Bochumer Hartz IV-Anwalt vor dem BSG

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Bochumer Hartz IV-Anwalt am 27. Januar vor dem Bundessozialgericht in Kassel

Den weiten Weg zum Bundessozialgericht hat Rechtsanwalt Martin Reucher am Dienstag, 27. Januar: dann wird „sein“ Fall verhandelt, dem er seit Jahren Herz und Hirn widmet: die Hartz IV-Regelleistungen für Kinder reichen vorne und hinten nicht für das Notwendigste. Das pfeifen die Spatzen mittlerweilen von den Dächern, die Politik hüllt sich in Schweigen. „Damit sind einige grundlegende Gebote des Grundgesetzes verletzt“ meint Rechtsanwalt Reucher. „Gesundheit und körperliche Unversehrtheit sind mit den Hartz-IV-Regelsätzen nicht zu gewährleisten, Benachteiligung durch Herkunft wird festgeschrieben, die Entfaltung der Persönlichkeit behindert und das Elternrecht auf Pflege und Erziehung der Kinder praktisch auf niedrigstes Niveau reduziert.“ Zudem werde das Gleichheitsgebot verletzt – in anderen Sozialbereichen seien Kinder besser gestellt. „Das Sozialstaatsgebot soll dafür Sorge tragen, dass die Gesellschaft nicht auseinandergerissen wird“ meint Martin Reucher. „Bei dieser Unterversorgung haben diese Kinder aber keine Chance mehr.“

Neben der insgesamt zu niedrigen Höhe der Hartz IV-Leistungen, die derzeit auch beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist, sieht Reucher einen wesentlichen Grund für diesen Misstand im Verfahren zur Festlegung der Höhe der Regelleistungen: im Unterschied zur früheren Sozialhilfe werde nicht mehr der tatsächliche Bedarf ermittelt und regelmäßig inflationsangepasst, sondern es wird das Verbrauchsverhalten eines ledigen Erwachsenen im unteren Einkommensbereich als Maßstab zu Grund gelegt. Davon werden zunächst etliche angeblich nicht grundsicherungsrelevante Abzüge vorgenommen. Dann wird ohne Begründung vorausgesetzt, Kinder hätten nur einen Bedarf in Höhe von 60 % dieses reduzierten Erwachsenbedarfes. „Kinder sind doch keine kleinen Erwachsenen“ empört sich Reucher, „sondern sie haben ganz alterstypische Bedarfe, die in Teilbereichen sogar höher sein können als die von Erwachsenen“. So werde der wachstumsbedingte Bedarf an Kleidung und Ernährung gar nicht berücksichtigt. Unterstützung in Kassel erhält Rechtsanwalt Reucher vom Bürokollegen Rechtsanwalt Steffen Bundrück: „13jährige Kinder sollen sogar mit den gleichen Beträgen abgespeist werden wie Neugeborene und für Bildung ist in der Regelleistung gar nichts vorgesehen.“

„Sozialleistungen nach Kassenlage“ sind mit dem Grundgesetz unvereinbar“ fährt Reucher fort. Grundrechte seien unteilbar und unantastbar. „Äußerungen einiger Politiker und sogar einiger Sozialrichter, es reiche schon, wenn die Menschen nicht verhungern und ein Dach über dem Kopf haben, kann ich nur mit Empörung zurückweisen.“ (Unabhängige Sozialberatung, 23.01.2009)