Eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, dass 38 % der Vollzeitbeschäftigten in Deutschland regelmäßig über 40 Stunden pro Woche arbeiten, oft ohne entsprechende Bezahlung.
Besonders auffällig ist, dass etwa ein Viertel der Befragten regelmäßig zusätzliche Aufgaben übernimmt, die nicht zu ihren vereinbarten Pflichten gehören, ohne dafür Anerkennung oder finanzielle Vergütung zu erhalten.
Inhaltsverzeichnis
Arbeit, die niemand sieht
Ein bedeutendes Problem stellt die „unsichtbare Arbeit“ dar: Tätigkeiten, die nicht im Arbeitsvertrag aufgeführt sind, von den Mitarbeitern jedoch trotzdem erwartet werden.
- Veranstaltungsplanung: Organisation von Firmenfeiern, Geburtstagsfeiern oder anderen sozialen Events.
- Social Media: Pflege und Aktualisierung der Social-Media-Konten des Unternehmens.
- Ad-hoc-Berichte: Erstellung von Berichten oder Präsentationen, die nicht zu den Kernaufgaben des Mitarbeiters gehören.
- Kaffee und Verpflegung: Zubereitung von Kaffee oder Bestellung von Mittagessen für Meetings.
- Technische Unterstützung: Behebung von Computerproblemen oder technischen Störungen, die normalerweise von der IT-Abteilung übernommen werden sollten.
- Büroorganisation: Aufräumen von Gemeinschaftsbereichen wie Küche oder Lagerraum.
- Besorgungen: Erledigung persönlicher Einkäufe oder Abholung von Paketen und Dokumenten.
- Reisevorbereitungen: Buchen von Flügen, Hotels und Mietwagen für Vorgesetzte oder Kollegen.
- Freiwilligenarbeit: Teilnahme an freiwilligen oder wohltätigen Aktivitäten im Namen des Unternehmens.
Überlastung kann zur Krankheit führen
Eine Überlastung mit solchen Aufgaben kann nicht nur körperliche und psychische Beschwerden hervorrufen, sondern auch die Motivation, Produktivität und Innovationsfähigkeit langfristig beeinträchtigen.
Menschen, die sich ausgebeutet fühlen, sind zudem anfälliger für Burn-out und zeigen weniger Engagement bei der Arbeit.
Ausbeuten um jeden Preis
Doch damit nicht genug, viele Chefs haben psychologische Tricks und Strategien entwickelt, um Mitarbeiter vorsätzlich auszubeuten.
Sie nutzen dabei die Abhängigkeit ihrer Angestellten aus, um aus ihnen das höchstmögliche herauszupressen.
Mit diesen Tricks treiben Chefs ihre Mitarbeiter ins Hamsterrad
Fühl dich schuldig: Dein Chef deutet an, dass du das Team im Stich lässt, wenn du keine Überstunden machst oder zusätzliche Aufgaben übernimmst. Diese emotionale Beeinflussung zielt darauf ab, dein Pflichtbewusstsein und Verantwortungsgefühl auszunutzen.
Sei immer erreichbar: Es wird erwartet, dass du immer erreichbar bist, auch im Urlaub oder am Wochenende. Dadurch kannst du nie wirklich abschalten und bleibst ständig im Arbeitsmodus. Dein Chef nutzt dies, um deine Arbeitszeit ohne zusätzliche Bezahlung zu maximieren.
Unerreichbare Belohnungen: Dir wird eine Gehaltserhöhung oder eine Beförderung versprochen, wenn du ein bestimmtes Projekt abschließt. Doch nach Abschluss des Projekts werden immer neue Gründe genannt, warum die Belohnung nicht gewährt werden kann. So wirst du ständig weiter motiviert, ohne dass das Versprechen jemals eingelöst wird.
Falsche Freundschaft: Es wird eine scheinbar freundschaftliche Beziehung aufgebaut, um deine Loyalität gegenüber dem Unternehmen oder den Kollegen auszunutzen. Lehnst du dann Aufgaben ab oder übst Kritik, fühlst du dich unwohl und nimmst die Arbeit dann möglicherweise doch an.
Ich sehe alles: Dein Chef beobachtet jede deiner Handlungen genau und setzt dich unter Druck, deine Effizienz ständig zu steigern. Dies führt dazu, dass du dich überwacht und gestresst fühlst. Diese Strategie schafft ein Klima der Angst, das dich zu ständiger Höchstleistung drängt.
Flexibilitäts-Trick: Unter dem Vorwand der „Flexibilität“ werden dir ständig neue Aufgaben und wechselnde Arbeitszeiten aufgezwungen. Anstatt ein Vorteil zu sein, erhöht diese vermeintliche Flexibilität den Druck auf viele Beschäftigte.
Mehr Verantwortung: Dir werden mehr Verantwortung und zusätzliche Aufgaben übertragen, ohne dass dein Gehalt erhöht oder du befördert wirst. Diese Taktik nutzt das Gefühl der Wertschätzung aus, während du tatsächlich einfach nur mehr arbeitest.
Wie kann man diesen Praktiken entgegnen?
Wichtig ist, dass du deine Rechte kennst, dieses Wissen hilft dir dabei, die richtigen Schritte zu unternehmen und die richtige Reihenfolge einzuhalten.
Wichtige Tipps zum Verhalten
Wir haben einige Tipps für dich gesammelt, wie du dich in einer der beschriebenen Situationen verhalten kannst.
Lerne, Nein zu sagen: Es ist wichtig, Aufgaben abzulehnen, die über dein vereinbartes Arbeitspensum hinausgehen. Das kann anfangs schwerfallen, schützt dich aber vor Überlastung. Lerne, höflich und bestimmt „Nein“ zu sagen, wenn du deine Grenzen erreicht hast.
Arbeitszeiten festhalten: Dokumentiere deine Arbeitszeiten genau und informiere deinen Vorgesetzten über geleistete Überstunden. Fordere gegebenenfalls einen Ausgleich in Form von Freizeit oder einer zusätzlichen Vergütung. Eine präzise Aufzeichnung kann auch in rechtlichen Auseinandersetzungen hilfreich sein.
Gespräche mit dem Vorgesetzten führen: Führe regelmäßig Gespräche mit deinem Vorgesetzten, um deine Arbeitsbelastung und Erwartungen zu klären. Dies schafft Transparenz und verhindert Missverständnisse. Bereite dich gut auf diese Gespräche vor, indem du konkrete Beispiele und Lösungsvorschläge präsentierst.
Vertrag sorgfältig prüfen: Überprüfe deinen Arbeitsvertrag genau, um sicherzustellen, dass deine Aufgaben und Arbeitszeiten klar definiert sind. Unpräzise Formulierungen können leicht zu Ausbeutung führen. Es kann nützlich sein, den Vertrag zusammen mit einem Anwalt oder einem Gewerkschaftsvertreter zu analysieren.
Gewerkschaft beitreten: Gewerkschaften bieten Unterstützung und setzen sich für gerechte Arbeitsbedingungen ein. Eine starke Gemeinschaft verbessert deine Verhandlungsposition. Sie bieten oft Schulungen und rechtliche Beratung an.
Der Betriebsrat kann eine gute Lösung sein
Der Betriebsrat ist dein erster Ansprechpartner, um deine Rechte als Arbeitnehmer durchzusetzen. Er setzt sich für gerechte Arbeitsbedingungen ein und hat ein Mitspracherecht bei wesentlichen betrieblichen Entscheidungen. Der Betriebsrat unterstützt dich bei Anliegen wie:
- Arbeitszeitgestaltung: Regelungen zu Überstunden, Schichtarbeit und Pausen.
- Urlaubsansprüche: Unterstützung bei der Durchsetzung deiner Urlaubsplanung und -ansprüche.
- Arbeitsplatzsicherheit: Sicherstellung von Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und der Unfallverhütung.
- Entgeltfragen: Hilfe bei der Überprüfung und Anpassung deines Gehalts sowie bei Fragen zu Sonderzahlungen.
- Arbeitsplatzgestaltung: Mitwirkung bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsmittel.
- Konfliktlösung: Unterstützung bei Konflikten mit Vorgesetzten oder Kollegen.
Kündigungsschutz: Beratung und Unterstützung im Falle einer Kündigung oder Abmahnung.
Wann sollte man einen Anwalt einzuschalten?
Reichen Gespräche nicht aus, um deine aktuelle Situation zu verbessern, könnte es hilfreich sein, rechtliche Schritte zu unternehmen. Ein auf Arbeitsrecht spezialisierter Anwalt kann dir dabei helfen, deine Ansprüche durchzusetzen und dich umfassend über deine Rechte aufklären.
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