Rente: Falscher Rentenstartmonat kostet hunderte Euro

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Ob der Einstieg in die Altersrente im Januar, im Juli oder erst im Dezember liegt, klingt nach einer technischen Randfrage – tatsächlich kann genau dieser Startmonat im ersten Jahr mehrere hundert Euro mehr oder weniger im Portemonnaie bedeuten.

Entscheidend ist, wie sich Lohn, Rente, Abfindung, Betriebsrente und Krankenversicherungsbeiträge im Kalenderjahr des Rentenstarts überlagern.

Warum der Rentenstart im ersten Jahr so viel ausmacht

Steuerlich und sozialversicherungsrechtlich wird immer im Kalenderjahr gerechnet. Wer mitten im Jahr in Rente geht, hat in genau diesem Jahr oft noch Teile des bisherigen Arbeitseinkommens, manchmal eine Abfindung oder eine Kapitalauszahlung aus der betrieblichen Altersvorsorge und zusätzlich die ersten Rentenzahlungen.

All diese Einkünfte landen gemeinsam in der Einkommensteuer und – soweit gesetzlich vorgesehen – auch in der Beitragsberechnung der Krankenkasse. Durch die Steuerprogression kann eine Kombination aus hohem Lohn, Abfindung und Rentenbeginn dazu führen, dass der Fiskus und die Krankenkasse besonders kräftig zugreifen, obwohl sich an der Rentenhöhe selbst nichts ändert.

Rentenbeginn und steuerpflichtiger Rentenanteil

Das Jahr des Rentenbeginns entscheidet darüber, welcher Teil der gesetzlichen Rente grundsätzlich steuerpflichtig ist. Für einen Rentenstart 2025 beträgt der steuerpflichtige Anteil beispielsweise 83,5 Prozent, der restliche Teil wird als individueller Rentenfreibetrag dauerhaft festgeschrieben.

Ab 2023 steigt dieser Besteuerungsanteil nur noch in Schritten von 0,5 Prozentpunkten pro Jahr, eine volle Besteuerung von 100 Prozent greift erstmals bei Rentenbeginn im Jahr 2058.

Der Startmonat verändert diesen Prozentsatz nicht – er entscheidet aber darüber, wie „dick“ das letzte Erwerbsjahr steuerlich und bei den Sozialabgaben ausfällt.

Steuern im Übergangsjahr: Wenn Lohn und Rente zusammenfallen

Für die Einkommensteuer ist nicht die einzelne Rentenzahlung wichtig, sondern das zu versteuernde Jahreseinkommen. Wer bis Juni arbeitet und ab Juli Rente erhält, hat in diesem Jahr ein halbes Jahr Arbeitslohn, ein halbes Jahr gesetzliche Rente, eventuell Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder Bonuszahlungen und unter Umständen eine Abfindung oder Kapitalleistungen aus der bAV.

Je mehr davon in ein und demselben Kalenderjahr zusammenkommt, desto höher klettert der Steuersatz. Die sogenannte Fünftelregelung für Abfindungen funktioniert nur dann optimal, wenn der Gesetzgeber eine „Zusammenballung von Einkünften“ anerkennt und die Abfindung steuerlich wie über fünf Jahre verteilt behandelt.

Wer Rentenbeginn, Abfindung und hohe Bonuszahlungen unglücklich bündelt, riskiert, dass genau dieser Steuervorteil verpufft oder jedenfalls deutlich geringer ausfällt.

Umgekehrt kann es sich lohnen, den Rentenbeginn so zu legen, dass das letzte volle Erwerbsjahr steuerlich für sich steht und das erste volle Rentenjahr nicht zusätzlich von Abfindung oder Sonderzahlungen überlagert wird.

Rentenfreibetrag: Warum das Jahr wichtiger ist als der Monat

Der Rentenfreibetrag in Euro wird aus der Bruttojahresrente des ersten vollen Rentenjahres berechnet und bleibt dann unverändert. Entscheidend ist dafür die Jahresrente und der Besteuerungsanteil des Rentenbeginnjahres – ob die Rente im März oder im Oktober startet, ändert an diesem Mechanismus wenig. Finanziell spürbar ist deshalb vor allem die Frage, wie das Einstiegsjahr gestaltet wird.

Krankenkasse: Wechsel in die KVdR und Beiträge auf Betriebsrenten

Parallel zur Steuer ändert sich mit dem Eintritt in die Altersrente auch die Krankenversicherungssituation. Wer die Voraussetzungen der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) erfüllt, zahlt auf die gesetzliche Rente Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegekasse; den Krankenversicherungsbeitrag tragen Rentenversicherung und Rentner jeweils zur Hälfte, die Pflegebeiträge trägt der Rentner voll.

Besonders brisant ist die Behandlung von Betriebsrenten und Direktversicherungen. Für pflichtversicherte Rentner in der GKV gibt es seit 2020 einen Freibetrag, der 2025 bei 187,25 Euro pro Monat liegt. Nur der Teil der Betriebsrente, der diesen Betrag übersteigt, wird in der gesetzlichen Krankenversicherung verbeitragt; in der Pflegeversicherung gilt dieser Freibetrag nicht.

KVdR oder freiwillige Versicherung: Unterschied bei den Beiträgen

Damit hängt viel daran, ab wann die Betriebsrente tatsächlich ausgezahlt wird und ob zu diesem Zeitpunkt bereits Versicherungspflicht in der KVdR besteht oder noch eine andere Konstellation vorliegt. Pflichtversicherte Rentner profitieren von dem Freibetrag, während freiwillig gesetzlich Versicherte und viele privat Versicherte dagegen Beiträge auf die gesamte Betriebsrente zahlen, ohne dass der Freibetrag greift.

Der Monat des Rentenstarts entscheidet zugleich darüber, ab wann der bisherige Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung wegfällt und die rentnerspezifische Beitragslogik greift.

Wer beispielsweise im Dezember in Rente geht, genießt unter Umständen fast das ganze Jahr noch den hohen Arbeitgeberzuschuss auf den Arbeitslohn und verschiebt die volle Rentnerbelastung in das nächste Jahr.

Wer bereits im Januar in Rente geht, hat zwar ein „ruhiges“ Steuerjahr ohne Arbeitslohn, trägt aber frühzeitig die Beiträge aus der Rentnerperspektive.

Wichtige Kennzahlen im Überblick

Was Beispielwert / Bedeutung (Stand 2025)
Steuerpflichtiger Anteil der gesetzlichen Rente bei Rentenbeginn 2025 83,5 % der Bruttorente sind steuerpflichtig, 16,5 % bleiben steuerfrei
Erster Jahrgang mit 100 % Rentenbesteuerung Rentenbeginn im Jahr 2058
Schrittweite der Anhebung des Besteuerungsanteils 0,5 Prozentpunkte pro Rentenbeginnjahr seit 2023
Freibetrag in der GKV auf Betriebsrenten 187,25 € monatlich; nur der darüber liegende Teil ist beitragspflichtig
Allgemeiner Beitragssatz in der GKV auf die gesetzliche Rente 14,6 %; Hälfte zahlt die Rentenversicherung, Hälfte der Rentner selbst

Sonderzahlungen, Abfindung und Betriebsrente: Wann sich Warten lohnt

Viele Beschäftigte erhalten im letzten Arbeitsjahr neben dem laufenden Lohn noch Abfindungen, Tantiemen, Boni oder Kapitalauszahlungen aus der betrieblichen Altersversorgung. Genau hier wird der Startmonat der Rente zur Hebelstelle.

Eine hohe Abfindung fällt steuerlich in das Jahr, in dem der Zufluss stattfindet. Damit die Fünftelregelung greift und die Steuerlast abmildert, muss diese Zahlung eine klare Einmaligkeit und Verdichtung im Vergleich zu den Vorjahren darstellen.

Fließt im selben Jahr zusätzlich ein volles Gehalt und bereits mehrere Monate Rente, steigt die Gesamtsumme des zu versteuernden Einkommens deutlich an – in vielen Fällen so stark, dass der Vorteil der Tarifermäßigung geringer ausfällt, als es bei einer geschickten zeitlichen Planung möglich gewesen wäre.

Rentenbeginn und Kapitalleistung aus der Direktversicherung

Ähnliches gilt für Kapitalleistungen aus Direktversicherungen oder einmalige Betriebsrenten-Zahlungen: Diese können sowohl steuerlich als auch bei der Krankenversicherung deutlich günstiger sein, wenn sie nicht im „Spitzenjahr“ mit maximalem Einkommen, sondern in einem späteren Jahr mit reinem Rentenbezug liegen.

Typische Konstellationen: Was sich im ersten Jahr konkret ändert

In der Praxis tauchen immer wieder ähnliche Muster auf. Ein Beispiel ist die langjährige Fachkraft, die bis Ende Juni arbeitet, dann eine Abfindung erhält und ab Juli Altersrente bezieht. Im Steuerbescheid für dieses Jahr finden sich dann sechs Monate hoher Lohn, die komplette Abfindung und sechs Monate Rente, oft ergänzt um Urlaubsabgeltung oder eine Einmalzahlung aus der Betriebsrente.

Die Summe schiebt das zu versteuernde Einkommen in einen hohen Tarifbereich, die Entlastungswirkung der Fünftelregelung bleibt hinter den Erwartungen zurück, und gleichzeitig fallen Krankenversicherungsbeiträge auf die gesamte Betriebsrente oberhalb des Freibetrags an.

Beispiel 1: Rentenbeginn im Juli nach Abfindung

In dieser Konstellation kommt nahezu alles zusammen: volles Arbeitsentgelt im ersten Halbjahr, Abfindung und erste Rentenzahlungen. Der steuerliche und beitragsrechtliche „Peak“ liegt genau in diesem Kalenderjahr und lässt sich ohne rechtzeitige Planung kaum abmildern.

Beispiel 2: Rentenbeginn zum Jahresanfang

Eine andere Konstellation betrifft Versicherte, die ihre Rente bewusst auf den Jahresanfang legen und das Arbeitsverhältnis bereits zum 31. Dezember beenden. Hier verschieben sich die Effekte: Das Jahr vor dem Rentenbeginn enthält nur Lohn und eventuell eine Abfindung, das erste Rentenjahr umfasst fast ausschließlich die gesetzliche Rente und die Betriebsrentenleistungen.

Die Abführungen an die Krankenkasse und die Steuerlast verteilen sich zeitlich anders – in vielen Fällen glatter, manchmal aber auch ungünstig, wenn beispielsweise die Betriebsrente früher als nötig beitragspflichtig wird.

Beispiel 3: Betriebsrente zeitversetzt starten

Schließlich gibt es Versicherte, die die Betriebsrente oder eine Kapitalleistung aus der Direktversicherung bewusst später aktivieren, etwa ein oder zwei Jahre nach Rentenbeginn.

In diesen Fällen fällt die gesetzliche Rente bereits unter den festgelegten Besteuerungsanteil, und die zusätzliche Betriebsleistung wird in einem Jahr bezogen, in dem kein Arbeitslohn mehr anfällt. Dadurch lässt sich sowohl die Steuerprogression als auch die Beitragsbelastung der Krankenkasse in vielen Fällen spürbar abmildern.

Was Betroffene vor dem Rentenantrag klären sollten

Der Rentenbeginn mitten im Jahr ist kein Fehler, sondern oft eine bewusste Gestaltungsmöglichkeit. Er wird aber schnell zur Kostenfalle, wenn Betroffene die Verzahnung von Steuerrecht, Krankenversicherung und Sonderzahlungen unterschätzen.

Wer die Wahl hat, sollte vor dem Rentenantrag prüfen lassen, wie hoch das voraussichtliche Jahreseinkommen im letzten Arbeitsjahr und im ersten Rentenjahr jeweils ausfällt, in welchem Jahr Abfindungen oder Kapitalleistungen zufließen sollen und ob die Voraussetzungen der Fünftelregelung erfüllt sind.

Außerdem sollte geklärt werden, ab wann Betriebsrenten und Direktversicherungen ausgezahlt werden, wie sich der Freibetrag von 187,25 Euro in der Krankenversicherung auswirkt und ob und wann Versicherungspflicht in der KVdR einsetzt oder ob eine (teurere) freiwillige Mitgliedschaft droht.

Kurze FAQ: Rentenbeginn mitten im Jahr

Muss die Rente immer zum 1. eines Monats beginnen?
In der gesetzlichen Rentenversicherung beginnt die Altersrente grundsätzlich zum Monatsersten. Gestaltungsspielraum besteht vor allem bei der Wahl des Monats, ab dem der Anspruch erstmals genutzt wird – also etwa Januar, Juli oder Dezember.

Spare ich automatisch Steuern, wenn ich erst im Dezember in Rente gehe?
Nein. Ein späterer Rentenstart kann das letzte Erwerbsjahr steuerlich entlasten, dafür verschiebt sich die Steuerbelastung auf spätere Jahre. Entscheidend ist immer die Gesamtbetrachtung: Lohn, Rente, Abfindung, Betriebsrente und andere Einkünfte im jeweiligen Kalenderjahr.

Spielt der Rentenbeginn-Monat für den steuerpflichtigen Rentenanteil eine Rolle?
Nein. Für den Besteuerungsanteil zählt das Kalenderjahr des Rentenbeginns, nicht der Monat. Ob die Rente im März oder im Oktober startet, wirkt sich nicht auf den Prozentsatz aus, wohl aber auf die Steuerlast im Übergangsjahr.

Wann lohnt es sich, die Betriebsrente später zu starten?
Wenn im ersten Rentenjahr noch hohe Einkünfte oder eine Abfindung zufließen, kann es sinnvoll sein, die Betriebsrente oder eine Kapitalleistung aus der Direktversicherung in ein späteres Jahr mit niedrigerem Gesamteinkommen zu verschieben. Das kann sowohl Steuern als auch Krankenkassenbeiträge reduzieren.