Wenn eine Ehe weniger als ein Jahr gedauert hat, muss der oder die Hinterbliebene den Verdacht ausrรคumen, dass es sich um eine Versorgungsehe handelte. Dient eine Ehe nรคmlich ausschlieรlich dazu, die Witwe oder den Witwer nach dem Tod zu versorgen, dann entfรคllt der Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente.
Rechtsgrundlage dieser Vermutung ist ยง 46 Absatz 2a SGB VI. Demnach entfรคllt der Rentenanspruch bei Ehen unter einem Jahr, wenn nicht besondere Umstรคnde dagegen sprechen.
Der Verdacht auf eine Versorgungsehe gilt allerdings nicht, wenn der Tod unvorhersehbar kam, zum Beispiel durch einen Autounfall. Gerade bei einem absehbaren Tod durch eine fortschreitende Krebserkrankung besteht jedoch ein starker Verdacht auf eine Eheschlieรung zum Zweck der Versorgung der Hinterbliebenen. Trotzdem entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in einem solchen Fall zugunsten der Witwe und gestand dieser die Rente zu. (2 A 11261/12)
Tod fรผnf Monate nach der Hochzeit
Der Verstorbene war Polizist gewesen. Die Witwe und er hatten geheiratet, als er bereits an Krebs erkrankt war. Die Hinterbliebene beantragte nach dem Tod eine Witwenrente, doch das Land lehnte den Antrag ab. Die Begrรผndung lautete, die Ehe habe kein Jahr gedauert und sei eine reine Versorgungsehe gewesen.
Es geht vor Gericht
Die Betroffene versuchte jetzt, ihren Anspruch juristisch durchzusetzen. Sie argumentierte, der Beschluss zur Hochzeit sei lรคngst gefallen gewesen, als die Partner von der Krebserkrankung erfahren hรคtten. Dies bestรคtigten unabhรคngig voneinander auch mehrere Zeugen.
Nur wenige Tage vor der Hochzeit sei der bรถsartige Hirntumor diagnostiziert worden, an dem ihr Mann spรคter starb. Ihr Ehemann habe sogar befรผrchtet, nach einer Chemotherapie nicht mehr die Kraft fรผr eine Hochzeitsfeier zu haben.
Mit dieser Begrรผndung widersprach sie der Auffassung des Rententrรคgers, dass es sich um eine Versorgungsehe gehandelt habe.
Das Gericht ist von den Argumenten der Witwe รผberzeugt
Die Richter fรผhrten aus, dass zwar regelmรครig die Vermutung greife, dass eine Versorgungsehe vorliege, wenn aufgrund einer schweren Erkrankung die Lebenserwartung des Partners eingeschrรคnkt sei und die Ehe in Kenntnis dieses baldigen Todes geschlossen werde.
Die Witwe habe aber glaubhaft geschildert, dass die Partner bereits vor dem Wissen um die lebensbedrohliche Erkrankung den Beschluss gefasst hรคtten, zu heiraten. Dies sei von mehreren Zeugen bestรคtigt. Die Richter meinten, dass die Hinterbliebene die gesetzliche Vermutung fรผr eine Versorgungsehe รผberzeugend widerlegt hรคtte.
Welche Bedeutung hat das Urteil
Bei einer Ehe, die weniger als ein Jahr dauert, und in der der Tod des Partners vorhersehbar war, wird eine Versorgungsehe vermutet. Die Beweislast, dass eine Versorgung des hinterbliebenen Partners nicht das Hauptmotiv der Ehe war, sondern eine echte Lebensgemeinschaft, liegt bei dem Witwer/der Witwe. Ein mรถglicher Beleg gegen eine Versorgungsehe kann zum Beispiel ein gemeinsamer Lebensplan sein.
In diesem Fall war der Nachweis entscheidend, dass der Entschluss zu heiraten bereits getroffen war, bevor die spรคteren Eheleute von der tรถdlichen Krebserkrankung erfahren hatten. Da beim Heiratsentschluss also noch nicht absehbar war, dass der Partner bald sterben wรผrde, konnte das Gericht eine Versorgungsehe ausschlieรen.
Dieses Urteil zeigt, dass es bei der Bewertung, ob es sich um eine Versorgungsehe handelt oder nicht, immer darum geht, die Gesamtumstรคnde zu wรผrdigen und dass zugleich der Witwer oder die Witwe รผberzeugende Argumente liefern muss, warum es sich nicht um eine Versorgungsehe handelte.