Bürgergeld: Pflegegeld von Angehörigen ist Einkommen

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Im Rahmen der Prüfung des Anordnungsgrundes ist Pflegegeld von Angehörigen Einkommen
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen gibt bekannt, dass das einem Angehörigen zugewandte bzw. zur Verfügung stehende Pflegegeld wie andere geschützte aber dennoch bereite Mittel im Rahmen der Prüfung des Anordnungsgrundes Berücksichtigung finden soll und muss (LSG NRW, Beschluss v. 01.12.2025 – L 6 AS 1191/25 B ER – und – L 6 AS 1192/25 B – ).

Der Berücksichtigung des Pflegegeldes i. H. v. ca. 300 €, das die Ehefrau des Antragstellers von ihm erhält, steht im Rahmen des Anordnungsgrundes weder § 13 Abs. 5 Satz 1 SGB XI noch § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Bürgergeld (Bürgergeld-VO) entgegen.

§ 13 Abs. 5 Satz 1 SGB XI

§ 13 Abs. 5 Satz 1 SGB XI bestimmt, dass Leistungen der Pflegeversicherung als Einkommen u. a. bei Sozialleistungen, deren Gewährung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt bleiben. Diese Regelung gilt allerdings nur für die Person, die als Anspruchsberechtigte das monatliche Pflegegeld erhält (hier: Antragsteller), nicht jedoch für die Person, die Leistungen gegenüber der pflegegeldberechtigten Person erbringt und der dafür das Pflegegeld zugewandt wird (hier: Ehefrau).

Diese Person bezieht keine Leistungen der Pflegeversicherung i. S. dieser Vorschrift (so bereits Beschluss des erkennenden Senats vom 13.05.2022, L 6 AS 150/22 B ER unter Hinweis auf LSG Hessen, Urteil vom 12.11.2014, L 6 AS 491/11.

§ 1 Abs. 1 Nr. 4 Bürgergeld-VO

) Auch § 1 Abs. 1 Nr. 4 Bürgergeld-VO, wonach nicht steuerpflichtige Einnahmen einer Pflegeperson für Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, führt hier zu keinem abweichenden Ergebnis. Denn im Rahmen der Prüfung des Anordnungsgrundes können auch Mittel Berücksichtigung finden, die bei der materiellen Frage der Hilfebedürftigkeit außen vor bleiben müssen, weil es sich um Schonvermögen (§ 12 Abs. 2 und 3 SGB II) handelt.

Für das dem Antragsteller als Berechtigtem zugeflossene und teilweise an seine Ehefrau weitergeleitete Pflegegeld (i. H. v. insgesamt monatlich 599 €) gilt im Ergebnis nichts anderes

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Pflegegeld als zweckbestimmte Einnahme i. S. d. § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II

Denn soweit vertreten wird, dass das Pflegegeld als zweckbestimmte Einnahme i. S. d. § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II allein dazu diene, den besonderen behinderungsbedingten Bedarf der pflegebedürftigen Person abzudecken und sein Einsatz für die Bedarfsdeckung der anderen Familienmitglieder bzw. der pflegebedürftigen Person ggf. zu deren Lasten auch nur vorübergehend nicht zumutbar sei (so LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2018, L 7 AS 733/18 B ER), ist dieser Auffassung entgegenzuhalten, dass bereits dem Wortlaut des § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI nach der Anspruch auf Pflegegeld voraussetzt, dass die Pflegebedürftige Person mit dem Pflegegeld die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellt.

Die Pflege kann – wie hier – durch Angehörige, sonstige ehrenamtliche Pflegepersonen oder durch erwerbsmäßige Pflegekräfte erbracht werden (BT-Drucks. 12/5262, S. 112 zu § 33). Das Pflegegeld soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers kein Entgelt für die von der Pflegeperson oder den Pflegepersonen erbrachten Pflegeleistungen darstellen. Es setzt vielmehr den Pflegebedürftigen in den Stand, Angehörigen und sonstigen Pflegepersonen eine materielle Anerkennung für die mit großem Einsatz und Opferbereitschaft im häuslichen Bereich sichergestellte Pflege zukommen zu lassen.

Das Pflegegeld bietet somit einen Anreiz zur Erhaltung der Pflegebereitschaft der Angehörigen, Freunde oder Nachbar. Dem Ausgleich anderer behinderungsbedingter Bedarfe dient das Pflegegeld nicht.

Fazit

Es ist kein Grund ersichtlich, warum das – wie hier – einem Angehörigen zugewandte bzw. zur Verfügung stehende Pflegegeld nicht ebenso wie andere geschützte aber dennoch bereite Mittel im Rahmen der Prüfung des Anordnungsgrundes Berücksichtigung finden soll.

Anmerkung vom Sozialrechtsexperten Detlef Brock

Jobcenter darf 125 Euro Nachbarschaftshilfe für Pflegebedürftige nicht anrechnen, denn die Nachbarschaftshilfe für Pflegepersonen stellt eine Aufwandsentschädigung dar, welche beim Bürgergeld nicht zu berücksichtigen ist (§ 1 Nr. 4 Bürgergeld-V i.V.m. § 3 Nr. 36 EStG – LSG Mecklenburg – Vorpommern, Urteil vom 13.05.2025 – L 8 AS 21/25 – Revision zugelassen – ).