Bürgergeld: Gibt es einen Mehrbedarf für psychisch Erkrankte?

Überdurchschnittlich viele Menschen im Bürgergeld-Bezug leiden unter psychischen Erkrankungen. Diese Leiden sind häufig sogar der Grund dafür, warum die Betroffenen Bürgergeld beziehen und stellen zugleich eine Hürde dar, in Erwerbsarbeit zu kommen.

Die Behandlung dieser Erkrankungen erfordert oft teure Medikamente, die die Krankenkassen nicht immer übernehmen. Manche Betroffene lehnen aus psychischen Gründen bestimmte Nahrungsmittel ab. Viele psychisch Erkrankte haben einen anerkannten Grad der Behinderung.

Die Frage für diese Menschen lautet: Haben Sie wegen Ihrer psychischen Erkrankung einen Anspruch auf einen Mehrbedarf, der über den Regelsatz des Bürgergeldes hinausgeht?

Mehrbedarf wegen psychischer Erkrankungen?

Zuerst einmal. Es gibt keinen speziellen Anspruch auf Mehrbedarf wegen einer psychischen Erkrankung gegenüber dem Jobcenter. Sie haben also zum Beispiel mit einer diagnostizierten Angststörung oder einer wiederkehrenden Depression keinen Anspruch auf Mehrbedarf wegen ihrer Diagnose.

Allerdings können Sie als Leistungsberechtiger mit einer psychischen Erkrankung dennoch Anspruch geltend machen auf einen der vom Jobcenter anerkannten Mehrbedarf.

Mehrbedarf wegen Behinderung

Wenn Ihre psychische Erkrankung zu einem Grad der Behinderung von mindestens 50 führt, dann haben Sie als erwerbsfähiger Bürgergeld-Bezieher Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen Behinderung. Dieser beträgt 35 Prozent des Regelsatzes.

Dieser gilt allerdings erst einmal nur während Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, sonstigen Hilfen, um einen Arbeitsplatz zu bekommen und bei Leistungen zur Teilhabe an Bildung. Das Jobcenter kann die zusätzliche Zahlung aber auch über diese Maßnahmen hinaus gewähren.

Bei dem derzeit gültigen Regelbedarf von 563,00 Euro bekämen Sie als Alleinstehender 197,05 Euro zusätzlich. Voraussetzung ist der Nachweis durch Ihren Schwerbehindertenausweis oder den Feststellungsbescheid.

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Mit dem Merkzeichen “G” für eine erhebliche Einschränkung der Beweglichkeit im Straßenverkehr oder dem Merkzeichen “aG” für eine außergewöhnliche Gehbehinderung haben Sie generell Anspruch auf einen Mehrbedarf von 17 Prozent des Regelsatzes. Dabei spielt es keine Rolle, ob das jeweilige Merkzeichen aus psychischen oder körperlichen Gründen in Ihrem Ausweis steht.

Gilt der Mehraufwand für kostenaufwändige Ernährung?

Haben Sie wegen einer psychischen Erkrankung beim Jobcenter einen Anspruch auf einen Mehraufwand wegen kostenaufwändiger Ernährung? Nein, und dazu gibt es einschlägige Gerichtsurteile. Wenn Sie aus psychischen Gründen nur bestimmte teure Nahrungsmittel zu sich nehmen, haben Sie deshalb keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung.

Dieser Mehraufwand gilt nur, wenn Sie aus körperlich-medizinischen Gründen eine besondere kostenaufwändige Ernährung benötigen, zum Beispiel bei einer Glutenunverträglichkeit, einer Nierenerkrankung mit Dialyse oder während eines konsumierenden Krebsleidens.

Der unabweisbare besondere Bedarf

Im Sozialgesetzbuch II gilt die Härtefallregelung. Unter diese fallen Bedarfe, die weder mit dem Regelsatz noch mit anderen Mehrbedarfen abgedeckt sind. Darüber entscheiden die Jobcenter im Einzelfall, und auch die Höhe dieses Bedarfes legen die Behörden individuell fest.

Voraussetzung ist: Der Bedarf wurde erstens in den Regelsätzen nicht berücksichtigt, und er fällt zweitens wegen einer besonderen Situation an. Dazu zählen zum Beispiel Fahrtkosten zu einem stationär untergebrachtem Ehepartner oder ein höherer Hygienebedarf bei Neurodermitis.

Eine psychische Erkrankung und deren Folgen im Alltag können eine besondere Situation darstellen, in denen die Härtefallregelung greift. Darüber entscheidet das Jobcenter dann in ihrem konkreten Einzelfall.

Wie beantragen Sie einen Mehrbedarf?

Um einen Mehrbedarf zu erhalten, stellen Sie einen Antrag beim Jobcenter. In diesem beschreiben Sie Ihre besondere Situation und belegen diese durch Nachweise. Bei einer psychischen Erkrankung gehören dazu unbedingt die ärztlichen Bescheinigungen.

Dann stellen Sie alle zusätzlichen Kosten auf, die Ihnen aufgrund Ihrer Erkrankung anfallen. Die entsprechenden Formulare der Behörde füllen Sie aus und reichen den Antrag mitsamt der Nachweise beim Jobcenter ein.