Arbeitslos kurz vor der Rente: Regeln beachten und Rentenansprüche sichern

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Wer in den letzten Berufsjahren den Job verliert, fürchtet gleich doppelt: fehlendes Einkommen und eine gefährdete Rente. Die gute Nachricht: In vielen Fällen zählen Zeiten mit Arbeitslosengeld (ALG I) vollständig als Versicherungszeit – wenn Sie ein paar Spielregeln kennen und aktiv nutzen.

Der folgende Artikel zeigt, welche Monate auf die 35 oder 45-Jahres-Wartezeit angerechnet werden, wo gefährliche Lücken lauern und wie Sie diese sofort schließen.

Warum die Wartezeit Ihr Rententicket ist

Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) verlangt Mindestversicherungszeiten. Ohne sie gibt es keine Altersrente.

Rentenart Erforderliche Versicherungszeit
Rente für Schwerbehinderte 35 Jahre
Rente mit Abschlägen ab 63 35 Jahre
Abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte 45 Jahre

Ob Sie die Vorgaben erfüllen, entscheidet sich nicht erst am letzten Arbeitstag. Darum lohnt es, schon bei drohender Arbeitslosigkeit zu prüfen, wie viele beitragspflichtige Monate bereits auf Ihrem DRV-Konto liegen.

ALG I – Pflichtbeiträge, die jede 35-Jahres-Lücke füllen

Beziehen Sie Arbeitslosengeld I, zahlt die Bundesagentur für Arbeit Pflichtbeiträge in die Rentenkasse (§ 174 SGB III). Jede Kalendermonate dieses Bezugs zählen damit automatisch als Versicherungszeit und erhöhen Ihre Bilanz für alle Renten, die 35 Jahre verlangen (§ 51 Abs. 3 SGB VI).

Sogar die ersten zwölf Monate Elternzeit oder ein Studium (maximal acht Jahre) fließen ebenfalls ein – eine solide Basis für viele Jahrgänge.

Ihr Vorteil: Sie bewahren den Anspruch auf die Schwerbehinderten oder 63er-Rente, selbst wenn der Job ein Jahr vor dem geplanten Ruhestand wegbricht.

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Bürgergeld – Anrechnungszeit ohne Beiträge, aber trotzdem wertvoll

Seit 2023 ersetzt das Bürgergeld das frühere Arbeitslosengeld II. Zwar leistet das Jobcenter keine Rentenbeiträge, doch der Zeitraum gilt als Anrechnungszeit (§ 58 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI). Für die 35-Jahres-Wartezeit reicht das aus – für die 45-Jahre-Rente jedoch nicht. Wer ausschließlich Bürgergeld bezieht, verlängert also nicht seine Bilanz für „besonders langjährige Versicherte“.

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– 45 Jahre eingezahlt und dennoch ein Abschlag bei der Rente

Die 24-Monats-Falle vor der 45-Jahre-Rente

§ 51 Abs. 3a SGB VI streicht alle ALG-Monate, die in den letzten 24 Monaten vor Rentenbeginn liegen, aus der 45-Jahres-Wartezeit. Einzige Ausnahme: Ihr Arbeitgeber meldet Insolvenz oder gibt den Betrieb vollständig auf. In diesem Sonderfall bleiben auch späte ALG-Zeiten anrechenbar.

Praxisbeispiel:
Frau M., Jahrgang 1962, hat 44 Jahre und 10 Monate belegt. Zwei Jahre vor dem frühestmöglichen Rentenbeginn verliert sie ihren Job. Sie bezieht zwölf Monate ALG I, danach Bürgergeld. Die ALG-Zeit liegt genau im kritischen 24-Monats-Fenster und fliegt aus der Rechnung. Es fehlen weiter zwei Monate – die abschlagsfreie Rente rückt in die Ferne.

So stopfen Sie Lücken sofort

Sie müssen nicht tatenlos zusehen, wenn Monate fehlen:

1. Versicherungspflichtiger Minijob (≥ 538 €)
Schon ein einziger sozialversicherungspflichtiger Minijob liefert volle Pflichtbeiträge – perfekt, um fehlende Monate aufzurunden.

2. Freiwillige Beiträge
Jeder zwischen 16 Jahren und Regelaltersgrenze darf monatlich freiwillig einzahlen (mindestens 100,07 € im Jahr 2025). Ein Vierteljahr genügt oft, um die 45 Jahre vollzumachen.

3. Pflegezeiten
Wer Angehörige wenigstens zehn Stunden pro Woche pflegt, kann sich beitragsfrei versichern lassen; auch diese Monate zählen als Pflichtbeitragszeit.

Meldepflicht: Kein Beitrag ohne Arbeitsuchend-Status

Beziehen Sie kein ALG I, weil die Sperrzeit nach Eigenkündigung greift oder der Anspruch erschöpft ist, können Monate dennoch als Anrechnungszeit verbucht werden – allerdings nur, wenn Sie durchgängig arbeitsuchend gemeldet sind. Versäumen Sie die Meldung, löscht die DRV diese Monate endgültig aus Ihrer Statistik.

Sperrzeit: Doppelte Strafe vermeiden

Eine Sperrzeit kostet nicht nur Geld, sondern auch Versicherungsmonate, denn während des Ruhens zahlt die Arbeitsagentur keinerlei Beiträge. Prüfen Sie daher vor jeder Eigenkündigung, ob ein wichtiger Grund vorliegt (z. B. gesundheitliche Unzumutbarkeit). Sonst riskieren Sie drei Monate Sperre und damit drei fehlende Rentenmonate.

Altersgrenzen im Blick behalten

Die abschlagsfreie 45-Jahre-Rente wandert stufenweise von 63 auf 65 Jahre. Wer 1964 oder später geboren ist, erreicht die besondere Rente erst mit 65 Jahren. Planen Sie entsprechend: Ein früher Rentenstart gelingt nur, wenn Sie Abschläge akzeptieren oder schwerbehindert sind.

Krankengeld und Übergangsgeld zählen oft mit

Beziehen Sie Krankengeld oder Übergangsgeld, gelten diese Monate als Anrechnungszeit und fließen grundsätzlich in die 45-Jahres-Wartezeit ein – außer sie liegen wiederum im letzten Zweijahres-Fenster. Kontrollieren Sie deshalb auch längere Krankheitsphasen im Versicherungsverlauf.

Schnell-Check für Ihre persönliche Strategie

Prüfen Sie Ihren Versicherungsverlauf online im DRV-Konto.
Errechnen Sie fehlende Monate bis 35 oder 45 Jahre.
Wählen Sie gezielt einen Minijob oder freiwillige Beiträge, um Lücken zu schließen.