Für die Höhe des Krankengeldes sind die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden der drei Monate vor der Arbeitsunfähigkeit entscheidend und nicht die im Vertrag vereinbarten Arbeitsstunden. So entschied das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen und wies damit die Klage eines Arbeitnehmers ab. (5 KR 770/21)
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Depressiv und arbeitsunfähig
Der Betroffene arbeitete als Tankwart. Zuerst erkrankte er an einer Neurasthenie und später an einer Depression. Die behandelnden Ärzte bestätigten, dass die beiden Erkrankungen zusammenhingen. Sie führten jeweils zur Arbeitsunfähigkeit.
Die Krankenkasse bewilligte ihm Krankengeld in Höhe von 32,06 Euro pro Kalendertag. Grund der Klage war, dass der Betroffene diese Berechnung für falsch hielt und höheres Krankengeld begehrte.
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Wie argumentierte der Arbeitnehmer?
Der Arbeitnehmer argumentierte, mit ihm sei vertraglich eine wöchentliche Arbeitszeit von 45 Stunden pro Woche vereinbart gewesen. Die Krankenkasse hatte jedoch das Krankengeld auf Basis einer durchschnittlichen Arbeitswoche von 38,37 Stunden berechnet.
Sozialgericht und Landessozialgericht bestätigen Krankenkasse
Das Sozialgericht und in der Berufung das Landessozialgericht erklärten, die Berechnung der Krankenkasse sei richtig. Denn um Krankengeld zu ermitteln, seien die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden in den letzten drei Monaten vor der Arbeitsunfähigkeit maßgeblich. Diese hätte die Versicherung anhand der vom Arbeitgeber herangezogenen Daten ermittelt. Die Berufung des Tankwarts blieb also ohne Erfolg, und die Revision wurde nicht zugelassen.
Ein Grundsatz wurde geklärt
Dieses Urteil klärte noch einmal einen Grundsatz in der Berechnung des Krankengeldes.
Es geht nicht um formale Vereinbarungen, sondern um reale Arbeitsverhältnisse. Krankenkassen und Gerichte können sich auf Daten beziehen, die ihnen der Arbeitgeber vermittelt. Das gilt zumindest so lange, bis es Anhaltspunkte dafür gibt, dass diese Daten fehlerhaft sein könnten.
Was bedeutet das für Sie als Arbeitnehmer?
Die Rechtslage ist eindeutig, und diese Gerichtsentscheidung hat sie noch einmal bestätigt. Wenn Sie meinen, Anspruch auf ein höheres Krankengeld zu haben, dann müssen Sie den Nachweis erbringen, dass Sie in den letzten drei Monaten vor der Arbeitsunfähigkeit tatsächlich mehr gearbeitet haben.
Wie rechnet die Krankenkasse?
Der Arbeitgeber hat gegenüber der Krankenkasse die Arbeitsstunden zu bescheinigen, wenn das Arbeitsentgelt nach Stunden berechnet wird. Die Krankenkasse erhält Belege über die bezahlten Stunden, die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit und die Mehrarbeitsstunden.
Die im Arbeitsvertrag festgelegten Arbeitsstunden können zwar für die Krankenkasse eine Orientierung bieten. Dies gilt allerdings nur, wenn die Realität nicht nachweislich anders aussieht.
Weicht nämlich die tatsächliche Arbeitszeit regelmäßig von der vertraglich vereinbarten oder betriebsüblichen Arbeitszeit ab, dann ist nicht der Vertrag die Grundlage. Die Krankenkasse rechnet jetzt vielmehr mit den konkreten und vom Arbeitgeber übermittelten Daten.
Sammeln Sie Ihre Belege
Sie dürfen sich also nicht auf Ihren Arbeitsvertrag verlassen. Wesentlich sind viel mehr Belege, zum Beispiel Gehaltsabrechnungen oder Arbeitszeitnachweise. Mit diesem können Sie gegenüber der Krankenkasse oder im Ernstfall gegenüber dem Sozialgericht zeigen, dass Ihnen mehr Krankengeld zusteht.