Abkehr von Hartz IV Sanktionen die keine ist

Lesedauer 2 Minuten

Die Leitmedien berichten: Keine Sanktionen mehr bei Hartz IV in diesem Jahr. Doch die vermeintliche Abkehr von den Sanktionen ist alles andere als ein Sanktionsmoratorium.

Das Bundesarbeitsministerium hatte im Februar einen Referentenentwurf vorgelegt. Im Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel-Koalition aus SPD, Grüne und FDP darauf verständigt, die geltenden Sanktionsregelungen bis zum Jahresende 2022 befristet außer Kraft zu setzen.

Gesetzesentwurf wesentlich geändert

Nunmehr hat sich die Bundesregietung einen wesentlich veränderten Gesetzesentwurf verabschiedet, der nicht die Sanktionen abschafft, sondern nur leicht modifiziert.

Die durch das Bundeskabinett am 15. März 2022 gegenüber dem Entwurf beschlossene Verschärfung sieht in Artikel 1 des Gesetzentwurfes vor, dass die Übergangsregelung in § 84 SGB II so verändert wird, dass die Sanktionsregelung für Pflichtverletzungen aus § 31a SGB II bis zum 31. Dezember 2022 nicht angewendet werden soll. Im Referentenentwurf des Ministeriums war an dieser Stelle noch formuliert, dass die §§ 31, 31b und 32 bis zum 31. Dezember 2022 ausgesetzt werden sollen.

Meldeversäumnisse werden weiterhin bestraft

“Indem die Sanktionsregelungen bei Meldeversäumnissen bestehen bleiben, bekennt sich die Bundesregierung zur Fortführung der Mehrzahl der Sanktionen”, kritisiert der Paritätische Gesamtverband.

Ein Moratorium bedeutet, dass ein gesetzlich angeordneter Aufschub veranlasst wird. Bei dem nun vorgelegtem Entwurf kann allerdings nicht von einem Sanktionsmoratorium gesprochen werden.

Lesen Sie auch:
Veräppelt 2.0: Weiterhin Hartz IV Sanktionen

Gut vier Fünftel der bisher veranlassten Sanktionen entfielen nämlich auf die sogenannten Meldeversäumnisse. Diese sollen laut Gesetzesentwurf nun weiterhin mit Geldkürzungen bis zu 30 Prozent bestraft werden.

Schauen wir uns die Zahlen genauer an:
Laut einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit (vor Pandemie-Beginn) wurden insgesamt 806.811 Sanktionen ausgesprochen. 629.370 Leistungskürzungen entfielen auf einfache Meldeversäumnisse. Meldeversäumnisse sind zum Beispiel Termine in Jobcentern, die nicht wahrgenommen wurden. Das sind etwa 78 Prozent der neu festgestellten Sanktionen.

Kein Bürokratieabbau

Mit dem ursprünglichen Referentenentwurf hätte die Bundesregierung für Einsparungen im Bereich Bürokratie gesorgt. Nach Berechnungen des Bundesarbeitsministerium hätten 17.000 Stunden Arbeitsaufwand reduziert werden können. Nunmehr sind es lediglich 8000 Stunden.

Der Paritätische Gesamtverband kritisiert diese “Rolle Rückwärts” scharf und fordert die Sanktionen bei Hartz IV in der Gänze abzuschaffen. “Die Regelsätze der Grundsicherung unterschreiten regelmäßig schon jetzt das soziokulturelle Existenzminimum, das nicht zusätzlich gekürzt werden darf”. Der Entwurf solle von

Er fordert die demokratischen Fraktionen im Deutschen Bundestag auf, die vorgeschlagenen Verschärfungen zurückzuweisen und ein Sanktionsmoratorium zu verabschieden, dass seinen Namen verdient. Das setzt voraus, dass alle Sanktionen ausgesetzt werden.