Bürgergeld: Diese Jobcenter zahlen deutlich zu wenig Wohnkosten

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Bürgergeld Beziehende haben einen Anspruch auf die Übernahme der Wohnkosten. Die Jobcenter zahlen zwar die tatsächlichen Wohnkosten, allerdings nur bis zur Angemessenheitsgrenze, die in jeder Region unterschiedlich sind. Wenn diese Grenze überschritten ist, müssen Betroffene die Differenz aus den Regelleistungen zahlen, untervermieten oder umziehen.

Starke regionale Unterschiede

Die Wohnkostenlücke 2022 in Deutschland zeigt die Diskrepanz zwischen den tatsächlichen und von den Leistungsbehörden anerkannten laufenden Kosten für Unterkunft und Heizung. Im vergangenen Jahr beliefen sich die nicht übernommenen Kosten auf insgesamt 382 Millionen Euro, wie eine Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Partei “Die Linke” zeigte.

Diese Jobcenter zahlen deutlich zu wenig Miete

Diese Differenz betrug durchschnittlich 101 Euro pro Haushalt, in dem nicht die gesamten Wohnkosten abgedeckt wurden. Im Vergleich zum Vorjahr 2021, als dieser Betrag noch bei 91 Euro lag, ergab sich eine bedeutsame Steigerung um mehr als 10 Prozent.

Betrachtet man die Nichtübernahmequoten und die durchschnittlichen Beträge nach Bundesländern, zeigen sich deutliche Unterschiede:

1. Bayern wies mit einer Nichtübernahmequote von 17,82 Prozent und einem durchschnittlichen Betrag von 120,44 Euro die höchsten Werte auf.

2. Es folgten Rheinland-Pfalz mit 17,33 Prozent und 90,97 Euro sowie Baden-Württemberg mit 15,48 Prozent und 93,03 Euro.

3. In Berlin lag die Quote bei 14,91 Prozent mit durchschnittlich 148,67 Euro und in Niedersachsen bei 14,59 Prozent mit durchschnittlich 92,63 Euro.

4. Auf kommunaler Ebene fielen besonders das Jobcenter Ebersberg mit durchschnittlich 235,05 Euro nicht übernommener Kosten und München Stadt mit 210,44 Euro auf.

5. Auch Dachau mit 204,61 Euro, Fürstenfeldbruck mit 198,79 Euro, Saalfeld-Rudolfstadt mit 177,62 Euro und Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf mit 176,18 Euro wiesen hohe sehr hohe Unterdeckungswerte auf.

Auswirkungen und gesellschaftliche Relevanz

Diese nicht übernommenen Beträge stellen eine finanzielle Belastung für die Empfänger von Bürgergeld-Leistungen dar, die sie aus eigener Tasche begleichen müssen und dann noch weniger Bürgergeld zur Verfügung haben. Die genannten Durchschnittsbeträge zeigen jedoch lediglich eine Mittelzahl auf – in Einzelfällen können die tatsächlichen Belastungen sogar deutlich höher sein.

Die Zahlen, die im Rahmen einer Anfrage der Linkspartei an die Bundesregierung erhoben wurden, verdeutlichen einen sozialpolitischen Skandal, kritisiert Harald Thomé vom Sozialverein “Tacheles e.V.”.

Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II sind nämlich die Übernahmen der Unterkunftskosten und Heizung in tatsächlicher Höhe vorgesehen, soweit angemessen. Doch die vorliegenden Zahlen enthüllen, dass die Realität der Verwaltung mit ihren lokalen Mietobergrenzen sich deutlich von den tatsächlichen Bedingungen auf dem Wohnungsmarkt entfernt hat.

Forderung nach einem sofortigen Handlungsbedarf

Angesichts dieser Umstände wird ein unverzügliches Eingreifen von “Tacheles” gefordert. In Jobcentern, in denen mehr als 20 Prozent der Regelleistungen, sprich 100 Euro im Durchschnitt, nicht für die KdU übernommen wurden, bedarf es einer sofortigen Aussetzung der Mietkürzungen.

Eine Neufestsetzung der Mietobergrenzen, orientiert an den tatsächlichen Angeboten auf dem Wohnungsmarkt, wird als dringend notwendig erachtet.

Die von der Bundesregierung bereitgestellte Antwort auf die Anfrage der Linkspartei, umfassend 113 Seiten, ermöglicht es, die Werte für jedes einzelne Jobcenter detailliert einzusehen. (Download der Antwort der Bundesregierung)

Die Wohnkostenlücke im Jahr 2022 zeigt nicht nur eine deutliche Diskrepanz zwischen den tatsächlichen Kosten und der staatlichen Unterstützung, sondern weist auch auf strukturelle Missstände hin. Eine grundlegende Anpassung der Mietobergrenzen und eine Überprüfung der Übernahmeregelungen sind unerlässlich, um sozial benachteiligten Haushalten angemessene Lebensbedingungen zu gewährleisten.

Schonfrist läuft aus

Bei den meisten Leistungsbeziehenden läuft zum Ende des Jahres die Karenzzeit aus. Es ist demnach zu befürchten, dass huntertausende Bedarfsgemeinschaften “blaue Briefe” der Jobcenter erhalten, die eine Senkung der Unterkunftskosten fordern.

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