Wer eine Riester-Rente bezieht, trifft in der Auszahlphase vor allem auf steuerliche Abzüge. Anders als bei der gesetzlichen Altersrente gibt es bei Riester keine pauschalen Rentenfreibeträge; die Leistungen werden grundsätzlich voll nachgelagert besteuert.
Sozialabgaben spielen – je nach Krankenversicherungsstatus – nur eine Nebenrolle. Produktkosten mindern in der Regel nicht erst „an der Kasse“, sondern sind bereits in der Höhe der zugesagten Rente eingepreist.
Die entscheidenden Nettoeffekte entstehen damit durch Einkommensteuer sowie – in besonderen Konstellationen – durch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.
Inhaltsverzeichnis
Einkommensteuer: Nachgelagerte Besteuerung
Laufende Riester-Renten zählen steuerlich zu den „sonstigen Einkünften“ und sind – soweit sie auf geförderten Beiträgen beruhen – in voller Höhe zu versteuern. Rechtsgrundlage ist § 22 Nr. 5 EStG.
Das unterscheidet Riester von klassischen privaten Leibrenten, die nur mit dem Ertragsanteil besteuert werden. Stammen Teile Ihrer Auszahlung aus nicht geförderten Einzahlungen, unterliegen nur diese Teile dem Ertragsanteil, der Rest bleibt voll steuerpflichtig.
Die Versteuerung erfolgt über die Einkommensteuererklärung; Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer fallen – soweit Einkommensteuer entsteht – zusätzlich an.
Einmalige Teilkapitalauszahlung zu Rentenbeginn
Bis zu 30 Prozent des zu Beginn der Auszahlphase vorhandenen Kapitals dürfen Sie sich einmalig auszahlen lassen. Diese Teilauszahlung erhöht in genau diesem Jahr Ihr zu versteuerndes Einkommen und ist – anders als viele annehmen – nicht begünstigt, sondern regulär voll zu versteuern.
Wer die Progressionswirkung abmildern will, wählt den Auszahlzeitpunkt sinnvoll, etwa in ein Jahr ohne zusätzliches Erwerbseinkommen.
Abfindung einer Kleinbetragsrente
Fällt die voraussichtliche Riester-Rente so niedrig aus, dass sie als Kleinbetragsrente gilt, darf der Anbieter sie zu Beginn der Auszahlphase vollständig in einer Summe abfinden – ohne dass dies als „schädliche Verwendung“ gilt. Seit 2018 kann diese Einmalzahlung unter den Voraussetzungen des § 34 EStG mit der sogenannten Fünftelregelung ermäßigt besteuert werden, was die Progression glättet.
Die konkrete Kleinbetrags-Grenze ist dynamisch; die Finanzverwaltung nennt als Beispiel für 2024 einen Monatsbetrag von bis zu 35,35 Euro.
Wohn-Riester: Besonderheiten des Wohnförderkontos
Bei der Eigenheimrente („Wohn-Riester“) werden alle geförderten Beträge in einem fiktiven Wohnförderkonto gesammelt und jährlich fortgeschrieben. Ab dem Rentenbeginn versteuern Sie entweder jedes Jahr einen rechnerischen Teilbetrag bis spätestens zum 85. Lebensjahr oder Sie wählen eine Einmalbesteuerung.
Bei dieser Einmalbesteuerung wird ein 30-prozentiger Nachlass auf die Steuer-Bemessungsgrundlage gewährt; steuerpflichtig sind dann nur 70 Prozent des Standes des Wohnförderkontos.
Welche Variante günstiger ist, hängt von Einkommen, Grenzsteuersatz und Lebensplanung ab.
Kranken- und Pflegeversicherung: Beitragsfreiheit in der KVdR, Sonderfälle bei freiwilliger GKV
Für pflichtversicherte Rentnerinnen und Rentner in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) sind Leistungen aus Riester-Verträgen grundsätzlich nicht beitragspflichtig.
Das gilt seit einer Rechtsklarstellung 2018 ausdrücklich auch für Riester-geförderte Anteile innerhalb betrieblicher Durchführungswege. Der Unterschied zur „normalen“ Betriebsrente ist bedeutsam, denn diese unterliegt grundsätzlich der Beitragspflicht.
Wer im Alter dagegen freiwillig gesetzlich krankenversichert ist, muss damit rechnen, dass Riester-Leistungen als Einnahmen zum Lebensunterhalt in die Beitragsbemessung einbezogen werden.
Hintergrund ist, dass bei freiwilliger Versicherung die Kassen nahezu alle regelmäßigen und einmaligen Einkünfte berücksichtigen dürfen. Im Zweifel entscheidet die zuständige Krankenkasse über die Beitragspflicht.
Vorzeitige oder „schädliche“ Auszahlungen: Rückforderung von Förderung und zusätzliche Steuer
Wer sich die Riester-Rente vollständig in einer Summe auszahlen lässt, weicht vom Leitbild der lebenslangen Leibrente ab; die Gesamtauszahlung gilt – abgesehen von der förderunschädlichen Abfindung einer Kleinbetragsrente oder einem Übertrag in einen anderen zertifizierten Vertrag – in der Regel als „schädliche Verwendung“.
Die unmittelbare Folge sind erhebliche Abzüge: Der Anbieter muss auf Anweisung der Zentralen Zulagenstelle (ZfA) sämtliche gewährten Zulagen sowie die in der Ansparphase beanspruchten Steuerermäßigungen direkt vom Auszahlungsbetrag einbehalten und zurückführen; zusätzlich ist der verbleibende Betrag insoweit steuerpflichtig, als er Erträge und Wertsteigerungen enthält, die dann mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern sind.
In Summe kann die Nettoauszahlung dadurch deutlich unter dem Vertragsguthaben liegen; nur bei Kleinbetragsrenten ist eine Einmalabfindung ohne Verlust der Förderung möglich, die dann regulär (ggf. ermäßigt) besteuert wird.
Praxisbeispiel: Komplettauszahlung und ihre Netto-Wirkung
Angenommen, eine Sparerin kündigt ihren Riester-Vertrag im Alter von 62 Jahren vollständig. Das Vertragsguthaben beträgt 40.000 Euro. Eingezahlt hat sie über die Jahre 18.000 Euro aus eigenen Mitteln.
Sie erhielt Basiszulagen von insgesamt 2.625 Euro sowie steuerliche Entlastungen aus dem Sonderausgabenabzug von in Summe 8.400 Euro.
Mit der schädlichen Verwendung muss der Anbieter zunächst Zulagen und Steuervergünstigungen an Zulagenstelle und Finanzverwaltung zurückführen; vom Auszahlungsbetrag werden daher 11.025 Euro einbehalten. Auf ihrem Konto landen damit vor Steuern 28.975 Euro.
Steuerlich gilt nun der gesamte Ertrag als Bemessungsgrundlage, verstanden als Auszahlungsbetrag abzüglich eigener Einzahlungen; Zulagen zählen nicht zu den eigenen Einzahlungen. Der Ertrag beläuft sich hier auf 22.000 Euro (40.000 minus 18.000).
Unterstellt man einen persönlichen Grenzsteuersatz von 28 Prozent, ergibt das eine Einkommensteuer von 6.160 Euro; vereinfacht gerechnet kämen zusätzlich 338,80 Euro Solidaritätszuschlag in voller Höhe hinzu und – sofern kirchensteuerpflichtig – 554,40 Euro Kirchensteuer.
Ohne Kirchensteuer blieben der Sparerin nach der Steuerfestsetzung rund 22.476 Euro übrig; mit Kirchensteuer etwa 21.922 Euro.
Bezogen auf das ursprüngliche Vertragsguthaben entspricht das einem Netto von knapp 44 Prozent weniger – allein ausgelöst durch die Rückforderung der Förderung und die Besteuerung des Ertrags.
Das Beispiel zeigt, wie stark eine Komplettauszahlung belasten kann und warum es sich lohnt, Alternativen wie die reguläre Leibrente oder höchstens die zulässige Teilkapitalauszahlung zu prüfen.
Todesfall und Hinterbliebene: Förderung sichern oder verlieren
Verstirbt die Riester-Sparerin oder der Riester-Sparer, kann der Ehe- oder eingetragene Lebenspartner das vorhandene Kapital förderunschädlich auf einen eigenen zertifizierten Vertrag übertragen. Erfolgt stattdessen eine Auszahlung an andere Erben, werden staatliche Zulagen und Steuervergünstigungen zuvor einbehalten beziehungsweise zurückgefordert; die Auszahlung selbst unterliegt der Besteuerung. Vertragliche Gestaltungen wie Rentengarantiezeiten können den Abfluss an Hinterbliebene regeln, ändern aber nichts an der grundsätzlichen Logik der Förderung.
Produktkosten: Keine „Abzüge“ an der Kasse, aber Einfluss auf die Rentenhöhe
Abschluss-, Verwaltungs- und Risikokosten werden bei zertifizierten Riester-Produkten in der Regel über die gesamte Vertragslaufzeit einkalkuliert.
In der Auszahlphase erscheinen sie deshalb meist nicht als gesonderte „Abzüge“, sondern schlagen sich bereits in der Höhe der zugesagten Monatsrente nieder. Wer die Nettoauswirkung verstehen möchte, sollte die Renteninformation und die vertraglichen Kostenaufstellungen seines Anbieters prüfen.
Fazit: Netto entscheidet – und das ist planbar
Bei der Riester-Rente liegt der zentrale Abzug in der Auszahlphase in der Einkommensteuer.
Die 30-Prozent-Teilauszahlung zu Rentenbeginn ist voll steuerpflichtig; die Abfindung einer Kleinbetragsrente kann – anders als früher – steuerlich begünstigt sein. Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung fallen bei Riester-Leistungen in der KVdR nicht an, wohl aber häufig bei freiwillig gesetzlich Versicherten.
Bei „schädlicher Verwendung“ werden Zulagen und Steuerersparnisse zurückgefordert und Steuern auf Erträge fällig. Wer Auszahlform, Zeitpunkt und – bei Wohn-Riester – das Besteuerungsmodell klug wählt, kann die Netto-Rente spürbar verbessern.