialverband klärt die beste Variante. So lässt sich ein individueller Fahrplan für den Übergang in den Ruhestand entwickeln.

In Kürze: Wie wird Schwerbehinderung anerkannt?

Der Schwerbehindertenausweis durchläuft ein mehrstufiges Verfahren:

  • Antrag beim Versorgungsamt: Ärztliche Befundberichte und Gutachten dienen als Grundlage.
  • Gutachterliche Prüfung: Sachverständige legen den Grad der Behinderung (GdB) fest.
  • Bewilligung und Nachweispflicht: Wird ein GdB von 50 oder höher zuerkannt, gilt man als schwerbehindert. Bei dauerhaften Beeinträchtigungen entfällt eine erneute Prüfung.

Geburtsjahrabhängige Altersgrenzen

Für vor 1964 Geborene gelten Übergangsregelungen, die einen abschlagsfreien Rentenbeginn teilweise bereits ab 63 Jahren ermöglichen. Ab dem Jahrgang 1964 liegt die Altersgrenze einheitlich bei 65 Jahren.
Konkrete Umsetzung:

  • Jahrgang 1958: Abschlagsfreier Rentenstart mit 63 Jahren.
  • Jahrgang 1965: Abschlagsfreier Rentenstart mit 65 Jahren, Vorziehung ab 62 möglich.