Bürgergeld: Ist Pflegegeld beim Jobcenter meldepflichtig?

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Wer Bürgergeld nach dem SGB II bezieht und zusätzlich Pflegegeld erhält – sei es als pflegebedürftige Person aus der Pflegeversicherung (SGB XI) oder als pflegende Angehörige/r, dem Pflegegeld weitergereicht wird –, steht vor zwei Fragen: Muss das dem Jobcenter gemeldet werden? Und mindert es das Bürgergeld?

Die kurze Antwort lautet: Ja, melden – und meist nein, keine Anrechnung. Die lange Antwort folgt – mit Rechtsgrundlagen, Besonderheiten und Fallstricken.

Meldepflicht: Änderungen „unverzüglich“ anzeigen

Leistungsberechtigte müssen dem Jobcenter alle leistungsrelevanten Änderungen unverzüglich mitteilen. Diese allgemeine Mitwirkungspflicht ergibt sich aus § 60 SGB I.

Dazu zählen neue oder geänderte Geldleistungen ebenso wie Veränderungen in Haushalt, Bedarfsgemeinschaft oder Erwerbssituation. In der Praxis geschieht das über die „Veränderungsmitteilung“.

Auch wenn das Pflegegeld später nicht angerechnet wird, ist es formell als neue Einnahme bzw. Leistungsbewilligung dem Jobcenter anzuzeigen; die Bundesagentur für Arbeit betont die Pflicht zur zeitnahen Dokumentation solcher Änderungen.

Zweckbindung schütz vor Anrechnung

Nach § 11a Abs. 3 SGB II sind zweckbestimmte Leistungen, die auf öffentlich-rechtlicher Grundlage zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur insoweit als Einkommen zu berücksichtigen, wie sie demselben Zweck wie das Bürgergeld dienen.

Pflegegeld nach SGB XI verfolgt den Zweck, häusliche Pflege sicherzustellen – nicht den allgemeinen Lebensunterhalt. Daher ist es regelmäßig nicht als Einkommen anzurechnen.

Das gilt sowohl beim pflegebedürftigen Menschen als auch beim weitergereichten Pflegegeld an private Pflegepersonen, solange der Pflegezweck gewahrt bleibt.

Pflegeperson: ausdrücklich privilegiert in der Bürgergeld-Verordnung

Für pflegende Angehörige enthält die Bürgergeld-Verordnung eine klare Privilegierung: „Nicht steuerpflichtige Einnahmen einer Pflegeperson für Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung“ sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 Bürgergeld-V).

Das erfasst typischerweise das aus dem SGB-XI-Pflegegeld weitergereichte Entgelt für die nicht erwerbsmäßige Pflege. Achtung: Erfolgt die Pflege erwerbsmäßig und sind die Einnahmen steuerpflichtig, greift die Privilegierung nicht.

Pflegegeld der Pflegeversicherung (SGB XI): keine Minderung des Bürgergeldes

Das Pflegegeld nach § 37 SGB XI dient der Sicherstellung der häuslichen Pflege. Aufgrund dieser Zweckbindung wird es im SGB II nicht auf den Regelsatz angerechnet.

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Das gilt sowohl für den Bezug durch die pflegebedürftige Person als auch bei weitergeleiteten Beträgen an private Pflegepersonen, soweit der Pflegezweck erkennbar bleibt und keine steuerpflichtige Erwerbstätigkeit vorliegt. Diese Linie entspricht Gesetz und Verwaltungspraxis zur Zweckbestimmung im SGB II.

Nicht verwechseln: Pflegegeld der Jugendhilfe (SGB VIII)

Vom Pflegegeld der Pflegeversicherung klar zu trennen sind Leistungen der Jugendhilfe für Pflegekinder (SGB VIII). Der Gesetzgeber ordnet hier Ausnahmen an: Teile dieser Leistungen können – je nach Konstellation – als Einkommen zu berücksichtigen sein (etwa für den „erzieherischen Einsatz“, gestaffelt ab dem dritten Pflegekind). Für klassische Angehörigenpflege nach SGB XI ist diese Sonderregel nicht einschlägig.

Bayerisches Landespflegegeld: melden – im SGB II grundsätzlich keine Anrechnung

Besonderheit in Bayern: Das Landespflegegeld (jährlich 1.000 €) ist eine landesrechtliche Zusatzleistung für Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2. Auch hier gilt die Meldepflicht.

Zur Anrechnung im SGB II haben sich Freistaat und Träger seit Einführung 2018 festgelegt: Grundsätzlich keine Anrechnung auf Bürgergeld, da zweckbestimmt. Verwaltungsschreiben und Hinweise des bayerischen Sozialressorts stellen das klar; jüngst wurde das „Pflegegeldjahr“ zudem kalenderjährlich neu geordnet, was den Auszahlungszeitpunkt beeinflusst – nicht aber die Anrechnungslogik im SGB II.

Was das Jobcenter sehen will: Bescheide und Nachweise

Zur formgerechten Meldung sollten Leistungsberechtigte den Bewilligungsbescheid der Pflegekasse bzw. beim Landespflegegeld den Bescheid des Landesamts für Pflege vorlegen.

Die BA-Weisungen zu den Mitwirkungspflichten betonen, dass Änderungen schriftlich zu dokumentieren sind; Nachweise helfen, die Zweckbindung und den nicht erwerbsmäßigen Charakter der Pflegeleistungen zu belegen.

Typische Missverständnisse und Fallstricke

Immer wieder kommt es vor, dass Pflegegeld irrtümlich als „normales Einkommen“ behandelt wird. Rechtsgrundlagen sprechen dagegen; Widersprüche haben in solchen Fällen regelmäßig Erfolg.

Die wichtigsten Stolpersteine sind eine unterlassene Meldung, das Fehlen von Nachweisen zur Zweckbindung sowie Konstellationen, in denen Pflegeleistungen erwerbsmäßig und damit steuerpflichtig sind – hier kann eine Anrechnung in Betracht kommen. Die klare Trennung zwischen SGB XI-Pflegegeld und SGB VIII-Leistungen vermeidet Zusatzkonflikte.

Fazit

Pflegegeld ist beim Jobcenter meldepflichtig. Das folgt aus den allgemeinen Mitwirkungspflichten des § 60 SGB I. Eine Anrechnung auf das Bürgergeld findet in der Regel nicht statt, weil das Pflegegeld zweckbestimmt ist (§ 11a Abs. 3 SGB II) und weil Einnahmen nicht erwerbsmäßiger Pflegepersonen ausdrücklich privilegiert sind (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 Bürgergeld-V).

Bescheide vorlegen, Zweckbindung dokumentieren, und im Zweifel schriftlich widersprechen – so lässt sich vermeiden, dass Pflegeleistungen fälschlich den Bürgergeld-Anspruch mindern