Hartz IV: Regierung für Sanktionen bei Schwangeren

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Bundesregierung: Hartz IV Sanktionen gegen Schwangere rechtmäßig. Jobcenter können mit Rückendeckung der Bundesregierung schon Ungeborene sanktionieren.

27.01.2011

Nach den Skandalen um die Hartz IV Leistungskürzungen auf Null Euro gegen zum Teil hochschwangere Frauen aus dem ganzen Bundesgebiet, hat der Linken-Chef Klaus Ernst eine offizielle Anfrage an die Bundesregierung gestellt. So fragte Ernst: „Wie begründet die Bundesregierung die Zuweisung von Ein-Euro-Jobs an Schwangere und deren Sanktionierung vor dem Hintergrund der gesetzlichen Zweckbestimmung von Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung (AGH-MAE) nach § 16d SGB II in Verbindung mit Abs. 1 SGB II, wonach die Zuweisung von Eingliederungsmaßnahmen, wie 1-Euro-Jobs, nicht nur an den Zweck der „Eingliederung in Arbeit" gebunden ist, sondern auch „die individuelle Lebenssituation, insbesondere die familiäre Situation" zu berücksichtigen ist und welchen Sinn macht es dann aus Sicht der Bundesregierung, Schwangeren 1-Euro-Jobs zuzuweisen, wo doch absehbar ist, dass sie spätestens mit Eintreten in den gesetzlichen Mutterschutz nicht mehr dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen können, dies vor dem Hintergrund, dass in den vergangen Tagen mehreren Schwangeren im ALG II-Bezug vollständig die Leistungen gekürzt wurde und vom Jobcenter eine Verkürzung der Sanktionen verwehrt wurde, weil durch die Sanktionierung ein „Interesse für die Allgemeinheit" besteht.

Bundesregierung: Hartz IV Sanktionen gegen Schwangere rechtmäßig
Daraufhin antworte die Bundesregierung, die „Zumutbarkeit von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung richtet sich für alle Leistungsberechtigten nach § 10 SGB II.“ Demnach seien ALLE Bezieher von Hartz IV Leistungen grundsätzlich dazu angehalten, jede Arbeit und jeden Kurs anzunehmen. Nur in Ausnahmen sei es zulässig, einen Kurs oder eine Arbeit nicht anzutreten, so die Bundesregierung. „Eine Schwangerschaft an sich führt noch nicht zur Unzumutbarkeit, zu berücksichtigen sind alle Umstände des Einzelfalls.“ Somit erkennt die schwarz-gelbe Koalition keinen Grund, Schwangere oder auch Hochschwangere nicht zu sanktionieren. „Soweit es sich um eine zumutbare Arbeitsgelegenheit handelt, führt die Ablehnung dieser Tätigkeit zu einer Sanktion nach § 31 SGB II, wenn Leistungsberechtigte keinen wichtigen Grund für ihr Verhalten nachweisen.“ Eine Schwangerschaft stellt demnach kein gewichtigen Grund dar, so die Meinung insbesondere des Bundesarbeitsministeriums, dessen Vorsitz die „kinderliebe“ Ursula von der Leyen (CDU) inne hat. „Der Schutz für Kinder gilt anscheinend nur für diejenigen, die ebenso viel Geld verdienen, wie die Ministerin selbst“ konstatierte Sebastian Bertram der „gegen-hartz.de Redaktion“. Eine unmenschlichere Antwort hätten die Koalitionsfraktionen nicht abgeben können, so Bertram weiter.

Bundesregierung findet Sanktionen gegen Schwangere "normal"
Martin Behrsing vom Erwerbslosen Forum Deutschland zeigte sich angesichts der Antwort der Bundesregierung entsetzt: „Die Bundesregierung findet es ganz normal, dass auch Schwangere und ihr ungeborenes Leben sanktioniert werden. Es erweckt den Anschein, dass bei Hartz IV Nachwuchs nicht erwünscht wird. Anders lässt sich nicht erklären, dass stur nach dem Gesetzestext geantwortet wird und nicht darauf eingegangen wird, dass es ja auch ein werdendes Leben gibt, dass allein schon durch den psychischen Druck gefährdet ist, den Repressionen von Jobcentern auslösen. Im Übrigen lässt die Bundesregierung kein Zweifel daran, dass es ihr nur Arbeitskraftverwertung geht und keineswegs um Integration. Welchen Sinn machen Ein-Euro-Jobs, wenn fest steht, dass danach mindestens drei Jahre keine Beschäftigung der Mutter stattfinden darf“.

In den letzten Wochen wurde bekannt, dass zahlreiche Jobcenter in ganz Deutschland schwangeren Frauen den Hartz IV Regelsatz auf Null zusammenstrichen, weil die Betroffenen beispielsweise einen Ein-Euro-Job nicht antraten. Die Begründung, dass im Rahmen einer Schwangerschaft körperlich schwerwiegende Tätigkeiten nicht zumutbar sind, ignorierten die Behörden. Zusätzlich wurde der Mehrbedarf für Schwangere gestrichen und zum Teil die Kosten der Unterkunft nicht mehr gezahlt. In einem Fall konnte zu mindestens eine Eilklage beim zuständigen Sozialgericht eine Null-Kürzung wieder rückgängig gemacht werden. (sb, elo)

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