Jobcenter verweigert behindertengerechte Wohnung

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Skandal: Chronisch kranker Hartz IV-Bezieher darf laut Jobcenter trotz Umgangsrecht für seinen Sohn nicht in behindertengerechte Wohnung für temporäre Bedarfsgemeinschaft umziehen

12.05.2015

Das Jobcenter Gelsenkirchen Buer verweigert einem schwer kranken Mann und seinem temporär bei ihm lebenden Sohn den Umzug in eine behindertengerechte Wohnung. Das Amt ist der Ansicht, dass dem Hartz IV-Bezieher lediglich eine Wohnung für einen Einpersonenhaushalt zusteht. Nun soll der kranke Mann weiterhin im 4. Stock eines Mehrfamilienhauses ohne Aufzug leben bis er eine Wohnung gefunden hat, die den Vorgaben des Jobcenters entspricht. Dass seine gesundheitliche Verfassung dies nicht länger zulässt, scheint für das Amt keine Rolle zu spielen.

Anspruch auf eine Wohnung für zwei Personen
Ein Hartz IV-Bezieher, der an Morbus Parkinson – einer unheilbaren neurodegenerativen Erkrankung, die mit deutlichen körperlichen Einschränkungen einhergeht – leidet, wollte aus seiner Wohnung im 4. Stock in eine Erdgeschosswohnung beziehungsweise eine behindertengerechte Unterkunft umziehen. Die Notwendigkeit des Umzugs bestätigte auch ein ärztliches Gutachten, das vom Jobcenter in Auftrag gegeben wurde. Da der Mann Vater für seinen sechsjährigen Sohn umgangsberechtigt ist, stehen ihm für die temporäre Bedarfsgemeinschaft – das Kind ist alle 14 Tage sowie an der Hälfte der Feiertage zusammenhängend bei ihm – bis zu 65 Quadratmeter Wohnfläche zu (siehe Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 9. April 2014, Aktenzeichen: S 38 AS 88/14 ER, sowie Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28. Dezember 2010, Aktenzeichen: S 22 AS 5857/10 ER).

Nach längerer Suche fand der Hartz IV-Bezieher eine Wohnung in Gelsenkirchen, die den gewünschten Kriterien entsprach. Er ging zum Jobcenter Essen, um die Umzugsgenehmigung einzuholen. Das Amt prüfte die Angemessenheit der Wohnung anhand des Mietspiegels der Stadt, den das Jobcenter Gelsenkirchen, welches nach dem Umzug für den Mann zuständig ist, zugrunde legt. Da die Prüfung positiv ausfiel, erhielt der chronisch kranke Mann die Umzugsgenehmigung.

Ganz anders reagierte das Jobcenter Gelsenkirchen Buer. Dieses teilte dem Hartz IV-Bezieher schriftlich mit, dass die Wohnungsgröße nicht mit seinem Umgangsrecht für den Sohn in Zusammenhang stehe. Folglich habe er lediglich Anspruch auf eine Wohnung für einen Einpersonenhaushalt. Die Wohnung, die er gefunden habe, sei somit nicht angemessen. Mit dieser Entscheidung verstößt das Jobcenter Gelsenkirchen Buer nicht nur gegen die gültige Rechtsprechung, es nimmt auch in Kauf, dass der schwer kranke Mann weiterhin im 4. Stock eines Mehrfamilienhauses leben muss bis er eine passende Wohnung gefunden hat. Vermutlich bleibt dem Hartz IV-Bezieher nun nur der Weg einer Klage, um zu seinem Recht zu kommen. (ag)

Bild: Rainer Sturm / pixelio.de

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