Bürgergeld: 2022 waren 50 Prozent der Hartz IV Bescheide falsch

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Die Sozialberatung Ruhr e.V. berichtet, dass etwa 50 Prozent der vorgelegten Hartz-IV-Bescheide falsch waren. Die Beratungsstelle vermutet einen Systemfehler. Es würde sich dabei nicht um einzelne Fehler von Sachbearbeitern in den Jobcentern handeln.

Systemfehler bei Hartz-IV-Bescheiden?

Auch im Jahre 2022 musste die Sozialberatungsstelle Ruhr e.V. feststellen, dass rund die Hälfte aller geprüften Hartz-4-Bescheide falsch waren. “Da auch in den vergangenen Jahren immer ca. 50 Prozent der uns vorgelegten Bescheide rechtswidrig waren, scheint es so zu sein, als wenn es sich hier um einen Systemfehler handelt und nicht um einzelne Fehler von Sachbearbeitern”, sagt Anton Hillebrand.

Zwar hatte der Gesetzgeber während der Pandemie zahlreiche Vereinfachungen vorgenommen, allerdings änderte dies nichts daran, dass die Anzahl der fehlerhaften SGB-II Bescheiden nicht sank.

Wird sich die Situation durch das Bürgergeld-Gesetz verbessern?

Die Sozialberatungsstelle erwartet nicht, dass sich diese Situation durch das neue Bürgergeld ändern wird. „Die Gelegenheit zu einer grundsätzlichen Revision dieser völlig verfehlten Gesetzeskonstruktion“ sei nach Meinung des Sozialrechtsexperten nicht ergriffen worden. Eine Um-Deklarierung eines schlechten Gesetzes würde dieses noch lange nicht zu einem „guten Gesetz“ machen.

Trotz Arbeit häufige Termine im Jobcenter

Für Leistungsbeziehende sei nicht erkennbar, dass die vielfach monierte „Verfolgungsbetreuung“ nunmehr beschränkt worden sei.

“Wir haben Fälle in der Beratung, wo z.B. ein Ehepaar, er Vollzeit, d.h. 40 Std./Woche, und sie 100 Stunden im Monat arbeitet, darüber hinaus noch Kinder zu betreuen sind, ewig zur Erörterung der beruflichen Lage“ in das Jobcenter einbestellt werden”, berichtet Hillebrand. Das sei “völlig sinnlos”, da die Betroffenen nicht mehr arbeiten könnten, als sie es bereits jetzt schon in Vollzeit tun würden.

Wenn es tatsächlich einen besser bezahlten Arbeitsplatz geben würde, könnte das Jobcenter die Menschen auch anschreiben, um darauf aufmerksam zu machen. “Dafür muss man sie nicht zwingen in die Behörde zu kommen.”

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Bereits jetzt Rechtslücken beim Bürgergeld

Beim Bürgergeld fällt zudem auf, dass zahlreiche Rechtslücken bestünden, die bis heute nicht geschlossen seien. Ein Beispiel ist die Einkommensregelung bei Schülern, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und in den Ferien einem Schülerjob nachgingen.

Bei Hartz IV konnten die Schüler noch 2.400,00 brutto kalenderjährlich anrechnungsfrei (§ 1 Abs. 4 ALG II-V) verdienen. Diese Regelung wurde nun vom Gesetzgeber gestrichen und durch eine neue ersetzt. Diese gilt allerdings erst am Juli 2023. Bis dahin werden Ferienjobs wie normal anzurechnendes Einkommen angesehen. Das bedeutet, dass gerade einmal 100,00 Grundfreibetrag und 20 % Erwerbstätigenfreibetrag berechnet werden.

“Dies ist eine deutliche Verschlechterung und es darf durchaus bezweifelt werden, dass der Gesetzgeber das so regeln wollte. Gleichwohl ist es nun erst einmal Gesetz”, mahnt der Sozialberater.

Weitere Regelungslücken, ob gewollt oder nicht, sind bei der Anrechnung von Einkünften aus dem Jugendfreiwilligendienst oder Bundesfreiwilligendienst entstanden und bei der Anrechnung von Geldgeschenken zu Anlässen wie Konfirmation, Jugendweihe oder Firmung an Minderjährige in einer Bedarfsgemeinschaft.

Noch immer verunglückte Rechtsnormen

“Das SGB II und auch das SGB XII sind völlig verunglückte Rechtsnormen, die nicht umsonst viele hundert Male in der relativ kurzen Zeit ihrer Existenz geändert wurden”, kritisiert der Hilfeverein. Stattdessen würde “an einem völlig verunglückten Gesetz herumgebastelt und einfach nur viele neue Fehler eingebaut.”