Schwerbehinderung: Letzte Chance 2025 – Wer jetzt noch von alten Regeln zur Rente profitiert

Lesedauer 5 Minuten

Für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen bricht zum Jahreswechsel 2025/2026 eine neue Ära an. Die Generation vor 1964 profitiert noch von Übergangsregeln, die einen früheren Ausstieg ermöglichen. Ab Jahrgang 1964 gilt nur noch das neue, deutlich strengere Recht.

Wer seinen Rentenbeginn jetzt falsch plant, verschenkt nicht nur Monate, sondern unter Umständen mehrere Hundert Euro Rente – Monat für Monat, lebenslang.

Altes Recht: Frühere Ausstiegschancen für Schwerbehinderte

Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen gibt es, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Ein anerkannter Grad der Behinderung von mindestens 50, eine Wartezeit von 35 Jahren mit rentenrechtlichen Zeiten und das Erreichen der für den Jahrgang geltenden Altersgrenze.

Wird die Rente vor der jeweils abschlagsfreien Altersgrenze in Anspruch genommen, kürzt die Rentenversicherung für jeden Monat 0,3 Prozent – maximal um 10,8 Prozent bei 36 Monaten Vorziehen.

Für die Jahrgänge 1952 bis 1963 gelten noch gestaffelte Übergangsregeln. Die Altersgrenze für eine abschlagsfreie Schwerbehindertenrente steigt in Zwei-Monats-Schritten von 63 auf 65 Jahre.

Parallel dazu klettert die Altersgrenze für die vorgezogene Schwerbehindertenrente mit Abschlag von 60 auf 62 Jahre. Wer vor 1964 geboren ist, kann also – je nach Jahrgang – noch zwischen gut 61 und gut 64 Jahren in die Schwerbehindertenrente einsteigen.

Bruch ab 2026: Jahrgang 1964 als erste Voll-Betroffene

Ab dem 1. Januar 2026 wird die Übergangsära beendet. Für alle Versicherten ab Geburtsjahrgang 1964 gibt es nur noch die einheitlichen Grenzen: Frühestens mit 62 Jahren Schwerbehindertenrente mit dem Maximalabschlag von 10,8 Prozent und ohne Abschlag erst mit 65 Jahren. Frühere Rentenbeginne bleiben diesen Jahrgängen dauerhaft verwehrt, selbst wenn der Grad der Behinderung deutlich über 50 liegt.

Damit werden schwerbehinderte Versicherte des Jahrgangs 1964 die ersten sein, die ihre Altersrente wegen ihrer Behinderung nicht mehr vor 62 in Anspruch nehmen können und die abschlagsfreie Grenze fest bei 65 Jahren haben. Für alle folgenden Jahrgänge gilt das Gleiche.

Tabelle: Jahrgang 1960 bis 1964 im Vergleich

Gerade im Hinblick auf die „letzte Chance 2025“ lohnt ein Blick auf die maßgeblichen Altersgrenzen der jüngeren Jahrgänge vor 1964:

Geburtsjahrgang Schwerbehindertenrente (abschlagsfrei / frühestens mit Abschlag)
1960 64 Jahre und 4 Monate / 61 Jahre und 4 Monate (10,8 % Abschlag)
1961 64 Jahre und 6 Monate / 61 Jahre und 6 Monate (10,8 % Abschlag)
1962 64 Jahre und 8 Monate / 61 Jahre und 8 Monate (10,8 % Abschlag)
1963 64 Jahre und 10 Monate / 61 Jahre und 10 Monate (10,8 % Abschlag)
1964 und jünger 65 Jahre / 62 Jahre (10,8 % Abschlag)

Die Angaben beruhen auf Veröffentlichungen der Deutschen Rentenversicherung und des Sozialverbands VdK zu den Altersgrenzen bei der Schwerbehindertenrente.

Wer 2025 wirklich noch profitieren kann

Die Übergangsregelungen sind an das Geburtsjahr gekoppelt, nicht an das Kalenderjahr. Trotzdem gibt es einen engen Zeitkorridor, in dem 2025 und Anfang 2026 noch einmal alles auf dem Spiel steht. Entscheidend ist der Jahrgang 1963.

Für schwerbehinderte Versicherte, die 1963 geboren sind, liegt der frühestmögliche Beginn der Schwerbehindertenrente bei 61 Jahren und 10 Monaten mit dem maximalen Abschlag. Wer genau in die späten Geburtsmonate 1963 fällt, kann seine Altersrente deshalb noch 2025 nach altem Recht starten – also vor dem 62. Geburtstag.

Rentenberater weisen darauf hin, dass der November 2025 der letzte Monat ist, in dem eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen überhaupt noch nach § 236a SGB VI beginnen kann. Danach greift für neu beginnende Renten nur noch § 37 SGB VI.

Hinzu kommt die Drei-Monats-Regel: Ein Rentenbeginn kann grundsätzlich bis zu drei Monate rückwirkend beantragt werden. Wer die Voraussetzungen erfüllt, kann sich also im Dezember 2025 oder Januar 2026 noch einen Rentenstart im Oktober oder November 2025 sichern – sofern der Antrag rechtzeitig eingeht und alle Bedingungen erfüllt sind.

Wird diese Frist verpasst, ist der Zugang vor 62 Jahren endgültig verbaut.

Wer hart verliert: Typische Fallen rund um 2025/2026

Die größte Gruppe von Verlierern sind alle ab 1964 Geborenen, die sich jahrelang auf eine vorgezogene Schwerbehindertenrente mit deutlich unter 62 eingestellt haben. Für sie bleibt nur noch der Einstieg mit 62 und 10,8 Prozent Abschlag oder der Verbleib im Erwerbsleben bis 65, um Abschläge zu vermeiden. Die gesetzliche Grenze ist hier eindeutig und lässt keine Ausnahmen zu.

Aber auch unter den Jahrgängen vor 1964 gibt es Konstellationen, in denen Betroffene faktisch „hart verlieren“. Besonders problematisch sind drei Punkte.

Erstens die falsche Rentenart: Wer sich vorschnell für eine Schwerbehindertenrente mit 10,8 Prozent Abschlag entscheidet, obwohl ein paar Monate später die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach 45 Jahren Wartezeit möglich wäre, verschenkt dauerhaft Geld.

Ein späterer Wechsel der Rentenart ist in aller Regel ausgeschlossen, die einmal bewilligte Rente bleibt mit ihren Abschlägen bestehen.

Zweitens das falsche Startdatum innerhalb des alten Rechts. Jeder Monat, den die Rente vor der abschlagsfreien Grenze beginnt, reduziert den Rentenanspruch dauerhaft.

Ein Start drei Monate zu früh kostet 0,9 Prozent, zwölf Monate zu früh 3,6 Prozent der Bruttorente – ohne dass Betroffene sich immer bewusst machen, wie stark sich dieser Effekt über 10 oder 20 Bezugsjahre aufsummiert.

Drittens das Risiko beim Grad der Behinderung. Die Schwerbehindertenrente gibt es nur, wenn bei Rentenbeginn ein Grad der Behinderung von 50 oder mehr vorliegt. Fällt der GdB bei einer Neufeststellung kurz vor dem geplanten Rentenstart unter 50 oder läuft ein befristeter Ausweis aus, kann der Anspruch auf die Schwerbehindertenrente weg sein.

Sozialverbände warnen ausdrücklich davor, ohne Beratung kurz vor dem Rentenbeginn einen Verschlimmerungs- oder Überprüfungsantrag zu stellen, weil dabei die gesamte Akte auf den Prüfstand kommt und es auch zu einer Herabstufung kommen kann.

Knapp an den 35 Jahren vorbei: Wenn Wartezeiten zur Stolperfalle werden

Ein weiterer stiller Verliererkreis sind Versicherte mit lückenhaften Erwerbsbiografien. Wer über längere Zeit selbstständig ohne Pflichtversicherung war, Minijobs ohne Rentenbeiträge hatte, häufige Phasen von Arbeitslosigkeit oder Bürgergeld-Bezug ohne Anrechnungszeiten erlebt hat oder länger im Ausland gearbeitet hat, kann an den 35 Jahren Wartezeit scheitern. Wird diese Schwelle knapp verfehlt, entfällt der Zugang zur Schwerbehindertenrente vollständig. Betroffene müssen dann auf andere Rentenarten ausweichen, zum Beispiel auf die Altersrente für langjährig Versicherte mit zum Teil deutlich höheren Abschlägen.

Gerade rund um 2025 lohnt ein genauer Blick in den Versicherungsverlauf. Manche wenige Monate Pflichtbeiträge – etwa durch eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder freiwillige Beiträge – können darüber entscheiden, ob die 35 Jahre erreicht werden und der frühere Renteneinstieg möglich ist oder ob jemand mehrere Jahre länger arbeiten muss.

Strategische Planung: Was Betroffene jetzt unbedingt prüfen sollten

Wer zur Zielgruppe der Jahrgänge vor 1964 gehört, sollte 2025 keine Entscheidungen aus dem Bauch heraus treffen. Zunächst ist eine aktuelle Rentenauskunft wichtig, in der alle rentenrechtlichen Zeiten aufgeführt sind. Nur so lässt sich erkennen, ob die 35 Jahre Wartezeit für die Schwerbehindertenrente oder sogar die 45 Jahre für die besonders langjährig Versicherten erreicht sind, wie hoch die voraussichtliche Monatsrente in den verschiedenen Szenarien wäre und welche Altersgrenzen individuell gelten.

Parallel dazu gehört der Schwerbehindertenstatus auf den Prüfstand. Betroffene müssen wissen, ob ihr GdB 50 oder höher befristet ist, wann der Ausweis ausläuft und ob laufende Verfahren bei den Versorgungsämtern existieren. Jede Veränderung des GdB kann Einfluss darauf haben, ob die Schwerbehindertenrente überhaupt bewilligt wird.

Schließlich ist der konkrete Rentenbeginn nicht nur eine Frage des Sozialrechts, sondern auch der Steuer. Der maßgebliche Rentenfreibetrag hängt vom Jahr des Rentenbeginns ab; mit jedem neuen Jahrgang steigt der zu versteuernde Anteil der Rente. Wer knapp an der Jahresgrenze liegt, sollte die steuerlichen Effekte mitdenken, auch wenn sie im Einzelfall geringer ausfallen können als ein hoher Rentenabschlag.

Fazit: 2025 ist das Jahr der Feinjustierung

Die „letzte Chance 2025“ ist kein Marketingbegriff, sondern beschreibt eine reale Zäsur im Rentenrecht. Für die geburtenstarken Jahrgänge vor 1964 sind die Übergangsregeln zur Schwerbehindertenrente ein einmaliger Hebel, um früher aus dem Arbeitsleben auszusteigen. Für die Jahrgänge ab 1964 markiert 2026 dagegen den Beginn eines deutlich härteren Regimes: Schwerbehindertenrente frühestens ab 62, abschlagsfrei erst mit 65.

Wer jetzt seine Optionen nicht sorgfältig prüft, kann lebenslang mit unnötigen Abschlägen leben müssen oder verliert den Zugang zur Schwerbehindertenrente komplett. Gerade Menschen mit schweren gesundheitlichen Einschränkungen sollten deshalb frühzeitig Beratung bei Rentenversicherung, Sozialverbänden oder spezialisierten Beratungsstellen suchen und ihren Rentenbeginn bewusst planen – bevor aus der letzten Chance 2025 eine verpasste Gelegenheit wird.