Bürgergeld: Datenerhebungen zur Mitwirkung von Jobcentern oft unzulässig

Lesedauer 2 Minuten

Bereits 2018 hatten wir öffentlich kritisiert, dass die meisten Jobcenter die rechtlichen Anforderungen an Datenerhebungen nicht einhalten. Getan hat sich seither nichts.

Anfragen zu Mitwirkungsaufforderungen von Jobcentern

Uns erreichen beinahe täglich Anfragen zu Mitwirkungsaufforderungen von Jobcentern, doch kaum eine dieser Datenerhebungen erfüllt die gesetzlichen Anforderungen, die im SGB I, X sowie der DSGVO (u.a. Art. 13 und 14) und dem Bundesdatenschutzgesetz klar geregelt sind.

In vielen Jobcentern wird jedoch weiterhin die abenteuerliche Meinung vertreten, der Verweis auf § 60 SGB I wäre ein Blankoscheck, mit welchem man nach Lust und Laune personenbezogene Daten erheben darf.

Und oft werden so unzulässig Daten gefordert, die das Jobcenter mangels rechtlicher Grundlagen gar nicht fordern darf, die der Betroffene gar nicht hat, die von der freiwilligen Mitwirkung Dritter abhängen, oder bei denen sich das Jobcenter Aufgaben anmaßt, die es gar nicht hat.

Leider wird diese rechtswidrige Handlungsweise von Sozialgerichten nicht selten auch noch befördert, indem man dort Betroffenen Rechtsschutz verweigert mit der rechtsstaatlich höchst fragwürdigen Begründung, das Nachgeben bei unzulässigen Datenerhebungen sei das einfachere Mittel zur Konfliktlösung und die damit einhergehende grobe Verletzung staatlich garantierter Schutzrechte einem Sozialleistungsempfänger generell zumutbar.

Grundlage jeder Datenerhebung durch das Jobcenter ist § 67a SGB X, danach darf das Jobcenter nur Daten erheben, deren Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe nach dem SGB II erforderlich ist.

Die Mitwirkungspflicht von Antragsstellern und Leistungsbeziehern bei Datenerhebungen ist in den §§ 60 bis 67 SGB I geregelt. Daraus ergeben sich im Zusammenhang mit Art. 13 und 14 DSGVO umfassende Begründungs- und Informationspflichten (die Anwendbarkeit der DSGVO im SGB II hat das BSG u.a. in B 14 AS 7/19 R vom 14.05.2020 unmissverständlich bejaht).

Darüber muss das Jobcenter informieren

In jeder Datenerhebung muss das Jobcenter den Betroffenen konkret und nachvollziehbar darüber informieren:

– welche Daten erhoben werden sollen,
– warum ohne Kenntnis dieser Daten der Leistungsanspruch oder die Leistungshöhe nicht festgestellt werden kann,
– warum sich das Jobcenter diese Daten nicht anderweitig mit geringerem Aufwand selbst beschaffen kann,
– wer alles Kenntnis von diesen Daten erhält,
– ob und wie lange diese Daten gespeichert werden,
– welche Rechtsgrundlagen gelten,
– welche Rechte hinsichtlich Auskunft, Berichtigung und Löschung dieser Daten bestehen und an wenn man sich dazu wenden kann.

Diese Informationspflichten gelten zudem nicht nur für Jobcenter, sondern für alle Behörden.

In den meisten von Jobcentern als Aufforderung zur Mitwirkung unter Androhung des Leistungsentzuges versendeten Datenerhebungen werden jedoch lediglich die geforderten Nachweise und die – auch nicht immer zutreffenden – Rechtsgrundlagen genannt, der große Rest der rechtlich vorgeschriebenen Informationen und damit auch die zwingend erforderliche Begründung fehlt, womit Betroffene die Zulässigkeit der Datenerhebung erst gar nicht prüfen können.

Datenerhebungen sind per se unzulässig

Solche Datenerhebungen sind per se unzulässig und stellen auch immer einen Datenschutzverstoß dar (vgl. Rundschreiben Nr. 5 vom BfDI an Jobcenter), deshalb besteht hier nach wie vor dringender Handlungsbedarf bei der Bundesagentur für Arbeit und den zugelassenen kommunalen Träger, darauf hinzuwirken, dass diese Informationspflichten erfüllt werden.

Wir raten deshalb jedem, der von einer unzulässigen Datenerhebung betroffen ist, zur Beschwerde beim Bundesdatenschutzbeauftragen und im Falle von Optionskommunen zur Beschwerde beim Landesdatenschutzbeauftragen, damit diese datenschutzrechtlichen Missstände endlich behoben werden.