Pflegegeld 2026: Gemeinsame Jahresbetrag von 3.539 Euro erstmals flexibel nutzbar

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Mit dem Pflegeunterstรผtzungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) wurde die bislang komplizierte Trennung von Verhinderungs- und Kurzzeitpflege aufgehoben.

Seit 1. Juli 2025 fasst ยง 42a SGB XI beide Leistungen zu einem gemeinsamen Jahresbetrag zusammen. Anspruchsberechtigte kรถnnen bis zu 3.539 Euro pro Kalenderjahr frei fรผr beide Leistungsarten einsetzen โ€“ ohne die frรผheren รœbertragungsregeln. 2026 ist das erste volle Jahr, in dem dieses Budget vom 1. Januar bis 31. Dezember durchgehend zur Verfรผgung steht.

Was 2026 konkret bedeutet

Wรคhrend 2025 ein รœbergangsjahr mit Start zur Jahresmitte war und zuvor beanspruchte Betrรคge auf den neuen Topf angerechnet wurden, gilt ab 1. Januar 2026 der volle gemeinsame Jahresbetrag fรผr das gesamte Kalenderjahr. Nicht genutzte Mittel kรถnnen weiterhin nicht ins Folgejahr รผbertragen werden und verfallen zum Jahresende. Damit wird die Planung einfacher, der Anspruch bleibt aber strikt kalenderjahresbezogen.

Wer Anspruch hat โ€“ und wer nicht

Der gemeinsame Jahresbetrag richtet sich an Pflegebedรผrftige ab Pflegegrad 2 bis 5. Personen mit Pflegegrad 1 haben keinen Anspruch auf Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege; sie kรถnnen andere Entlastungsleistungen nutzen. Eine Sonderregel griff bereits frรผher fรผr junge Pflegebedรผrftige mit Pflegegrad 4 oder 5 unter 25 Jahren.

Wegfall der Wartezeit und Angleichung der Dauer

Ein wesentlicher Fortschritt ist der Wegfall der sechsmonatigen โ€žVorpflegezeitโ€œ bei der Verhinderungspflege. Seit 1. Juli 2025 kann Verhinderungspflege โ€“ wie Kurzzeitpflege โ€“ unmittelbar ab Feststellung mindestens Pflegegrad 2 genutzt werden.

Zugleich wurde die zulรคssige Hรถchstdauer der Verhinderungspflege auf acht Wochen im Kalenderjahr angehoben und damit der Kurzzeitpflege angeglichen. Das erleichtert den flexiblen Einsatz des gemeinsamen Budgets in der Praxis.

Wofรผr das Geld eingesetzt werden kann

Der gemeinsame Jahresbetrag darf vollstรคndig fรผr eine der beiden Leistungen oder anteilig fรผr beide genutzt werden. Wer beispielsweise eine stationรคre Entlastungsphase benรถtigt, kann den gesamten Betrag fรผr Kurzzeitpflege aufwenden; umgekehrt kรถnnen stunden- oder tageweise Ersatzpflegen im hรคuslichen Umfeld รผber Verhinderungspflege finanziert werden. Auch stundenweise Verhinderungspflege ist mรถglich; bleibt die Vertretung an einzelnen Tagen unter acht Stunden, wird das Pflegegeld nicht gekรผrzt.

Was die Pflegekasse รผbernimmt โ€“ und was privat zu zahlen ist

Aus dem gemeinsamen Jahresbetrag werden die pflegebedingten Aufwendungen finanziert. In der Kurzzeitpflege gehรถren Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten nicht dazu; diese Eigenanteile tragen Betroffene selbst, sie kรถnnen dabei ergรคnzend den monatlichen Entlastungsbetrag einsetzen. Das sollte bei der Jahresplanung berรผcksichtigt werden, damit das kombinierte Budget nicht รผberschรคtzt wird.

Pflegegeld wรคhrend Verhinderungs- und Kurzzeitpflege

Fรผr viele Familien entscheidend: Das zuvor bezogene (anteilige) Pflegegeld wird wรคhrend der Inanspruchnahme von Verhinderungs- und Kurzzeitpflege hรคlftig weitergezahlt. Die Gleichbehandlung beider Leistungen wurde im Zuge der Reform ausdrรผcklich klargestellt und trรคgt zur realen Entlastung bei, ohne den Geldfluss an pflegende Angehรถrige vollstรคndig zu unterbrechen.

Angehรถrige als Ersatzpflegepersonen: wichtige Grenzen

รœbernehmen nahe Angehรถrige die Verhinderungspflege nicht erwerbsmรครŸig, sind die Erstattungen in der Regel auf die Hรถhe des Pflegegeldes fรผr bis zu zwei Monate zuzรผglich nachgewiesener Aufwendungen begrenzt.

Wird die Vertretung erwerbsmรครŸig erbracht โ€“ etwa durch einen Pflegedienst โ€“, kรถnnen sich die Aufwendungen bis zur Hรถhe des gemeinsamen Jahresbetrags erstrecken. Diese Differenzierung bleibt auch im neuen System bestehen und sollte bei der Vertragsgestaltung bedacht werden.

รœbergang 2025 und Lehren fรผr 2026

Im Jahr 2025 wurden bereits vor dem 1. Juli genutzte Budgets auf den neuen Topf angerechnet; dadurch standen in der zweiten Jahreshรคlfte zum Teil geringere Restbetrรคge zur Verfรผgung.

Diese รœbergangslogik entfรคllt 2026. Familien und Einrichtungen kรถnnen wieder vom vollen Kalenderjahr aus planen โ€“ zugleich gilt unverรคndert, dass nicht ausgeschรถpfte Betrรคge zum 31. Dezember verfallen. Frรผhzeitige Terminabsprachen mit Einrichtungen und Dienstleistern bleiben daher sinnvoll.

So lรคuft die Inanspruchnahme in der Praxis

Kurzzeitpflege wird in der Regel vorab bei der Pflegekasse beantragt; die Einrichtung rechnet die pflegebedingten Kosten mit der Kasse ab, Eigenanteile bleiben bei den Betroffenen. Verhinderungspflege ist hรคufig nach dem โ€žErst zahlen, dann erstattenโ€œ-Prinzip organisiert, wenn Angehรถrige oder freiberufliche Krรคfte einspringen. Wichtig sind nachvollziehbare Nachweise und klare Vereinbarungen รผber Umfang, Zeiten und Vergรผtung der Ersatzpflege.

Mehr Flexibilitรคt, weniger Hรผrden โ€“ aber kein Allheilmittel

Der gemeinsame Jahresbetrag schafft Klarheit und vereinfacht die Nutzung deutlich. Die Abschaffung der Vorpflegezeit, die Angleichung der Hรถchstdauer und die hรคlftige Fortzahlung des Pflegegeldes sind spรผrbare Verbesserungen. Zugleich bleibt das Budget begrenzt und deckt insbesondere in der Kurzzeitpflege nicht die erheblichen Hotel- und Investitionskosten ab.

Wer 2026 plant, sollte deshalb das Kalenderjahr, die zu erwartenden Eigenanteile und mรถgliche stundenweise Entlastungen im Blick behalten โ€“ damit die 3.539 Euro dort ankommen, wo sie den grรถรŸten Unterschied machen.

Beispiel aus der Praxis fรผr 2026

Frau M. (Pflegegrad 3) wird รผberwiegend von ihrer Tochter zu Hause versorgt. Im Mรคrz organisiert die Tochter an fรผnf Tagen stundenweise Verhinderungspflege durch eine Nachbarschaftspflege, jeweils unter acht Stunden pro Tag. Fรผr insgesamt 40 Stunden fallen 1.000 Euro an, die vollstรคndig aus dem gemeinsamen Jahresbetrag erstattet werden; eine Kรผrzung des Pflegegeldes erfolgt nicht, weil die Vertretung tageweise unter acht Stunden bleibt.

Im August nutzt Frau M. zusรคtzlich 14 Tage Kurzzeitpflege in einer stationรคren Einrichtung, um der Tochter eine Erholungspause zu ermรถglichen. Die pflegebedingten Aufwendungen betragen 2.200 Euro und werden ebenfalls aus dem Jahresbudget gedeckt; die Kosten fรผr Unterkunft, Verpflegung und Investitionen trรคgt die Familie selbst und mindert diese Eigenanteile teilweise mit dem monatlichen Entlastungsbetrag.

Summa summarum sind damit 3.200 Euro des flexiblen Topfes verbraucht, 339 Euro bleiben fรผr den Rest des Jahres รผbrig und kรถnnen โ€“ je nach Bedarf โ€“ nochmals fรผr stundenweise Verhinderungspflege oder einzelne Tage Kurzzeitpflege eingesetzt werden. Zum Jahresende verfallen nicht genutzte Mittel; deshalb plant die Tochter im November noch zwei kurze Entlastungseinsรคtze, damit der gemeinsame Betrag von 3.539 Euro 2026 bestmรถglich ausgeschรถpft wird.

Quellenhinweise: Bundesgesundheitsministerium zu Einfรผhrung und Ausgestaltung des gemeinsamen Jahresbetrags sowie รœbergangsregeln 2025; GKV-Spitzenverband zu ยง 42a SGB XI; vdek zur Flexibilisierung und Dauer; Stiftung Warentest zur kalenderjahresbezogenen Nutzung ab 2026; AOK-Fachportal zu Anspruchsvoraussetzungen; Betanet zu stundenweiser Verhinderungspflege; Verbraucherzentrale zu Antrags- und Kostenfragen in der Kurzzeitpflege.